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Ein junger Schauspieler will seiner Freundin nach Berlin folgen, doch die Fernbeziehung scheitert und der junge Mann steht vor den Trümmern seines noch jungen Lebens. Denn alle Versuche, Liebe und Zuneigung oder auch nur einen Sinn im Leben zu finden, scheitern.

Introduction (2021)

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Vertraute Miniaturen

Hong Sang-soos neuer Film „Introduction“ ist nicht allein wegen seines Titels der ideale Film für den Auftakt der diesjährigen Berlinale, sondern auch wegen seiner sehr zuschauerfreundlichen Laufzeit von gerade mal einer Stunde und sechs Minuten. Das trifft umso mehr zu bei einer Berlinale, bei der das Fachpublikum sich nicht morgens in einem Kino am Potsdamer Platz trifft, sondern überall verstreut vor den Bildschirmen.

Zudem ist Hong Sang-soo nach seiner Entdeckung beim Filmfestival Mannheim-Heidelberg im Jahre 1997 ein Dauergast des Hauptstadtfestivals und diesem mehr als verbunden. Introduction ist nicht der erste Film, in dem Deutschland und Berlin im Speziellen auftaucht als Handlungsort. Wenn man ganz genau hinsieht, meint man in einer Szene eine Säulenfassade zu erkennen, die sich direkt neben dem Berlinale-Palast am Potsdamer Platz befindet. Und es ist sehr gut möglich, dass diese Szene exakt bei der letzten Berlinale 2020 gedreht wurde, bei der Hongs letzter Film Die Frau, die rannte zu sehen war. 

Wie stets, so besteht auch Introduction aus Miniaturen und Episoden, die zwar eine fortlaufende Geschichte erzählen, die aber zugleich so verknappt und verschlankt sind, dass sich das Gesamtbild erst im Nachhinein ergibt. Die Reduzierung als Grundprinzip des eigenen Schaffens ist in Introduction noch einmal auf die Spitze getrieben: Ein junger Schauspieler namens Youngho (Shin Seokho) will seinen Vater, einen angesehen Arzt und Naturheilkundler aufsuchen, doch der hat keine Zeit für ihn, so dass er nur mit dessen Sprechstundenhilfe ins Gespräch kommt, die ihn schon ewig kennt. 

Währenddessen befindet sich Younghos Freundin Juwon (Mi-so Park) bereits in Berlin, wohin ihr Freund ihr nachreisen will. Juwon will dort Mode studieren und auf Vermittlung ihrer Mutter hat sie eine Unterkunft bei eine befreundeten Künstlerin (Kim Min-hee) vermittelt, doch deren forsches und selbstbestimmtes Auftreten schüchtert die koreanische Studentin gehörig ein. Und plötzlich steht Youngho vor der Tür, um dann festzustellen, dass das mit der Fernbeziehung auf Dauer doch nicht gutgehen kann. 

Noch später wird Youngho von seiner Mutter zu einem Mittagessen eingeladen, bei dem auch ein berühmter Theaterschauspieler anwesend ist, der jungen Mann beibringen soll, dessen Abneigung gegen Kussszenen zu überwinden und den Beruf als Darsteller doch nicht an den Nagel zu hängen. Doch dafür ist es irgendwie schon zu spät. 

Introduction hat zweifellos einige schöne Momente voller Zärtlichkeit und Komik — und doch fällt der Film gegenüber vielen anderen Werken des Südkoreaners erheblich ab. So recht mag sich die Geschichte nicht zusammenfügen, die Episoden wirken seltsam unverbunden und erinnern derart unverblümt an andere aus vorherigen Filmen, dass das Ganze wie notdürftig von einer wenig überzeugenden Geschichte zusammengehalten wird. Und irgendwann kommt dieser Punkt, an dem man sich fragt, ob diese Episoden überhaupt wirklich miteinander zusammenhängen und wie sie zeitlich zueinander positioniert sind. 


Über all dem liegt trotz des obligatorischen Soju-Besäufnisses (natürlich ist der berühmte Theaterschauspieler, ein furchtbarer Besserwisser, daran schuld, dass es trotz Ermahnungen zum Vollrausch nebst folgendem Kater kommt) eine grauschwarzweiße Tristesse und Melancholie, die aber nur in wenigen Momenten greift und berührt — und bezeichnenderweise sind es jene kleinen Szenen, in denen die Menschen in diesem Film einander näher kommen und sich auf eine Weise berühren, wie es dem Film selbst kaum je gelingt.

Introduction (2021)

Youngho wird in die Arztpraxis seines Vaters gerufen. Der ist mit seinen Patient*innen beschäftigt, zu denen auch ein bekannter Schauspieler gehört. Youngho muss warten. Als seine Freundin Juwon zum Studium nach Berlin geht, reist Youngho ihr hinterher, um sie zu überraschen. Durch Vermittlung ihrer Mutter wohnt Juwon im Haus einer Künstlerin, deren Schönheit sie einschüchtert. Einige Zeit später will Younghos Mutter ihren Sohn bei einem gemeinsamen Essen mit einem berühmten Schauspieler bekannt machen – es ist derselbe, dem Youngho bereits in der väterlichen Praxis begegnet ist. Youngho erscheint in Begleitung seines Freundes Jeongsoo. Nach dem Essen gehen die beiden an den Strand. Youngho schläft ein und träumt von Juwon. Er erwacht und geht trotz der Kälte schwimmen; Jeongsoo schaut ihm zu.

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