Wiedersehen in Howards End (1992)

Eine Filmkritik von Marie Anderson

E. M. Forster-Verfilmung, die dritte

In einer wunderschönen, nostalgischen und detailverliebten Kulisse mit einem berühmten Ensemble engagiert aufspielender Darsteller hat der US-amerikanische Regisseur James Ivory mit Wiedersehen in Howards End zum dritten Mal einen Roman des britischen Schriftstellers E. M. Forster (1879-1970) verfilmt. Wie zuvor Zimmer mit Aussicht / A Room with a View (1985) und Maurice (1987) hat sein Lebensgefährte Ismail Merchant (1936-2005) auch Wiedersehen in Howards End von 1992 produziert, auf den ein regelrechter Preisregen hinabprasselte: Drei Oscars für Emma Thompson als Beste Hauptdarstellerin, Ruth Prawer Jhabvala für das Beste Drehbuch sowie Luciana Arrighi und Ian Whittaker für das Beste Szenenbild, zwei BAFTA Awards, eine Auszeichnung bei den Filmfestspielen in Cannes und zahlreiche weitere Preise und Nominierungen erspielte sich das Drama über die Geschichte zweier Familien am Ausklang der Viktorianischen Ära in England. Nun erscheint der Film als Premium Edition bei Arthaus inklusive einer Bonus-DVD mit reichlich Begleitmaterial zur Entstehung und den Hintergründen des eleganten Epos.

Die Geschwister Margaret (Emma Thompson), Helen (Helena Bonham Carter) und Tibby Schlegel (Adrian Ross Magenty) führen als sozialkritische, intellektuelle und betuchte Freigeister ein recht sorgloses Leben in London. Als sich die unbedarfte Helen während eines Besuchs der Familie Wilcox auf dem Landsitz Howards End mit deren Sohn Paul (Joseph Bennett) einlässt, in den sie sich verliebt hat, geht sie davon aus, nun verlobt zu sein. Doch die Enttäuschung ist groß, als Paul ihr eröffnet, sie keineswegs heiraten zu wollen, so dass Helen sich in den tröstlichen Schutz ihrer Familie zurückzieht. Bald darauf lernt sie in London den einfachen Angestellten Leonard Bast (Samuel West) kennen, der sie und ihre Geschwister gelegentlich besucht und dem sie nur allzu gern weiterhelfen will, gerührt von seinen literarischen Anwandlungen. Indessen entwickelt sich zwischen ihrer Schwester Margaret und der kranken Ruth Wilcox (Vanessa Redgrave), Pauls Mutter, eine innige Freundschaft, die dazu führt, dass die alte Dame ihr auf dem Sterbebett den geliebten Landsitz Howards End vermacht, was die Familie Wilcox allerdings geheim hält. Als der konservative Witwer Henry Wilcox (Anthony Hopkins) Margaret überraschend einen Heiratsantrag macht, den diese anzunehmen gewillt ist, prallen zwei Welten aufeinander. Während der Hochzeitsfeierlichkeiten taucht Helen mit Leonard Bast und dessen Frau Jacky (Nicola Duffett) auf, um Rechenschaft von Henry Wilcox zu verlangen, den sie durch einen unbedachten Ratschlag für die Arbeitslosigkeit und damit das Elend Leonards verantwortlich macht. Dabei stellt sich heraus, dass Henry und Jacky sich früher schon einmal begegnet sind, und zwar unter wenig schicklichen Umständen …

Moral, Doppelmoral und die ganz großen, berechnenden Halbherzigkeiten einer aufweichenden sittenstrengen Etikette stehen im Zentrum dieses historischen Gesellschaftsspiels um einen im Grunde als kaum wertvoll angesehenen Landsitz, der allein durch seine zauberhafte Naturumgebung und letztlich dadurch besticht, dass er in unruhigen Zeiten ein angenehmes Zuhause darstellt. Es ist schon beinahe ein Kunststück, dass keine der Hauptfiguren in Wiedersehen in Howards End es vermag, langfristig symphatisch zu erscheinen, auch wenn das Ende nach einem langen Bogen und der heraufziehenden, letztendlich eintretenden Katastrophe eine sehr versöhnliche, wenn auch nicht wirklich glückliche Richtung der stark ambivalenten Charaktere einschlägt. Das ist großes, perfektionistisch angelegtes Kostüm- und Kulissen-Kino, das allerdings trotz aller Sorgfältigkeiten allzu glatt daran vorbeischlittert, wahrhaft zu berühren.

Wiedersehen in Howards End (1992)

In einer wunderschönen, nostalgischen und detailverliebten Kulisse mit einem berühmten Ensemble engagiert aufspielender Darsteller hat der US-amerikanische Regisseur James Ivory mit „Wiedersehen in Howards End“ zum dritten Mal einen Roman des britischen Schriftstellers E. M. Forster (1879-1970) verfilmt.

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