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Über das Privatleben von Gustave Eiffel, Erbauer des Wahrzeichens von Paris, ist nicht viel bekannt. Auch fehlt eine Erklärung, warum er den Turmbau, den er zunächst kategorisch ablehnte, plötzlich zum Herzensprojekt machte. In diese Lücken stößt nun der Spielfilm mit einer romantischen Geschichte.

Eiffel in Love (2021)

Eine Filmkritik von Bianka Piringer

Ein Turm für Adrienne

Wurde der Eiffelturm, dieses 1889 eröffnete Symbol der Moderne, das bis 1930 das höchste Bauwerk der Welt war, aus Liebe zu einer Frau errichtet? Belege für eine solche Geschichte, wie sie das Kino mag, gibt es nicht. So entschloss sich die Drehbuchautorin Caroline Bongrand, zwei Fakten aus Gustave Eiffels (Romain Duris) Leben kreativ zu verbinden und als reizvollen fiktionalen Stoff fortzuspinnen.

Als junger Brückenbauingenieur wollte Eiffel um 1860 herum in Bordeaux Adrienne Bourgès (Emma Mackey) heiraten, doch ihre Eltern machten den Plan zunichte. Diese biografische Episode ist verbürgt. 1886 wird dem gefeierten Konstrukteur des Trägersystems für die New Yorker Freiheitsstatue von seinen Ingenieuren vorgeschlagen, in Paris ein metallisches Turmdenkmal zu errichten. Damit könne man sich für die in drei Jahren bevorstehende Weltausstellung bewerben. Eiffel lehnt zunächst kategorisch ab, er interessiert sich mehr für praktische Werke wie die Pariser Metro, aber plötzlich ändert er seine Meinung. Gäbe es einen plausibleren Grund für diese Kehrtwende, als ein Wiedersehen mit seiner großen Liebe Adrienne? Zumindest wohl keinen schöneren. Der Regisseur Martin Bourboulon hat ein romantisches Drama inszeniert, das auf spannende Weise zugleich in das Abenteuer des höchst umstrittenen Turmbaus eintaucht.

Im Film begegnen sich die mittlerweile verheiratete Adrienne und der verwitwete Ingenieur und Vater mehrerer Kinder also bei einem ministeriellen Diner in Paris wieder. Sie pflichtet dem Minister bei, der findet, dass ein Bauwerk nicht immer nützlich sein müsse, sondern dass nun ein Monument gebraucht werde, um das Selbstbewusstsein der Nation auszudrücken und zu stärken. Noch während des Essens verkündet Eiffel spontan die Absicht, einen 300 Meter hohen Turm aus Metall zu bauen, der mitten in Paris stehen soll. Die Liebe zwischen Adrienne und ihm flammt wieder auf. Das bleibt dem einflussreichen Ehemann Antoine Restac (Pierre Deladonchamps) nicht verborgen.

Gustave und Adrienne sind zwei starke und fortschrittliche Charaktere. Er wird als rastloser Ingenieur und Architekt geschildert, der sich volksnah gibt und die Klassengesellschaft ablehnt. Schon in den Rückblenden, die zu den Anfängen seiner Liebe in Bordeaux zurückkehren, steht er auf den Empfängen in Adriennes reichem Elternhaus linkisch herum und verabschiedet sich bald, um zu arbeiten. Aber die schöne, lebhafte und mutige Frau, die ihrer Zeit auch vorauseilen möchte, schlägt ihn in ihren Bann. Der Film findet flirrende Bilder der Freude und der Unbeschwertheit, die an impressionistische Malereien erinnern, wenn sich Adrienne und ihre jungen Gäste im Garten mit Spielen die Zeit vertreiben und Gustave sie bewundernd beobachtet. Emma Mackey kann das Selbstbewusstsein der schönen Adrienne auch schon allein mit Blicken ausdrücken. Doch auch dieser Frau legt die patriarchale Gesellschaft auf bestürzende Weise Fesseln an.

Gustaves Temperament entfaltet sich, sobald er Bauarbeiten leitet. Die Sicherheit der Arbeiter ist ihm wichtig und er zögert nicht, einen in den Fluss gestürzten Mann selbst zu retten. Romain Duris verkörpert den Tatendrang seiner Figur sehr glaubhaft, ebenso wie ihr unvermitteltes Innehalten, wenn sich die Stimme des Herzens regt. Die Liebesszenen, in denen sich Leidenschaft und Zärtlichkeit mischen, sind sehr ansprechend geraten.

Der zweite, nicht minder interessante Erzählstrang ist dem Bau des Eiffelturms gewidmet. Gustave und seine Leute überzeugen zunächst die Gremien mit den technischen Innovationen, die in das Projekt einfließen. Alle Einwände, wie beispielsweise die Gefahr des Einsinkens in den weichen Boden am Ufer der Seine, können sie mühelos entkräften. Doch während die Stützpfeiler dann bereits aus dem Fundament ragen, mehren sich die Proteste der Bevölkerung, die Arbeiter streiken, Geldgeber gehen auf Distanz. Eiffel kniet sich wie besessen in das Projekt. In beeindruckenden Aufnahmen wird die Atmosphäre auf der Baustelle heraufbeschworen. Das Gewimmel, die Hektik, die Aufbruchstimmung, welche mit der Industrialisierung einhergeht, finden sich hier geballt, vor diesen gigantischen Gebilden aus Eisenstangen. Eine besonders spannende Schlüsselszene ist der Moment, in dem der Querbalken für den ersten Stock montiert wird und sich zeigen muss, ob die Rechnung mit der Justierbarkeit um die entscheidenden Millimeter aufgeht.

Die dunstige Luft, die halbdunklen Innenräume, die Straßenkulissen mit den Menschen, die Kutsche fahren, die Kostüme fügen sich zu einem sorgfältig komponierten Panorama, welches die Epoche sinnlich greifbar zum Leben erweckt. Man glaubt zu wissen, wie sich die Dinge am und um den Bau des Eiffelturms zugetragen haben, und der Gedanke, dass es doch nicht ganz so gewesen ist, erscheint auf einmal unwichtig.

Eiffel in Love (2021)

Regisseur Martin Bourboulon erzählt in „Eiffel in Love“ von einer monumentalen Liebesgeschichte zwischen dem Ingenieur Gustave Eiffel (Romain Duris) und einer jungen Frau namens Adrienne Bourgès (Emma Mackey), die die Pariser Skyline für immer verändern wird.

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