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Nach „Before Sunrise“ und dem Coming-of-Age-Drama „Boyhood“ wagt sich Richard Linklater nun an eine Literaturvorlage, die von einer Frau handelt, die verloren geht, mit einer fantastischen Cate Blanchett als Bernadette.

Bernadette (2019)

Eine Filmkritik von Melanie Hoffmann

Ein kleines bisschen exzentrisch

Bernadette (Cate Blanchett) hat sich schon vor einiger Zeit von ihrem Berufsleben verabschiedet. Zu sehr ist sie vom Architektendasein desillusioniert worden. Nach zwei großen Projekten und viel internationalem Lob hat sie von heute auf morgen alles hingeschmissen. Nun kümmert sie sich einzig um das Familienanwesen, ihren Mann Elgie (Billy Crudup) und ihre geliebte Tochter Bee (Emma Nelson). Bee ist ein Sonnenschein und ein Ass in der Schule. Und nun fordert sie das Versprechen ein, dass sie sich wünschen dürfe, was sie will, wenn sie bei ihrem Abschluss der Junior High nur Einsen bekommt — was der Fall ist. Mit dem Wunsch einer Antarktis-Kreuzfahrt über die Weihnachtsferien ist Bernadette aber völlig überfordert.

Dazu quält sich die Nachbarin Audrey (Kristen Wiig) mit Bernadettes Garten. Die Brombeeren überwuchern inzwischen alles und lassen mutmaßlich bereits die Immobilienpreise sinken. Da kann noch nicht mal Manjula, Bernadettes virtuelle Assistentin, weiterhelfen. Mit der hat sie noch ganz andere Probleme auszufechten. Und eines Tages ist Bernadette einfach verschwunden.

Richard Linklater hat schon früh in seiner Karriere den Grundstein für eine Legendenbildung gelegt. Mit Before Sunrise hat er eine filmische Hymne für eine ganze Generation geschaffen. Ruhm wurde ihm schließlich mit Boyhood zuteil. Die Fallhöhe ist also groß.

Nun hatte Linklater die Aufgabe aus dem Bestseller Wo steckst du, Bernadette? einen guten Film zu machen. Da der Roman sich im Wesentlichen aus Briefen und Mails zusammensetzt, ist das ein größeres Wagnis als eine Literaturverfilmung ohnehin schon ist. Neben der kontaktscheuen Bernadette und ihrem medikamentenabhängigen Lebensstil, dessen Darstellung sicherlich für ein ernsthaftes Drama deutlich zu fluffig ausfällt, wirkt insbesondere Tochter Bee sehr bodenständig. Newcomerin Emma Nelson liefert hier ein großartiges Debüt ab und hält mit Filmmama Cate Blanchett gut mit.

Diese holt — wie stets — alles aus ihrer Rolle raus. Bedingt durch die sorgsam ausgeloteten Höhen und Tiefen muss man dabei unweigerlich an Blue Jasmine denken. Aber es ist keine Blaupause des Woody-Allen-Films. Blanchett ist als Bernadette auch oft sehr fröhlich, schräg, lustig, dann wieder apathisch, traurig, schlaflos — alles in Extremen. Das ist auf der einen Seite sehr unterhaltsam, andererseits wird es so aber schwieriger, die Probleme, die sie hat, ernst zu nehmen.

Am Ende bleibt die Frage, welche Art Film man gerade gesehen hat. So tragen die Irrungen und Wirkungen von Bernadette überaus tragikomische Züge, die Reise in die Antarktis wirkt aber seltsam märchenhaft entrückt und beschreibt damit umso mehr das Seelenleben der Protagonistin, die sich ohne ihr Leben voller finanzieller Privilegien niemals solche Capricen leisten könnte. Diese Diskrepanz stört zwar, doch der Film kann wirklich gut unterhalten und allein Cate Blanchett in der Rolle der Bernadette ist den Kinobesuch allemal wert.

Bernadette (2019)

Nach dem Verschwinden ihrer von Ängsten geplagten Mutter macht sich die 15-jährige Bee auf die Suche nach ihr und entdeckt während der Suche deren schwere Vergangenheit.

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