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Geht nicht, gibt’s nicht! Auch in seinem neuen Film spielt Liam Neeson den unerschrocken Actionhelden, dem keine Aufgabe zu schwer ist. Als Trucker auf lebensgefährlicher Mission verschlägt es ihn abermals in einen Reißer, der sein Programm mechanisch und ambitionslos abspult.

The Ice Road (2021)

Eine Filmkritik von Christopher Diekhaus

Neeson auf vollen Touren

„Jetzt wird‘s persönlich!“ Kommt ein solcher Satz aus dem Mund einer von Liam Neeson verkörperten Figur, kann er nur als Drohung aufgefasst werden. In „The Ice Road“ weiß man spätestens nach dieser Aussage, dass der Film in den Aufräummodus schaltet. Mittlerweile ist es fast ein eigenes Untergenre, in dem der gebürtige Nordire immer und immer wieder den zupackend-schlagkräftigen Gerechtigkeitsfanatiker spielt, wobei seine darstellerischen Fähigkeiten die Qualität der Stoffe oftmals deutlich überragen. Dass er nur halbherzig ausgearbeiteten Charakteren eine einnehmende Präsenz und eine gewisse Würde verleihen kann, beweist Neeson auch in dem von Jonathan Hensleigh (The Punisher) geschriebenen und inszenierten Actionthriller, der das Publikum in die eisige Einöde Kanadas entführt.

Am Anfang steht ein eher lausig getrickstes Unglück in einer entlegenen Diamantenmine, das eine Gruppe Arbeiter in einem eingestürzten Schacht von der Außenwelt abschneidet. Um die Eingeschlossenen zu retten, muss in Windeseile schweres Bohrmaterial herangeschafft werden. Warum es für einen derartigen Notfall nicht vor Ort die notwendigen Gerätschaften gibt, fragt man sich automatisch. Die Antwort liegt aber natürlich auf der Hand: Das Drehbuch will es so, weil es sonst keinen Film gäbe.

Nach der Katastrophe, die aufgrund des zur Neige gehenden Sauerstoffs ein Ticking-clock-Szenario heraufbeschwört, erhält ein Mann namens Jim Goldenrod (Laurence Fishburne) den Auftrag, eine Crew an Fernfahrern zusammenzustellen, die die Maschinen auf sogenannten Eisstraßen, Verkehrswegen, die über zugefrorene Seen, Flüsse oder Meeresgewässer führen, in den hohen Norden transportieren sollen. Praktischerweise haben der erfahrene Trucker Mike McCann (Liam Neeson) und sein durch einen Irakeinsatz traumatisierter, unter einer Aphasie leidender Bruder Gurty (Marcus Thomas) gerade Zeit. Im Anschluss an ein kurzes Probetraining düsen die beiden zusammen mit Goldenrod, der PS-begeisterten Native American Tantoo (Amber Midthunder), deren Bruder sich unter den Eingesperrten befindet, und dem von der Minengesellschaft engagierten Versicherungsvertreter Tom Varnay (Benjamin Walker) los. Die Gefahren der schon nicht mehr ganz so dicken Eisschicht machen dem Konvoi allerdings schon bald zu schaffen.

Recht plakativ hebt Hensleigh zu Beginn die Eigenschaften seines Protagonisten hervor: Mike ist ein aufrechter Kerl, der sich nichts gefallen lässt und sogar seinen Job opfert, wenn es darum geht, eine Ungerechtigkeit zu bekämpfen. Als andere LKW-Lenker seinen Bruder als Idioten verspotten, packt McCann kurzerhand die Fäuste aus. Nicht ganz so drastisch, aber ähnlich entschlossen zeigt er sich kurz darauf, wenn ein Arzt Gurty nach einer Untersuchung mit Medikamenten ruhigstellen will. Der fehlende Respekt gegenüber den Veteranen klingt an dieser Stelle an. Zu einem fundierten Statement kann sich The Ice Road jedoch, erwartungsgemäß, nicht durchringen. Angerissen, allerdings nie wirklich ausgeführt wird am Beispiel Tantoos auch die Situation der Ureinwohner*innen, die noch immer Ausgrenzung und rassistische Anfeindungen erfahren. Den Anschein von Substanz versucht Hensleigh durchaus zu erwecken. Tatsächlich liegt ihm aber das aktionsbetonte Potenzial seiner Geschichte spürbar mehr am Herzen.

Das Himmelfahrtskommando erinnert an die Konstellation in Henri-Georges Clouzots Lohn der Angst, wenngleich The Ice Road zu keinem Zeitpunkt die nervenzerfetzende Intensität dieses Klassikers des Abenteuerkinos erreicht. Schuld daran ist nicht zuletzt ein holpriger dramaturgischer Aufbau. Wie die Fahrt durch die eindrucksvolle, zugleich bedrohlich anmutende Eiskulisse, eine zu Tage tretende Verschwörung und der Schwenk zu den immer angespannteren Minenarbeitern verzahnt werden, ist nicht gerade optimal. Besonders die Szenen im eingestürzten Schacht hinken atmosphärisch hinterher und lassen die Dringlichkeit vermissen, die für einen schweißtreibenden Wettlauf gegen die Uhr eigentlich nötig wäre. Liam Neeson hingegen nutzt kurze Momente des Innehaltens, um Mikes Beziehung zu Gurty eine unerwartete Tiefe zu verleihen. Lange nachhallen können diese Akzente vor allem im Finale jedoch nicht, das es mit seinen dramatischen Wendungen und immer neuen Widrigkeiten schlichtweg übertreibt.

The Ice Road (2021)

Als im äußersten Norden Kanadas eine Diamantenmine einstürzt, wird ein Mann auf den Weg geschickt, der es wie kein zweiter versteht, sich schnell über das Eis zu bewegen. An ihm hängt die einzige Hoffnung, die verschütteten Bergleute noch rechtzeitig retten zu können. 

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Meinungen

Skydog · 05.10.2023

Ganz schlecht gemachter Film, kitschiger gehts nicht.