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In „Verbrannte Erde“ lässt Thomas Arslan seinen Hauptdarsteller Mišel Matičević erneut als wortkargen Berufskriminellen Trojan auftreten.

Verbrannte Erde (2024)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Gute Ware

2010 lieferte Thomas Arslan mit dem Hauptstadtkrimi „Im Schatten“ einen schnörkellosen, dicht erzählten Genrebeitrag, in dessen Mittelpunkt der Profi-Einbrecher Trojan (Mišel Matičević) steht. Nun folgt mit „Verbrannte Erde“ der zweite Teil einer geplanten Trilogie. Dieser beruft sich auf all die Stärken, die schon den Vorgänger auszeichnen. Auch hier werden Erinnerungen an die Unterwelt-Thriller des französischen Autorenfilmers Jean-Pierre Melville geweckt, etwa an „Der eiskalte Engel“ (1967) mit Alain Delon. Zudem lassen die nüchterne Erzählweise und der Gleichmut des Protagonisten an Don Siegels „Der große Coup“ (1973) und den von Walter Matthau verkörperten Anti-Helden Charley Varrick denken.

Zu Beginn sehen wir, wie der Berufskriminelle Trojan wieder in seiner alten Wirkungsstätte Berlin operiert. Mit Taschenlampe geht er nachts in einem prunkvoll ausgestatteten Haus auf Beutezug. Das Treffen mit einem Interessenten für die entwendete Ware läuft schief, da er über den Tisch gezogen werden soll – doch so leicht lässt sich Trojan nicht reinlegen. Auf der Suche nach neuen Jobs merkt er wiederum rasch, dass seine einstigen Kontakte nicht mehr allzu ergiebig sind. Der Lebensstil seiner früheren Weggefährten hat sich gewandelt – und die ganze Welt ist eine andere geworden. Im digitalen Zeitalter ist Trojan indes bisher nur bedingt angekommen.

Während moderne US-Crime-Movies dazu neigen, ihre Figuren unnötig viel quasseln zu lassen („Danke“, Quentin!), wird hier, wie in den oben genannten Vorbildern, kein Wort zu viel gesprochen. Weder in (semi-)privaten Dialogen noch in Verhandlungen. Die offiziell als Unternehmensberaterin tätige Vermittlerin Rebecca (Marie-Lou Sellem) bietet Trojan in einer dieser prägnanten Unterredungen einen Auftrag an: Zusammen mit Luca (Tim Seyfi), einem Bekannten von damals, sowie der Fluchtwagenfahrerin Diana (Marie Leuenberger) und dem jungen IT-Crack Chris (Bilge Bingül) soll er den Diebstahl eines Gemäldes von Caspar David Friedrich aus einem Museum in der Stadt umsetzen. Zunächst scheint alles zu klappen – aber dann ändert der Auftraggeber im Hintergrund seine Strategie.

Alexander Fehling spielt Victor, den Handlanger des Auftraggebers. Mit seinem leichten Hang zum Overacting bildet er einen reizvollen Kontrast zum stets zurückhaltend agierenden Mišel Matičević. Es habe mit Matičević kaum Diskussionen über das Innere der Figur gegeben, sagte Arslan seinerzeit über die Realisierung des ersten Teils. Auch in Verbrannte Erde funktioniert die Rolle in erster Linie auf einer physischen Ebene. Trojan lässt nichts und niemanden (auch nicht uns, die Zuschauer:innen) zu nah an sich heran. Selbst als der Museumsjob mehr und mehr außer Kontrolle gerät und es alsbald vorrangig darum geht, das eigene Leben zu retten, bleibt der Protagonist vergleichsweise beherrscht.

Die Kamera von Reinhold Vorschneider hat ganz bewusst keinen Blick für das hippe oder gar das touristische Berlin. Der audiovisuellen Gestaltung gelingt eine stimmige Mischung aus Stilisierung und Lakonie. Wenn Trojan durch die Straßen fährt, erzeugt der Score von Ola Fløttum eine stylish-düstere Atmosphäre. Wenn sich die Inszenierung hingegen auf die Durchführung der kriminellen Pläne konzentriert, hat das Werk beinahe etwas Dokumentarisches in seiner präzisen Schilderung der Abläufe. Durch die Museumsanwältin Claire (on point: Katrin Röver) kommt ein gelassener Humor in den Film. An zwei Stellen überrascht uns Arslan mit cleveren dramaturgischen Brüchen. Verbrannte Erde ist kompetent gemachtes Genrekino, das in seiner Reduktion für ein Höchstmaß an Spannung sorgt.

Gesehen auf der Berlinale 2024.

Verbrannte Erde (2024)

Zwölf Jahre nach seiner Flucht kehrt der Berufskriminelle Trojan zurück nach Berlin. Dort soll ein wertvolles Gemälde gestohlen werden. Doch der akribisch geplante Coup läuft schon bald aus dem Ruder. (Quelle: Berlinale)

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