Mein Leben mit Robin Hood

Eine Filmkritik von Falk Straub

Die letzten Jahre eines tasmanischen Teufels

Seinem Namen haftete etwas Verruchtes an: Errol Flynn. Der Ausdruck „in like Flynn“ beschrieb nicht nur seinen Erfolg beim Publikum, sondern auf eindeutig zweideutige Weise auch den beim weiblichen Geschlecht. Mein Leben mit Robin Hood widmet sich den letzten Jahren des australischen Schauspielers.
Er hatte alles, was einen erfolgreichen Leinwand- und Frauenhelden ausmacht: das Aussehen, die Athletik, den Charme und eine gewisse Dreistigkeit. Und er wusste, seine Vorzüge einzusetzen. Hollywoodstars zählten ebenso zu seinen Eroberungen wie europäische Prinzessinnen. Der 1909 in Tasmanien geborene Errol Flynn hatte drei Ehefrauen und unzählige Affären, die ihm die eine oder andere Gerichtsverhandlung einbrachten. Wenn es ins Schlafzimmer ging, nahm es Flynn mit dem Alter nicht immer ganz genau. Doch da war auch eine andere, düstere Seite: die des hemmungslosen, lebensmüden Trinkers. Eine kaputte Leber setzte Flynn ein frühes Ende. 1959 starb er mit nur 50 Jahren. Sein Herz setzte einfach aus. Wenige Momente zuvor hatte er eine Abendgesellschaft noch mit Anekdoten aus seiner Karriere bei Laune gehalten.

Diese Szene ist auch in Richard Glatzers und Wash Westmorelands Biopic Mein Leben mit Robin Hood zu sehen. Wie keine andere verdeutlicht sie den Zwiespalt eines Mannes, der als Freibeuter und Rächer der Enterbten an den Kinokassen reüssierte, und doch so viel lieber tiefgründige Rollen gespielt hätte. Doch von seinem wahren Ich bekamen nur wenige etwas mit. Zeit seines Lebens war er davon getrieben, den schönen Schein zu wahren. In seiner Autobiografie, die posthum erschien, verrät Errol Flynn seinen Lesern, dass er selbst völlig abgebrannt stets im vornehmsten Hotel am Ort logierte. Eine glamouröse Fassade, hinter der er verbarg, wie es um sein Innerstes tatsächlich bestellt war. Nichts hasste er mehr als Mittelmäßigkeit.

Keine leichte Aufgabe für einen Schauspieler, diesen Charakterkopf darzustellen. Doch Kevin Kline meistert sie mit Bravour. Kline gibt Flynn ebenso weltläufig wie süffisant. Sein fein nuanciertes Spiel verleiht dem Frauenhelden Würde, selbst dann, wenn er betrunken und nur mit einem Hut bekleidet ein Tänzchen vollführt. Die Frauen, die er damit zu beeindrucken sucht, sind Beverly Aadland (Dakota Fanning) und ihre Mutter Florence (Susan Sarandon). Flynn lernt Beverly 1957 kennen. Der einstige Frauenschwarm ist bereits schwer vom Alkohol gezeichnet. Das blonde Showgirl ist erst 15, gibt sich aber drei Jahre älter aus. Flynn nimmt sie unter seine Fittiche und in sein Bett. In Hinblick auf die Karriere lässt Florence ihre Tochter gewähren. Nicht zuletzt, weil der tasmanische Teufel auch bei Mutter Aadland seinen Charme spielen lässt.

Richard Glatzer und Wash Westmoreland erzählen diese letzten Jahre im Leben Errol Flynns in der Rückschau. Den Rahmen bildet eine Art Verhör. Florence Aadland gibt einem Journalisten Auskunft, wie es zur Romanze zwischen ihrer Tochter und dem abgehalfterten Leinwandstar kam. In ihrer Inszenierung bleiben die Regisseure recht bieder. Formal wie inhaltlich riskieren sie wenig, setzen stattdessen wie ein Jahr später bei Still Alice – Mein Leben ohne gestern, einem Drama, das ohne Julianne Moores Leistung in der Bedeutungslosigkeit versänke, voll und ganz auf ihre Schauspieler. Die tun auch in Mein Leben mit Robin Hood alles Erdenkliche. Doch das Drehbuch gibt zu wenig her, um aus dem Biopic einen herausragenden Film zu machen.

All die Abgründe, die in Errol Flynns Persönlichkeit, in der Beziehung zu Beverly Aadland, in deren gespanntem Verhältnis zur ihrer Mutter und in der zerbrechlichen Seele einer 15-Jährigen schlummern, bügelt das Skript arg glatt. Für die Regisseure ist Beverly ein Unschuldslamm, jegliche Berechnung liegt ihr völlig fern. Errol Flynn bleibt trotz aller Manipulation einer Minderjährigen ein Gentleman, dem das Publikum nicht böse sein kann. Und selbst Beverlys verantwortungslose Mutter, die Flynn im Alkoholkonsum in nichts nachsteht, kommt bei Glatzer und Westmoreland allzu gut weg. Am Ende ist Mein Leben mit Robin Hood ein Biopic, das keinem wehtut und sich aus dem bewegtem Leben des Lebemanns auch noch eines der langweiligsten Kapitel herausgegriffen hat. Wer wissen will, wie es in Errol Flynn wirklich aussah, sollte lieber zu dessen Autobiografie greifen. Der Titel ist hier Programm: My Wicked, Wicked Ways.

Mein Leben mit Robin Hood

Seinem Namen haftete etwas Verruchtes an: Errol Flynn. Der Ausdruck „in like Flynn“ beschrieb nicht nur seinen Erfolg beim Publikum, sondern auf eindeutig zweideutige Weise auch den beim weiblichen Geschlecht. „Mein Leben mit Robin Hood“ widmet sich den letzten Jahren des australischen Schauspielers.
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