MR 73 - Bis dass der Tod dich erlöst

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

In finsterster Nacht und tiefster Verzweiflung

Dass dieser Film nicht gut enden wird, das ahnt man bereits in den ersten Minuten und Bildern, die zu sehen sind: Aus dem Schwarz der Leinwand hören wir zunächst nichts als Stimmen und glauben zunächst an einen Fehler des Films. Dann erst schält sich in einer Detailaufnahme ein zerfurchtes Gesicht heraus, kristallisiert sich aus der unbestimmten Finsternis eine Situation heraus, in deren Mittelpunkt der heruntergekommene Polizist Schneider (Daniel Auteil) steht, der von den Kollegen der Internen Revision vernommen wird. Schnell wird klar, dass dieser Kommissar unter einem mehr als ernsthaften Alkoholproblem leidet und eigentlich nicht mehr haltbar ist. Noch stützen ihn die Kollegen aufgrund früherer Verdienste und des schweren Schicksalsschlages, den er erleiden musste; sie vertuschen seine Verfehlungen und wiegeln nach außen hin ab. Dennoch ist es lediglich eine Frage der Zeit, bis dieser Mann ins Bodenlose fallen wird. Wie sehr er von der Rolle ist, zeigt die darauf folgende Szene: Schneider sitzt, offenbar sturzbetrunken und auf der Tonebene begleitet von Leonard Cohens Song „Avalanche“, in einem Linienbus, fummelt eine zerdrückte Zigarette aus der Packung, zündet sich diese an und zwingt den Busfahrer mit vorgehaltener Waffe kurzerhand, ihn nach Hause zu fahren, was ein Sondereinsatzkommando der Polizei auf den Plan ruft.
Dabei hätte die Polizei im nachtschwarzen Marseille eigentlich andere Probleme zu lösen. Denn ein sadistischer Serienmörder geht um in der Stadt, der wohlhabende ältere Damen foltert, sie vergewaltigt und anschließend tötet. Der Modus operandi entspricht genau dem eines vor vielen Jahren verurteilten Serienkillers (Philippe Nahon). Doch der sitzt noch im Knast, hat angeblich zu Gott gefunden und soll nun demnächst entlassen werden. Davor fürchtet sich Justine (Olivia Bonamy), deren Eltern einst vor ihren Augen von dem Killer abgeschlachtet wurden und die die Erlebnisse nicht vergessen kann. Und als sie davon erfährt, dass der Mörder ihrer Eltern freikommen soll, hat sie Angst. Denn sie weiß, dass der Killer sie nicht vergessen hat.

Wegen neuerlichen Fehlverghaltens in die Beschwerdeabteilung versetzt, mischt sich Kommissar Schneider sehr zum Missfallen einiger seiner zwielichtigen Kollegen in die Suche nach dem Killer ein und bringt dadurch Unruhe in die Polizei. Denn kaum einer seiner Kollegen hat nichts zu verbergen. Und dann sucht ihn noch Justine auf, die um seine Hilfe fleht. Denn der Mörder von einst hat sich wieder an ihre Spur geheftet, er nimmt Witterung auf…

Mit MR 73 ist Olivier Marchal ein fulminanter und sehr düsterer Neo-Noir gelungen, der sich ebenso an Klassikern des film policier wie Jean-Pierre Melville und Sergio Leone wie auch an der kühlen Stilistik eines Michael Mann und der Finsternis von Abel Ferraras Bad Lieutenant orientiert. Ob jemand ein Serienkiller oder ein Polizist ist, spielt in dieser Höllenfahrt keine Rolle mehr, verdammt sind sie allesamt und verlorene Seelen dazu, die auf der Suche nach Erlösung – und sei es durch den Tod – durch die Nacht wanken, in der alles beginnt und alles wieder endet. Aus der Dunkelheit kommen wir und in die Dunkelheit kehren wir zurück. Gerade die furiose, dem Katholizismus deutlich zugeneigte Parallelmontage am Schluss macht dies überdeutlich: Leben wird gegeben und genommen. Was dazwischen liegt, ist ein Weg des Leidens und des Schmerzes.

Eigentlich erstaunlich, dass es dieser Film in Deutschland nie auf die Leinwände geschafft hat. In Frankreich jedenfalls lief MR 73 mit einigem Erfolg in den Kinos.

MR 73 - Bis dass der Tod dich erlöst

Dass dieser Film nicht gut enden wird, das ahnt man bereits in den ersten Minuten und Bildern, die zu sehen sind: Aus dem Schwarz der Leinwand hören wir zunächst nichts als Stimmen und glauben zunächst an einen Fehler des Films.
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