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Noah Baumbach seziert eine Trennung und besetzt die Hauptrollen mit Scarlett Johansson und Adam Driver. Beide waren lange nicht mehr so gut! 

Marriage Story (2019)

Eine Filmkritik von Maria Wiesner

Szenen einer Scheidung

Manchmal braucht es zehn Filme, bis man einen macht, der wirklich perfekt ist. Noah Baumbauch liefert in Venedig den Beweis mit Marriage Story, einem Scheidungsdrama, das mit einer Liebeserklärung beginnt. Nicole (Scarlett Johansson) ist eine Schauspielerin, die von Kalifornien nach New York gezogen ist. Charlie (Adam Driver) ist ein Regisseur und Leiter einer Theatergruppe. Beide leben zusammen in Brooklyn, haben einen acht Jahre alten Sohn. An der Oberfläche sieht alles perfekt aus (selbst die Babysitterin begrüßt sie mit: „Sie sind ein furchtbar attraktives Paar.“) In den ersten Minuten sieht man Nicole und Charlie in Alltagssituationen, darüber aus dem Off die Stimme des anderen, die aufzählt, warum der Partner großartig ist. Und gerade, als man davon überzeugt ist, dass dies eine Beziehung ist, die funktioniert, muss man feststellen, dass die Listen eine Aufgabe des Scheidungsmediators waren. Obwohl oder gerade weil sie voller Liebe für den anderen stecken, werden sie hier nicht vorgelesen. Nicole weigert sich und geht. Für sie gibt es nichts mehr zu vermitteln, sie will die Trennung. 

Mit dem Sohn zieht sie zurück zu ihrer Familie nach Los Angeles, wo sie eine Hauptrolle für eine TV-Serie angeboten bekommen hat. Charlie bleibt in New York, das Stück, zu dessen Erfolg Nicoles Schauspieltalent beigetragen hat, soll nun ohne sie am Broadway aufgeführt werden. Als Nicole die Scheidungsanwältin Nora (Laura Dern, die die schönste feministische Tirade der letzten Jahre halten darf) einschaltet, ist klar, dass die Sache hässlich wird. 

Noah Baumbach seziert einen Scheidungsprozess, der mit jeder Runde tiefer in die Intimsphäre der beiden Ehepartner vordringt. Nicole erzählt ausgerechnet gegenüber ihrer Anwältin zum ersten Mal offen, warum sie sich trennen will. Nie habe Charlie ihren Wunsch ernst genommen, wieder zurück nach Kalifornien zu gehen, wo sie Familie hat. Nie habe er darauf geachtet, was sie wollte, welche Karriereschritte ihr wichtig waren. Zuletzt habe er noch darüber gespottet, dass sie vom Theater zum Fernsehen wechsle. Und dann war da noch die Affäre, die er mit einer Kollegin am Theater begonnen hat. Wie Nicole es erzählt, ist klar, dass diese Affäre, so verletzend sie war, nicht der Trennungsgrund war, sondern das Nicht-gehört-werden und das Nicht-ernst-genommen werden, viel schwerer wiegen, den größeren Betrug bedeuteten, als der Sex mit einer anderen Frau. 

Baumbach setzt vollkommen auf seine Hauptdarsteller — und die waren selten so gut. Wenn Scarlett Johansson der Scheidungsanwältin von der ersten Begegnung mit ihrem Noch-Ehemann erzählt, hätte ein anderer Regisseur oder eine andere Drehbuchschreiberin vielleicht auf eine Rückblende gesetzt, statt der Hauptdarstellerin einen Monolog zu geben. Minutenlang hängt die Kamera an Johanssons Gesicht. Und am Ende ihrer Erzählung hat man nicht nur das Gefühl, die Szene miterlebt zu haben, man weiß auch ein weiteres Detail über diese Beziehung, die einem nach 135 Minuten so vertraut vorkommt, als wäre man mit diesen Menschen befreundet (man hat sogar das Gefühl dieses Paar besser zu kennen, als manche Menschen, die sich Freunde nennen). 

Dass man diesem Drama bis zum Ende folgt, liegt auch daran, dass Baumbach keinen klassischen Bösewicht in seiner Geschichte hat. Es gibt hier kein schwarz und weiß. Jeder hat gute und schlechte Seiten und niemand, nicht einmal der Haifisch-Scheidungsanwalt Ray Liotta, ist unfähig oder unzulänglich in seinem Job. Kurzum, das Drehbuch ist exzellent, denn Baumbach weiß, dass zwischen all die Tragik Komik gestreut werden muss. Sogar zwei Gesangsnummern (eine von Johansson, eine von Driver) sind nicht aufgesetzt oder peinlich, sondern weisen den Weg, wohin die Beiden sich am Ende der Trennung entwickelt haben. Marriage Story ist der beste Film über Beziehungen, den Baumbach seit Der Tintenfisch und der Wal gemacht hat. 

Marriage Story (2019)

Ein Theaterregisseur und seine Frau, die als Schauspielerin arbeitet, kämpfen sich durch eine hässliche Scheidung, die sie in persönliche wie künstlerische Extreme treibt. Noah Baumbachs neuer Film erzählt von einer Ehe, die auseinander bricht und einer Familie, die versucht, zusammenzubleiben.

 

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Meinungen

john · 29.12.2019

langatmig. nach der Hälfte aufgehört zu gucken.

Filmfilm · 20.12.2019

Ein relativ durchschnittlicher, zeitweise langweiliger, definitiv zu langer Film, der gerne auch (bemüht) skuril wäre, mit einer Johansson, die gerne im ernsten Fach punkten möchte und dabei zu sehr schauspielert. Schade.