Mephisto

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Montag, 7. Dezember 2015, MDR, 23:40 Uhr

Hendrik Höfgen (Klaus Maria Brandauer) ist gegen Ende der 1920er Jahre an einem Theater in Hamburg engagiert und liebäugelt mit experimentellen, revolutionären Projekten, die jedoch an seinem außergewöhnlich ambitionierten Anspruch scheitern. Seine so aparte wie energische Geliebte Juliette (Karin Boyd), eine farbige Künstlerin, die ihm auch Tanzunterricht gibt, nimmt sein eitles Selbstbild gern provokativ-korrektiv aufs Korn, doch ihre Beziehung verbleibt in diskreter Heimlichkeit und Juliettes Einfluss marginal. Politisch ist Höfgen mit seinen kommunistischen Tendenzen augenscheinlich entgegen des mächtig aufkommenden Rechtstrends der Nationalsozialisten orientiert, doch angesichts seines immensen Erfolgsstrebens wandelt sich seine Haltung allmählich.
Das zeigt sich Anfang der 1930er Jahre, nachdem Höfgen sich mit der wohlhabenden Barbara Bruckner (Krystyna Janda) verheiratet hat, durch deren gehobene Kreise er schließlich ein Engagement in der Berliner Theaterszene ergattern kann. Hier brilliert er in den unterschiedlichsten Rollen und entledigt sich seines vorherigen provenziellen Makels, mit einigem Erfolg. Während seine Frau viel unterwegs ist, bringt er Juliette ebenfalls in Berlin unter, die seine Ehe toleriert und ihm nach wie vor verbunden ist, wenn auch mit einigem Zynismus. Als Adolf Hitler 1933 zum Reichskanzler ernannt wird, überredet Barbara ihren Mann, mit ihr in Budapest zu bleiben, doch bald kehrt Höfgen vermittelt durch eine Freundin nach Berlin zurück und etabliert sich dort innerhalb der nationalsozialistischen Herrschaft.

Auch wenn er bemüht ist, sein künstlerisches Wirken am Theater als unpolitisch zu deklarieren und seine Funktion und Position als Schauspieler jenseits der drastischen sozialpolitischen Umbrüche des Nationalsozialismus anzusiedeln, gerät Höfgen zunehmend zum Günstling des Systems. In seiner Rolle des Mephisto in Goethes Faust beeindruckt er besonders den Ministerpräsidenten (Rolf Hoppe), der ihn in seine Loge bittet und fortan fördert, so dass Höfgen zu einem gefeierten Schauspielstar aufsteigt und schließlich sogar Intendant am Staatstheater wird. Als sein alter Kollege Otto Ulrichs (Péter Andorai) in Schwierigkeiten ist, setzt sich Höfgen effektiv beim Ministerpräsidenten für ihn ein, doch mit der Zeit wird deutlich, dass sein Einfluss begrenzt ist und er zum Handlanger des Systems avanciert …

Nicht nur als exzentrischer, ehrgeiziger und letztlich ehrloser Schauspieler Hendrik Höfgen beeindruckt Klaus Maria Brandauer in Mephisto von István Szabó, sondern auch in etlichen kleinen Sequenzen der zahlreichen Rollen, die dieser am Theater spielt. Es ist zuvorderst diese extravagante, exaltierte und exzellente Darstellungskunst, die diesen Film nach dem gleichnamigen provokanten Roman von Klaus Mann absolut sehenswert und unvergesslich gestaltet. Der Oscar als Bester fremdsprachiger Film führt die Auszeichnungen für dieses dichte, schwelende Drama an, die damals vor allem an den Hauptdarsteller und den Regisseur adressiert waren. Am Ende bündelt sich die Wucht der Zuspitzungen zu einem starken Finale, dessen drängende Fragen weit über die Dramaturgie hinausweisen.

Mephisto

Hendrik Höfgen (Klaus Maria Brandauer) ist gegen Ende der 1920er Jahre an einem Theater in Hamburg engagiert und liebäugelt mit experimentellen, revolutionären Projekten, die jedoch an seinem außergewöhnlich ambitionierten Anspruch scheitern. Seine so aparte wie energische Geliebte Juliette (Karin Boyd), eine farbige Künstlerin, die ihm auch Tanzunterricht gibt, nimmt sein eitles Selbstbild gern provokativ-korrektiv aufs Korn, doch ihre Beziehung verbleibt in diskreter Heimlichkeit und Juliettes Einfluss marginal.
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