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Regisseur Pierre Morel drehte früher Actionknaller wie „96 Hours“ oder „Ghettogangz“. Dass der Franzose sich mit dem Genre auskennt, ist bei Sichtung seines neuen Films allerdings kaum zu glauben.

Freelance (2023)

Eine Filmkritik von Markus Fiedler

Von allem zu wenig

Hin und wieder kommen einem Filme unter, bei denen man sich fragt: Warum ist der gedreht worden? Wer in Gottes Namen hat das für eine gute Idee gehalten und warum? Genau so ein Film ist „Freelance“, die neueste Arbeit des französischen Action-Spezialisten Pierre Morel, für das er neben der ehemaligen Wrestler-Legende John Cena auch Alison Brie gewinnen konnte, die bereits starke Auftritte in Filmen wie „Promising Young Woman“ oder „Horse Girl“ hinlegte. Denn dieser Film wäre bereits in den 90ern in der Videothek bei „Neuerscheinungen“ in die unterste Reihe gestellt worden.

Mason Petits (John Cena) ist Anwalt, hatte aber die beste Zeit seines Lebens als Mitglied eines Special-Forces-Teams der US-Armee. Nach dessen fast kompletter Auslöschung arbeitet er wieder im Büro, hat eine liebende Ehefrau (Alice Eve) und eine Tochter – aber glücklich ist er nicht. Als sein alter Armeekumpel (Christian Slater) an ihn mit der Bitte herantritt, die Journalistin Claire (Alison Brie) als Bodyguard in die südamerikanische Bananenrepublik Paldonien zu begleiten, wo sie ein Interview mit dem Diktator Juan Venegas (Juan Pablo Raba) führen soll, nimmt er an. Denn dort endete einst seine Karriere als Elitesoldat. Und bald kommt es so, wie Petits es erwartet hatte: Ein Putschversuch gegen Venegas findet statt – und seine Klientin und er stecken mittendrin. Doch nicht alles ist, wie es scheint.

John Cena ist ein kleines Phänomen. Obwohl der ehemalige WWE-Star schon aufgrund seiner Physis für Action prädestiniert ist, ging er früh den späteren Schwarzenegger-Weg und platzierte sich selbst immer wieder in Komödien, mal derb, mal überraschend feinfühlig. Und umging so das Klischee des tumben Haudraufs ein ums andere Mal. Daher gab es durchaus Hoffnung, dass Freelance mehr sein könnte als ein typischer Actioner mit wenig Inhalt. Zudem hat Regisseur Morel vorher zwar nicht unbedingt politisch korrekte Filme gedreht, mit 96 Hours und Peppermint aber zumindest harte Rächerstorys mit Biss inszeniert. Für das Drehbuch von Jacob Lentz kann er zwar nichts, für die zum Teil wirklich lausig gefilmte Action hingegen schon. Und das ist nur die Spitze des Eisberges.

Denn das Skript findet zu keinem Zeitpunkt einen einheitlichen Tonfall. Es gibt Ansätze einer Komödie, doch die Gewaltspitzen halten den Humor in engen Grenzen. Lentz schreibt interessante Ansätze in die Monologe des vermeintlichen Diktators und lässt ihn kluge Dinge über die Ausbeutung armer Länder durch mächtige Konzerne sagen – um das Thema danach für den Rest des Films zu beerdigen. Den Bösewicht im Film hingegen schreibt er derart generisch, dass Marton Csokas, in Filmen wie The Equalizer durchaus ein formidabler Schurke, hier komplett gelangweilt seine Rolle spielt, einschließlich wenig glaubhafter Kämpfe. Und schließlich ist da noch Alison Bries Rolle der klugen und mit Preisen ausgezeichneten Journalistin, die es sexuell aber extrem erregt, wenn ein Muskelberg mit einem MG einen Haufen Gegner über selbigen schießt. Ob so eine Frauenfigur im Jahr 2023 wirklich noch sein muss? Eher nicht.

Um es noch schlimmer zu machen: Auch die Handlung setzt nach einer halben Stunde gefühlt aus, wenn sich das überlebende Trio von Siedlung zu Siedlung bewegt, isst, trinkt, tanzt, ein paar seltsame Nacktszenen einstreut und dann wieder von vorn beginnt. Der große Showdown im Präsidentenpalast scheint dann zu beweisen, dass auch Pierre Morel inzwischen so von der Langweile gepackt war, dass er ein paar der schlechtesten Actionsequenzen des Jahres durchwinkte. Das ist vor allem deshalb schade, weil John Cena dennoch das Kunststück gelingt, sympathisch zu bleiben, Alison Brie ein paar strahlende Momente hat und Juan Pablo Raba, der die mit Abstand interessanteste Rolle spielt, trotz des allgegenwärtigen Mangels an kreativem Input eine sehr ordentliche Leistung zeigt. Dafür beweisen Alice Eve und Cena, wie wenig Chemie ein Ehepaar auf der Leinwand haben kann. 

Nun will ja niemand Filmschaffenden die Absicht unterstellen, einen schlechten Film zu machen. Aber es ist tatsächlich schwer sich vorzustellen, was hier alles schiefgelaufen sein muss, damit so ein Werk dabei herauskommt. Wer ein großer Fan von John Cena oder Alison Brie ist, hat vielleicht noch ein wenig Spaß. Mehr Gründe für einen Kinobesuch zu finden, wird aber schwer.

Freelance (2023)

Der ehemalige Special Forces-Soldat Mason Pettits (John Cena) langweilt sich in seinem Job in einer mittelmäßigen Anwaltskanzlei und seinem Alltag als Familienvater zu Tode. Als sein alter Militärkumpel und Chef einer dubiosen privaten Sicherheitsfirma (Christian Slater) ihm einen Job als Bodyguard für die preisgekrönte Journalistin Claire Wellington (Alison Brie) anbietet, zögert er keine Sekunde und nimmt den Auftrag an. Der lautet: Er soll Claire auf ihrer Reise in das südamerikanische Land Paldonien beschützen, wo sie als erste Journalistin überhaupt den berühmt-berüchtigten Diktator Juan Arturo Venegas (Juan Pablo Raba) für ein Interview treffen soll. Doch das Interview wird unverhofft von einem Militärputsch unterbrochen, und Claire und ihr Bodyguard müssen zusammen mit einem verrückten Diktator in den Dschungel fliehen…

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