Nur die Sonne war Zeuge

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Tom Ripley auf der Leinwand

Die fiktive Figur des Tom Ripley entstammt den literarischen Krimiwelten der US-amerikanischen Erfolgsautorin Patricia Highsmith (1921-1995), die 1955 mit Der talentierte Mr. Ripley den ersten Roman über diesen begabten Schurken veröffentlichte, der zunächst Anfang der 1960er Jahre unter dem deutschen Titel Nur die Sonne war Zeuge hierzulande erschien. Doch zuvor ereignete sich die Verfilmung dieses spannenden Stoffes unter der Regie des französischen Filmemachers René Clément mit Alain Delon in der Hauptrolle als Tom Ripley in den Kinos, die nun bei Arthaus in einer elegant restaurierten Fassung erscheint.
Es ist die Geschichte eines mittellosen Herumtreibers, der von einem Millionär aus San Francisco engagiert wird, um dessen Sohn Philippe Greenleaf (Maurice Ronet), der als arroganter, vergnügungshungriger Lebemann mit seiner Freundin Marge (Marie Laforêt, die in der deutschen Version „Margit“ heißt) durch das sommerliche Italien vagabundiert, zur Umkehr in den Schoß der Familie und des Geschäfts zu bewegen. Doch Tom Ripley (Alain Delon), dem das Gelingen dieser Mission immerhin 5000 Dollar einzubringen verspricht, ergreift Partei für den widerspenstigen Sohn, dessen lässiger und luxuriöser Lebensstil ihm kräftig imponiert, auch wenn er von Philippe mehr geduldet und gedemütigt als freundschaftlich akzeptiert wird. Bald zeigt sich, dass Tom zwar offensichtlich auf die Prämie verzichten will, aber dafür im Zuge der wachsenden Abneigung Philippes gegen ihn ganz andere Pläne entwickelt hat, die in eine mörderische Richtung führen …

Es sind die wechselhaften und emotional höchst aufgeladenen, schwirrenden Stimmungen zwischen Marge, Tom, Philippe und ferner auch dessen Freund Freddy Miles (Billy Kearns), die im Fokus der Betrachtungen stehen, eindringlich von der Kamera Henri Decaës visualisiert und von der dramatischen Filmmusik Nino Rotas flankiert. Dass hier Meister ihres Faches ein stimmiges, packendes Werk mit einer konsequent düsteren und später auch unterschwellig gehetzten Atmosphäre geschaffen haben, steht außer Zweifel, und doch haben sich René Clément und sein Drehbuchpartner Paul Gégauff dafür entschieden, diesen Tom Ripley nicht ganz so talentiert wie in der literarischen Vorlage agieren zu lassen und vor allem dem Finale dementsprechend eine völlig differente Darstellung zu verleihen.

Nun hat der großartige Regisseur Anthony Minghella 1999 unter dem Titel Der talentierte Mr. Ripley eine erneute Umsetzung der Geschichte mit Matt Damon als Tom und Jude Law als Philippe, der dort wie im Roman „Dickie“ heißt, inszeniert, die mit reichlich zusätzlichen Details und Wendungen weitaus dynamischer und unterhaltsamer daherkommt und den Bösewicht im Sinne von Patricia Highsmith letztlich davonkommen lässt. Den Charakteren werden dabei schillernde Facetten beigesellt – Dickie ist ein passionierter Jazzer, Tom wirkt wesentlich begabter und die Beziehung der beiden wird variantenreicher definiert. Nur die Sonne war Zeuge ist in diesem Zusammenhang deutlich ein puristisches Werk seiner Zeit, das durch Vagheit und Zurückhaltung besticht, während die jüngere Variante anregend aus dem Vollen schöpft – beide Filme im Vergleich zu schauen, lautet hier die Empfehlung.

Das Bonusmaterial der DVD präsentiert einerseits das brillante Resultat der Restauration und enthält weiterhin eine Featurette, die Ansichten über die Nouvelle Vague und René Clément zu Wort kommen lässt, der vor hundert Jahren geboren wurde und 1996 verstarb. Jenseits aller Kritiken – auch schmerzlicher von Seiten der prominenten Vertreter der Nouvelle Vague – etablierte er gegen jede Mode seinen ganz eigenen Stil, der ausgezeichnete Werke wie Die Mauern von Malapaga / Le mura di Malapaga (1949) und Verbotene Spiele / Jeux interdits (1952) hervorbrachte und ihn als bedeutenden französischen Regisseur etabliert hat.

Nur die Sonne war Zeuge

Die fiktive Figur des Tom Ripley entstammt den literarischen Krimiwelten der US-amerikanischen Erfolgsautorin Patricia Highsmith (1921-1995), die 1955 mit „Der talentierte Mr. Ripley“ den ersten Roman über diesen begabten Schurken veröffentlichte, der zunächst Anfang der 1960er Jahre unter dem deutschen Titel „Nur die Sonne war Zeuge“ hierzulande erschien. Doch zuvor ereignete sich die Verfilmung dieses spannenden Stoffes unter der Regie des französischen Filmemachers René Clément mit Alain Delon in der Hauptrolle als Tom Ripley in den Kinos, die nun bei Arthaus in einer elegant restaurierten Fassung erscheint.
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