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Ein Sportfilm, der einige der üblichen Hindernisse umflitzt, dann aber doch zu schnell Downhill will.

Madison - Ungebremste Girlpower (2020)

Eine Filmkritik von Rochus Wolff

Schussfahrt den Berg hinab

Immer nur im Kreis: Man ahnt da schon, dass das nicht das einzig Richtige sein kann für Madison Jaist. Sie ist gerade einmal 12 Jahre alt und eigentlich noch zu jung dafür, will aber schon ins Nationalkader fürs Bahnradfahren aufsteigen. Gemeinsam mit ihrem Vater träumt sie davon: jüngste Fahrerin im Kader überhaupt!

Ihr Papa (Florian Lukas), aktiver Sportler und oft auf dem Siegertreppchen, wird von den anderen Mädchen aus dem Trainingslager sofort umlagert, als er ankommt, wie Pauline Grabosch (die Radsportlerin spielt sich selbst) auch; aber wenn die anderen auch mal Party machen wollen, steigt Madison (Felice Ahrens) noch einmal verbissen aufs Rad.

Als sie dann erschöpft erst einen Unfall verursacht und sich schließlich mit einer anderen Sportlerin streitet, fliegt sie aus dem Trainingslager – und muss nun mit ihrer Mutter (Maxi Warwel) zum Urlaub in die Tiroler Alpen. Die gibt dort Yogakurse und macht – von Madisons Vater ist sie getrennt – ihrem Gastgeber Andi (Valentin Schreyer) schöne Augen. Mit ihrem schicken Rad mit Carbonrahmen kann Madison zwar weiter trainieren, die örtliche Jugend ist allerdings nicht beeindruckt. Die fährt lieber mit Mountainbikes downhill kleine Rennen. Vielleicht macht das ja sogar Spaß…?

Kim Strobls Kinderfilm Madison, unnötigerweise noch mit dem Untertitel Ungebremste Girlpower versehen, folgt erst einmal den gut eingefahrenen Bahnen vieler sportlich orientierter Jugendselbstfindungsfilme. Man mag es diesmal gar nicht Coming-of-Age nennen, weil dafür die wirklich knackigen Konflikte fehlen, die aus einem Kind einen Jugendlichen, aus einer Jugendlichen eine Erwachsene machen würden.

Stattdessen erst einmal: die technokratisch vorgespurte Radrennbahn gegen die wild angelegte Tour durch den Gebirgswald – die Dichotomie Stadt/Land wird glücklicherweise nicht auch noch gemolken. Die egozentrische Geisteshaltung des Leistungssports inklusive Kalorienzählen, die über das nicht unbedingt weniger egozentrische, aber definitiv mehr genussorientierte Radfahren am Berg hinführt zu am Ende, wie sollte es anders sein, einem ankommen in einer Gemeinschaft, bei der man sich aufeinander verlässt.

Das Drehbuch, von der Regisseurin gemeinsam mit Milan Dor verfasst, bietet keine wirklich originellen Wendungen und eher ein paar Irritationsmomente. Wenn sich etwa Madisons Mutter Katharina darüber wundert, dass es Andis Ex-Frau hier in den Bergen dann doch etwas zu eng wurde („Zu eng? Bei der Weite?“): Dann bleibt doch die Frage offen, ob die Yoga-Lehrerin ob ihrer Profession auf dem Land noch nie schräg angeschaut worden ist.

Zum Ausgleich verzichtet das Drehbuch auf einige andere Fallstricke. Eine schrecklich sich andeutende Dreiecks-Eifersuchtsgeschichte mit Madison und ihrer neuen Freundin Vicky (Emilia Warenski) wird erfreulich rasch und sinnvoll abgewürgt, und Madisons getrennte Eltern sind kein klassisches und damit stets streitendes Kino-Scheidungspaar, sondern gehen ziemlich entspannt und freundlich miteinander um – realistische Spitzen inklusive: „Du wolltest dein Stereodings schon vor einem Jahr abholen.“

Es ist durchaus auffällig, dass bei einigen Filmen, die wie Madison im Rahmen der Initiative „Der besondere Kinderfilm“ entstanden sind, gerade solche stereotypen Beziehungsmodelle eher vermieden werden. Da schlägt das Konzept durch, originelle Stoffe zu entwickeln – denn so werden nicht, wie mancher Kinderfilm der Gegenwart es tut, ältere Literaturvorlagen verfilmt, deren Lebenswelten noch tief in der Nachkriegszeit (oder davor) stecken.

Es wirkt aber nicht besonders glaubwürdig, da machen es sich Strobl und Dor dann doch ein wenig zu einfach, wie schnell sich das Leistungskind Madison auf den Wald und die freie Natur, aufs Durchatmen einlässt – irgendwann legt sie sich einfach mal hin und atmet und macht Pause auf dem Waldboden, zum Idyll schaut dann auch noch ein Fuchs vorbei.

Das betrifft nicht nur sie als Figur (und Felice Ahrens hat da keine Chance, gegen das Drehbuch anzuspielen): Im ganzen Film werden Konflikte zwar ausgesprochen und auch ein wenig ausgetragen, aber die Menschen ändern und wandeln sich zu leicht, am Ende zeigt sogar innerhalb von wenigen Minuten der jahrzehntelang anders tickende Vater Einsicht und Verständnis. Da wünscht man sich etwas von der naturfeindlichen Rotzigkeit, wie sie zum Beispiel Amelie rennt gefeiert hat, etwas wirkliche Auseinandersetzung, etwas lautstarke Pubertät und knackigeres Aufbegehren.

Oder sind vielleicht die modernen Eltern ja heutzutage auch schon so verständnisvoll und nachgiebig, dass das weder nötig noch möglich ist?

Madison - Ungebremste Girlpower (2020)

Madison (Felice Ahrens) ist ein junges Mädchen, supersportlich, energiegeladen und ehrgeizig. Radrennsport ist ihre Leidenschaft und sie setzt alles daran, ihrem Vater, dem erfolgreichen Radsport-Profi Timo (Florian Lukas), nachzueifern. Durch einen unglücklichen Zwischenfall muss sie das Trainingscamp verlassen und findet sich ungewollt in den Tiroler Bergen wieder, wo ihre Mutter Katharina (Maxi Warwel) in den Ferien Yoga unterrichtet. So hat sie sich ihren Sommer echt nicht vorgestellt: Völlig andere Gegend, neue Leute und dann auch noch Mountainbikes statt Rennräder! Ihr Alltag kommt völlig ins Schleudern. Doch mit Hilfe ihrer neuen Freunde Vicky (Emilia Warenski) und Jo (Yanis Scheurer) entdeckt Madison abseits der vorgegebenen (Radsport-) Pfade neue Ziele und stürzt sich ungebremst in ein unvergessliches Sommerabenteuer.

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Meinungen

oliver · 20.02.2022

Lieber Rochus,
Deine Kritik wäre nachvollziehbar, aber:
Es handelt sich um einen KINDERFILM!
Gruss.