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In der Romanverfilmung „Ein nasser Hund“ verleugnet der Sohn iranischer Geflüchteter seine jüdischen Wurzeln, um Teil einer Gang zu werden. Daraus entsteht ein bemerkenswertes Stück Jugendkino.

Ein nasser Hund (2020)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

King im Kiez

Im Jahre 2010 erschien der autobiografische Roman „Ein nasser Hund ist besser als ein trockener Jude“. Der 1977 in Göttingen geborene Deutsch-Iraner Arye Sharuz Shalicar schildert darin seine Jugend in den 1990er Jahren, die er im Berliner Ortsteil Wedding verlebte. Die Verfilmung „Ein nasser Hund“ des Drehbuchautors und Regisseurs Damir Lukačević verlegt das Geschehen in die Jetztzeit – und verdeutlicht damit, dass der von Shalicar beschriebene (und persönlich erfahrene) Antisemitismus in Deutschland kein Phänomen einer vergangenen Ära, sondern ein noch immer aktuelles Thema ist.

Der Leinwand-Adaption gelingen erstaunlich viele Dinge gleichermaßen. Zunächst einmal ist Ein nasser Hund eine klassische Coming-of-Age-Geschichte mit einem rebellischen jungen Mann im Zentrum. Soheil (Doğuhan Kabadayı) ist gerade mit seinen Eltern (Kida Khodr Ramadan und Dorka Gryllus) und seinen jüngeren Geschwistern nach Berlin-Wedding gezogen. Seine jüdische Familie musste einst aus dem Iran fliehen, um dem dortigen Antisemitismus zu entkommen. Für Soheil spielt Religion in seinem Alltag eigentlich keine große Rolle; sie hat für ihn nichts Identitätsstiftendes. Doch plötzlich wird ihr von außen eine hohe Bedeutung gegeben. Denn eine Gruppe von türkischen und arabischen Gleichaltrigen, die er in der Schule und in seiner Nachbarschaft kennenlernt, hält ihn für einen Muslim und nimmt ihn als solchen in der Clique auf. Die Tatsache, dass er Jude ist, verheimlicht Soheil – bis er an einen Punkt gelangt, an dem das nicht mehr möglich ist.

Zusammen mit Fatih Akins stimmiger Wolfgang-Herrndorf-Bearbeitung Tschick (2016) und Faraz Shariats queerem Wunderwerk Futur Drei (2020) dürfte Ein nasser Hund zu den besten deutschen Kinobeiträgen über junge Erwachsene aus den letzten fünf bis zehn Jahren gehören. Der Film ist hart und dramatisch, wenn er von Diskriminierungs- und Gewalterfahrungen, von Initiationsriten und Leichtsinn in Straßengangs und nicht zuletzt von den inneren Konflikten des Protagonisten erzählt. Und ebenso ist er warm und zärtlich, wenn es um Familien- und Freundschaftsdynamiken sowie um die erste Liebe geht.

Soheils Eltern geben ihrem Sohn viele Freiräume. Auf dem Schulhof, dem Sportplatz, im Schwimmbad und auf der Straße wachsen Soheil und seine neuen Kumpels derweil zu einer Gemeinschaft zusammen. Schön ist vor allem, wie der gewitzte Husseyn (Mohammad Eliraqui) zu Soheils bestem Freund wird: Wir spüren, wie Husseyn geradezu darauf gewartet hat, endlich jemanden zu finden, dem er vertrauen kann, der zu seinem Gefährten wird. Und auch der stürmischen Verliebtheit, die Soheil für Selma (Derya Dilber) aus der Parallelklasse empfindet, haftet nichts Kitschiges an; vielmehr stecken die gemeinsamen Szenen voller Humor.

Dass all diese verschiedenen Elemente so gut funktionieren, liegt zum einen am feinen Gespür für die Sprache der Teenager. Man glaubt den adoleszenten Figuren den Umgang miteinander; hier raschelt kein Papier im Hintergrund. Zum anderen sind die Hauptrollen hervorragend gecastet. Doğuhan Kabadayı, Mohammad Eliraqui und Derya Dilber sind aufregende Entdeckungen, die uns die Entwicklungen von Soheil, Husseyn und Selma mit dem nötigen Übermut, aber stets auch mit Zwischentönen vermitteln.

Ein nasser Hund (2020)

Der 16-jährige Iraner Soheil (Doguhan Kabadayi) zieht mit seinen Eltern nach Berlin-Wedding. Schnell freundet er sich mit einigen türkischen und arabischen Jugendlichen aus der Gang von Husseyn (Mohammad Eliraqui) an und verliebt sich in das türkische Mädchen Selma (Derya Dilber) aus der Parallelklasse. Was Soheil seinen Freunden verschweigt: er ist kein Muslim, sondern Jude … Als er sich outet, stößt er auf Ablehnung, die Situation droht zu eskalieren.

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Meinungen

Mo · 10.09.2021

der Film ist sehr schwach, Regie schlecht, Drehbuch sehr schlecht und überhaupt nicht glaublich