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Rocky und Adonis Creed sind wieder da zur zweiten Runde Box-Drama. In Anlehnung an das Original wird nun auch Ivan Draco wieder ausgepackt. Doch eigentlich will „Creed II“ ja erneuern, nicht wiederholen. Wie geht das zusammen?

Creed II: Rocky's Legacy (2018)

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Melancholische Männlichkeit

Ein würdiger Abschluss sollte Creed für die legendäre Rocky-Reihe werden und es gelang. So gut, dass nun aus dem Abschluss doch eine Weiterführung wird, die sich abermals an die Ereignisse der Original-Rocky-Filme anschmiegt und sie in einer neuen Generation weiterspinnt. Creed II schließt nicht nur an seinen eigenen Vorgänger, sondern auch an Rocky IV — Der Kampf des Jahrhunderts an.

Wir erinnern uns: In Rocky IV wird mitten in den tiefsten 1980er Jahren ein Schaukampf zwischen den USA und der UDSSR veranstaltet. Die Russen schicken Ivan Drago (Dolph Lundgren), einen blonden Hünen, der alles niedermäht, was ihm sich nähert. Rocky soll die USA vertreten, lässt sich aber von seinem Freund Apollo Creed (Carl Weathers), Vater der Hauptfigur Adonis Creed in Creed II, überreden, den Kampf an ihn abzugeben. Er verliert und wird dabei sogar getötet. Also muss Rocky ihn im Rückkampf rächen. Creed II schließt hier nun an und lässt Creeds Sohn Adonis (Michael B. Jordan) gegen Dragos Sohn Viktor (Florian Munteanu) antreten, der dieses Mal nicht sein Land, sondern seinen gekränkten Vater vertreten soll. Ein Stellvertreterkampf für die Vatergeneration also, denn Adonis sinnt natürlich ebenso auf Rache.

Das klingt recht einfach und für Kenner der Materie ist auch mehr als leicht zu erraten, wie dieser Zweikampf ausgehen wird. Hier zeigt sich, wie dünn die Idee des sportlichen Wettkampfes doch ist, die wahrlich mehr auf die alten Filme reminisziert, als Neues zu versuchen. Einzig die Kampfchoreographien selbst sind dank dynamischer Kamera, elegischer One-Shots und vor allem gekonnten Musikeinsatz noch mehr auf Zack als im Original. Doch ehrlich, wer Creed II für den Sport schaut, wird nicht allzu viel davon haben. Denn dieser Film ist vor allem ein spannender und leicht schizophrener Mix aus Alt und Neu, aus Rocky und dem Versuch einer Erneuerung, die sich im Kern aber nicht ums Boxen, sondern um etwas ganz anderes dreht.

Stallones Rocky war, als er das erste Mal die Kinoleinwand betrat, ein armer Mann, der sich in Philadelphia durchschlug und nicht einmal eine Schulausbildung hatte. Er war ein Mann, der einen Weg suchte, sich abzusichern, seine Würde zu bewahren und vielleicht ein bisschen Lebensglück zu finden. Kurzum: die Rocky-Filme, selbst die späten, drehten sich immer um die Frage, was es heißt, ein erfolgreicher Mann zu sein. Nichts anderes loten die Creed-Filme nun ebenfalls aus. Sowohl Adonis, der nun Weltmeister im Boxen ist und auf dem Höhepunkt seiner Karriere steht, als auch sein Widersacher Viktor sind auf dieser Suche. Beide treffen auf Männer und Vaterfiguren, die darauf verschiedene Antworten haben. Creeds eigener Vater ist der absente Vater, dessen Tod ein großes Loch und Verlorenheit hinterlassen hat, die seinen Sohn zu einem lost boy im Peter Panschen Sinne machen. Adonis lebt vor allem mit Angst und Wut, die ihn schnell überschnappen lassen und ihn auch gegen guten Rat verleiten, sich auf die gekonnte Provokation der Dragos einzulassen. Viktor wiederum scheint purer Stahl, ein Mann der wenigen Worte, der ausschließlich als Panzerfaust für seinen Vater gilt und der lange Zeit gar kein eigenes Ich zu haben scheint. Sein Vater, der gegen Rocky verlor, ging damit die Würde, die Ehefrau und letztlich die Männlichkeit verloren. Sein Sohn soll das wiederherstellen. Und Rocky? Er zeigt sich als der gütige Vater, der Adonis liebevoll umsorgt und gleichsam zu seinem eigenen Sohn keinen Kontakt hat, weil er nicht weiß, wie er mit ihm kommunizieren soll.

Sie sind alle auf der Suche, die Männer in Creed II. Die große Melancholie, die der Film in jedem seiner Bilder ausstrahlt, sie rührt aus dieser Suche, die fast schon melodramatische Züge annimmt und jede Reaktion, jede Entscheidung und Emotion des Filmes steuert. Die Antworten auf die Frage nach der Männlichkeit, die der Film bietet, sind jedoch ambivalent und bilden, wie die Filme selbst, ein seltsames Hybridwesen, das eher das Gefühl von Verlorenheit, als die Idee des Findens einer neuen Männlichkeit gibt.

So fehlen vor allem glaubhafte Begründungen für die Motivation des Hauptkampfes an sich. Wieso lässt Viktor sich so vereinnahmen? Und aus welchen Gründen macht Adonis hier mit? Der Hauptkonflikt, er fühlt sich konstruiert aus völlig überholten Ideen von Rache an. Nuancierter und tiefer geht der Film jedoch, wenn er das psychische Versagen seiner Hauptfigur zeigt. In Creed II hört ein Kampf nicht mehr im Ring oder im Krankenhaus auf. Er ist nicht beendet, wenn die letzten Wunden verheilen. Allein das Zeigen und kluge Aufarbeiten der Traumata, die der Sport und auch das Leben mit sich bringen, zeigt eine neue Dimension für Männerfiguren im Kino, die man nicht erwartet hätte und die genauso wie die Action-Szenen fasziniert. Schade nur, dass die Entwicklung neuer Männerfiguren wieder auf Kosten der Frauen geht. Sowohl Adonis Freundin Bianca (Tessa Thompson) als auch seine Mutter (Phylicia Rashad) müssen den Preis mit kleinen, banalen Rollen bezahlen. Dass Biancas Karriere nur so wenig Platz bekommt und schließlich ein typisches und daher umso tragischeres Ende nimmt, nur damit Adonis einen melancholisch-dramatischen Heureka-Effekt in Sachen Männlichkeit haben kann, ist unverzeihlich. Denn zu neuen Ideen von Maskulinität gehören auch neue Ideen zur Feminität, die über Mutter und Fürsorgerin sein hinausgehen müssen.

Creed II: Rocky's Legacy (2018)

Wie der Vater, so der Sohn — auf Adonis Creed wartet die größte Herausforderung seines Lebens, denn sein nächster Gegner im Boxring ist niemand Geringeres als  Viktor Drago, dessen Vater Ivan Drago einst von Adonis‘ leiblichem Vater Apollo Creed während eines Schaukampfes getötet wurde. Doch zum Glück weiß Adonis Rocky Balboa an seiner Seite.

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