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In „Liuben“ erzählt Venci Kostov von der Liebe zwischen zwei jungen Männern in einem konservativen Dorf in Bulgarien.

Liuben (2023)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Existenzangst

Mit „Liuben“ liefert der Drehbuchautor und Regisseur Venci Kostov den ersten bulgarischen Film mit LGBTQ+-Thematik. Das Werk ist nicht ganz frei von Tropen, die das (internationale) queere Kino allmählich hinter sich zu lassen versucht; dennoch ist es weit davon entfernt, eine schematische Coming-out-Story zu schildern. Das Skript zeichnet zwei spannende Hauptfiguren, deren Konflikte komplex und oft überraschend sind.

Der Protagonist Victor (Dimitar Nikolov) hat sein bulgarisches Heimatdorf in den Bergen einst mit seiner Mutter verlassen, um in Madrid zu studieren. Er führt dort eine eher lockere Beziehung mit dem deutlich älteren José (Ramón Esquinas). Nach zwölf Jahren kehrt er erstmals zurück, um an der Beerdigung seines Großvaters teilzunehmen. Obwohl das Verhältnis zu seinem Vater (Dimitar Banenkin) von Entfremdung geprägt ist, beschließt Victor, den Sommer in der Gegend zu verbringen.

Als er dem 18-jährigen Liuben (Bojidar Iankov Asenov) begegnet, der wie viele andere junge Roma in einem Waisenhaus lebt, ist vom ersten Augenblick an eine Anziehung zwischen den beiden zu spüren. Liubens Freundin Iliyana (Nadyara Dimcheva) ist schwanger; er schmiedet bereits Zukunftspläne für seinen ungeborenen Sohn. Doch dann wird Iliyana nach Griechenland gebracht. Victor und Liuben kommen sich näher. Sie sprechen über ihre Träume und über all die Dinge, die sie davon abhalten, glücklich zu sein. Als Iliyana ohne Kind in das Dorf zurückkommt, will Liuben die Lügen, die ihm erzählt werden, nicht hinnehmen.

Der Film wirft einen genauen Blick auf die Strukturen innerhalb der Gemeinde. Victor wird wiederholt als „der Spanier“ bezeichnet; er ist kein Teil des Ortes mehr. In seiner neuen urbanen Heimat Madrid ist er indes ebenfalls stets „ein Ausländer“. Liuben wiederum erlebt in dem bulgarischen Dorf extreme Diskriminierungen: „They call me a gypsy because of my skin“, sagt er an einer Stelle – auch er werde immer ein Ausländer sein.

Während Victor und Liuben durch einige Männer aus Liubens Kreisen mit homophoben Anspielungen konfrontiert werden, als sie auf einem Rummel zusammen gesehen werden, ist bei Victors Vater offenbar die Xenophobie und der Klassismus noch tiefer verankert: So zeigt er sich bereit, Victors wohlhabenden Freund aus Spanien in sein Haus einzuladen – äußert sich aber betont ablehnend gegenüber Liuben. Hinzu kommt noch die alles beherrschende Korruption innerhalb der Dorfgemeinschaft – insbesondere durch die örtliche Polizei.

Er habe Angst, dass er aufhöre, zu existieren, sagt Liuben in einer Szene via Voice-over. Dieses Gefühl der Bedrohung bringt Kostov in seinem Werk glaubhaft zum Ausdruck. In Momenten der aufkeimenden Verliebtheit trotzen die zwei Helden ihrer Situation hingegen ein Maximum an Schönheit und Leichtigkeit ab.

Wenn Victor mit seinem Kraftrad durch die Landschaft fährt, lässt dies an André Téchinés zauberhaften Sommerfilm Wilde Herzen (1994) denken. Auf den ersten Kuss zwischen Victor und Liuben folgt der gemeinsame Jahrmarktbesuch; sie berühren einander immer wieder „beiläufig“ und teilen sich einen Bierbecher. Mit Zärtlichkeit, die hier etwa auch im Outdoor-Haareschneiden und -waschen liegt, rebellieren die beiden gegen den Hass. Dieser Kampf mag (noch) erfolglos sein, aber das Schlussbild macht klar: Vergeblich ist er nicht.

Liuben (2023)

In einem bulgarischen Bergdorf, in dem Vorurteile herrschen, beginnt eine Sommerromanze zwischen zwei Jungen aus unterschiedlichen Welten. Victor (27) hat ein gutes Leben in Madrid mit seinem Partner Jose. Zur Beerdigung seines Großvaters kehrt er in sein bulgarisches Heimatdorf zurück und beschließt, den Sommer dort zu verbringen. Während er sich mit seinem Vater und der dörflichen Lebensweise wieder anfreundet, findet er unerwartet die Liebe mit Liuben, einem 18-jährigen Roma-Jungen. Trotz ihrer Unterschiede und der Konflikte um sie herum finden Victor und Liuben Zuflucht und Geborgenheit miteinander.

Liuben ist der erste offen LGBTQ+-Film aus Bulgarien. (Quelle: Cinemien)

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