Erschütternde Wahrheit

Eine Filmkritik von Peter Osteried

Die Wahrheit ist bitter

Die erschütternde Wahrheit ist, dass jeder gerne zur Seite schaut. Wenn es ums Geld geht, wenn es ums Geschäft geht, selbst wenn es nur um das liebste Hobby geht. Die Show muss weitergehen, wer dabei auf der Strecke bleibt, ist den meisten herzlich egal. Das ist die Geschichte dieses Films, der die beliebteste Sportart der USA in den Fokus rückt, sich aber nicht um Football dreht, sondern um die Nachwehen, die mit einer Karriere in dieser Profession einhergehen.
Dr. Bennet Omalu (Will Smith) ist ein passionierter Pathologe, der jedem seiner „Patienten“ mit Respekt begegnet. Als der obdachlose Football-Profi Mike Webster (David Morse) auf seinem Tisch landet, gibt er sich nicht damit zufrieden, dass der Mann scheinbar an einem Herzinfarkt gestorben sein soll. Aus eigener Tasche finanziert er eine Untersuchung und erkennt, dass Webster einen schweren Gehirnschaden hatte. Omalu ist sich zum einen sicher, dass dieser durch die fortgesetzten Schläge auf den Kopf entstanden ist, die der Spieler im Lauf seiner Karriere einstecken musste. Und er ist zum anderen überzeugt, dass Webster nicht der einzige Spieler ist, den dieses Schicksal ereilt hat. Aber mit seiner Entdeckung macht sich Omalu keine Freunde, am wenigsten in der NFL – der National Football League.

Erschütternde Wahrheit basiert auf den wissenschaftlichen Erkenntnissen von Dr. Bennet Omalu, der das Phänomen des „Game Brains“ entdeckt, aufgeschlüsselt und öffentlich gemacht hat. Es ist eine klassische Geschichte von David gegen Goliath, weil niemand wahrhaben will, was Omalu entdeckt hat, er sich gegen fast unüberwindbare Hindernisse stemmen muss und dennoch nicht aufgibt. Nicht, weil er den eigenen Ruhm mehren will, sondern weil er – mehr als die meisten Amerikaner – an das glaubt, was Amerika eigentlich sein sollte. Er lebt nach einem Ideal, dem die Realität hinterherhinkt.

So geht es in Erschütternde Wahrheit auch mehr um Smiths Figur, den Arzt aus Nigeria, der sich für Football nicht interessiert, den Sport aber auch nicht dämonisiert. Gleiches gilt für den Film, der versucht, eine ausgewogene Darstellung des Geschehens zu liefern, dabei bisweilen aber etwas vom Pfad abkommt. Die Ursachen der Erkrankung treten manchmal zu sehr in den Hintergrund, während im Vordergrund der Kampf eines aufrechten Mannes gegen ein ungerechtes System steht. Das ist klassisches Hollywood – so erzählt man eine Geschichte, bei der man die Zuschauer, die zumindest in den USA mehrheitlich aus Football-Fans bestehen, auf die eigene Seite ziehen kann.

Der Film zerfällt in zwei Stücke. In der ersten Hälfte ist er mehr Thriller, in der zweiten verfällt er zu sehr ins Melodramatische, wird aber dennoch von Will Smiths herausragender Darstellung getragen. Im Original spricht er mit nigerianischem Akzent – das könnte leicht ins Lächerliche abgleiten, er meistert es aber mit Bravour. Es ist eine Leistung, die durchaus einer Oscar-Nominierung würdig gewesen wäre, schafft Smith es doch – was selten genug in seiner Karriere vorkommt – sich nicht selbst zu spielen, sondern hinter der Rolle zu verschwinden.

Erschütternde Wahrheit ist ein packender, ein wichtiger Film – und sei es nur, dass der eine oder andere darüber nachzudenken beginnt, was mit dem menschlichen Gehirn in Sportarten geschieht, bei denen Schläge auf und gegen den Kopf die Norm und nicht die Ausnahme sind.

Erschütternde Wahrheit

Die erschütternde Wahrheit ist, dass jeder gerne zur Seite schaut. Wenn es ums Geld geht, wenn es ums Geschäft geht, selbst wenn es nur um das liebste Hobby geht. Die Show muss weitergehen, wer dabei auf der Strecke bleibt, ist den meisten herzlich egal. Das ist die Geschichte dieses Films, der die beliebteste Sportart der USA in den Fokus rückt, sich aber nicht um Football dreht, sondern um die Nachwehen, die mit einer Karriere in dieser Profession einhergehen.
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