Am Ende eines viel zu kurzen Tages (2011)

Eine Filmkritik von Melanie Hoffmann

Carpe Diem!

Donald (Thomas Brodie-Sangster) ist auf den ersten Blick ein ganz normaler, wenn auch etwas rebellischer Teenager. Er trägt stets eine Mütze, bringt seinen Lehrern nicht unbedingt Respekt entgegen und zeichnet gewaltverherrlichende Comics. Ja, man könnte es sich leicht machen Donald in eine Schublade zu stecken. Doch im Falle von Donald verhält es sich anders: Donald hat Leukämie im Endstadium. Unter seiner Mütze versteckt er seine Glatze, Respekt hat er sich prinzipiell abgewöhnt, vor allem vor dem Tod und mit den Comics kompensiert er seinen Blick auf eine nicht vorhandene Zukunft. Er hat sich mit seinem Schicksal abgefunden, mehr als alle anderen es von ihm erwarten. Insbesondere seine Eltern können das nicht verstehen, sie wollen, dass er um sein Leben kämpft. Schließlich schicken sie ihn von einem Psychiater zum nächsten, da sie gar nicht glauben können, dass Donald sich selbst schon verloren gibt.

Anders in seinen Comicwelten. Hier ist Donald ein Superheld, der tapfer gegen den Tod und dessen verführerische Gehilfin Nursey Worsey ankämpft. Mit seinen Comics kann er sogar die neue Schülerin namens Shelly (Aisling Loftus) in seiner Klasse beeindrucken. Hübsch ist sie, aber auch ganz schön rebellisch. Dass sie sich nicht für Langweiler interessiert war klar, aber dass sie nun ausgerechnet mit Donald befreundet sein will, das hätte er nicht erwartet. Mit den ersten Gefühlen der Verliebtheit beginnt ein kleiner Funke Lebenswillen in ihm zu keimen.

Dr. Adrian King (Andy Serkis) ist nun schon wieder ein neuer Therapeut, der Donald von seinen düsteren Stimmungen kurieren soll – wobei: Kann man ihm seine Gedanken angesichts seiner Lage wirklich verdenken? Sogar an Selbstmord hat der ohnehin todgeweihte Teenager bereits gedacht. Doch Dr. King ist anders. Er nimmt Donald ernst. Er glaubt ihm, dass er keine Angst vor dem Tod hat und diskutiert mit ihm auf Augenhöhe. Schließlich lernen die beiden voneinander. Was es heißt, das Leben zu genießen, egal wie viele Tage man noch vor sich hat. Dass man manchmal spontan sein muss und manchmal nachdenklich. Nach der Begegnung mit Donald sieht auch Dr. King sein Leben anders.

Am Ende eines viel zu kurzen Tages, der auf dem Roman Superhero des aus Neuseeland stammenden Autors Anthony McCarten basiert (vom ihm stammt das Theaterstück Ladies´ Night, das als Ganz oder gar nicht zu cineastischem Weltruhm kommen sollte), ist sicherlich kein Feelgood-Movie. Dazu ist das Thema Sterben viel zu präsent und letzten Endes auch unausweichlich. Wie die Geschichte enden wird, darüber gibt es keinerlei Illusionen. Was den Film neu und außergewöhnlich macht, ist zum Einen, dass der Todkranke ein Teenager ist, zum Zweiten, der unverkrampfte – aber nie fahrlässige – Umgang mit dem Tod. Mit 15 beginnt normalerweise ein Leben erst, Donald muss es bereits wieder verlassen. Das Leben im Zeitraffer, was auch seine Freunde für ihn nun vorsehen – sie wollen ihm zur ersten sexuellen Erfahrung verhelfen – reflektiert sich in dem klug gewählten Stilmittel der Comics wieder, die auch nichts anderes als eine Zeitraffer-Erzählung sind. Die Erzählung vom Sterben gepaart mit einem Coming-of-Age-Drama birgt aber auch bittersüße und komische Momente — und alle kann der Film voll auskosten.

Der Film ist stilistisch ganz klar für ein jüngeres Publikum gemacht. Das klug inszenierte Drama über das Leben und den Umgang mit dem Tod – dem eigenen oder dem von engen Freunden oder Familienmitgliedern – spricht aber gerade wegen seines universellen Themas, das uns alle schonmal getroffen hat oder noch treffen wird, alle Altersgruppen an. Die mitunter fast schon zu gefälligen Aufnahmen vom nächtlichen Dublin sorgen sogar für etwas Erholung, die zarte, sich anbahnende Liebesgeschichte für ein klein wenig Hoffnung, auch wenn man genau weiß, dass es hier kein Happy End geben wird, geben kann. Dass Protagonist Donald das Beste aus seiner Situation macht, bezweifelt kaum ein Zuschauer.

Ohne es so zu benennen, schwebt über dieser sehenswerten Literaturverfilmung kein ganz neues, aber immer noch gültiges Motto, an das man sich nicht häufig genug erinnern kann: „Lebe jeden Tag, als wäre es Dein letzter.“ Wie wahr. Und wie traurig.
 

Am Ende eines viel zu kurzen Tages (2011)

Donald (Thomas Brodie-Sangster) ist auf den ersten Blick ein ganz normaler, wenn auch etwas rebellischer Teenager. Er trägt stets eine Mütze, bringt seinen Lehrern nicht unbedingt Respekt entgegen und zeichnet gewaltverherrlichende Comics. Ja, man könnte es sich leicht machen Donald in eine Schublade zu stecken. Doch im Falle von Donald verhält es sich anders: Donald hat Leukämie im Endstadium.

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Meinungen

ljhö · 01.09.2012

super super super