Die Hochzeit unserer dicksten Freundin

Eine Filmkritik von Festivalkritik Locarno 2012 von Beatrice Behn

Die Nacht vor der Hochzeit

Die von Kritikern und Cinephilen viel besprochene Renaissance der „lustigen Frau“ im Film hat ein neues Produkt hervorgebracht. Nach Brautalarm nun also Die Hochzeit unserer dicksten Freundin. Ja, es geht wieder um eine Hochzeit und ja, es geht wieder um Brautjungfern. Diese Redundanz ist ungewollt, Regisseurin Leslye Headland hatte ihr Drehbuch zum Film schon vor vier Jahren geschrieben. Nur wollte es da noch niemand haben. Die Begründung für die schnöde Zurückweisung war denkbar einfach: Witzige Frauen – das will doch keiner sehen. Nach dem grandiosen Erfolg von Brautalarm ist das nun anders, denn plötzlich hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass man damit Geld machen kann – und zwar richtig viel. Offensichtlich gibt es also doch einen großen Markt für Frauen, die sagen, was sie denken — oder zumindest diesen Anschein erwecken.
Die Hochzeit unserer dicksten Freundin wartet mit vier Exemplaren dieser Sorte auf, die alle fein säuberlich in Charakterschubladen eingeteilt sind: die Braut, Becky (Reben Wilson), ist die dicke Außenseiterin — und obwohl es ihre Hochzeit ist, spielt sie die geringste Rolle im ganzen Film. Regan (Kirsten Dunst) plant ihre Hochzeit. Sie ist die perfektionistische Karrierefrau der Gruppe, die keinen Spaß versteht und sich (für die „Schönheit“ natürlich) den Finger in den Hals steckt. Für die Art von Witzen, die gerne mal politisch unkorrekt daherkommen und von Körperflüssigkeiten handeln, stehen ihr Gena (Lizzy Caplan) und Katie (Isla Fisher) zur Seite. Gena ist die typisch manische und stets Drogen konsumierende Variation der frustrierten Frau, die eigentlich nur geliebt werden will, Katie ist das dumme, großbusige Blondchen, hier freilich in der rothaarigen Variante – ein bisschen Abwechslung muss schon sein. Zur Gruppe gesellen sich noch ein paar Alibimänner, natürlich jeweils einer pro Frau und natürlich können sie zufällig genau das geben, was die Damen sich insgeheim wünschen.

Auch sonst geht es in Die Hochzeit unserer dicksten Freundin genau so zu, wie man es erwartet. Viele Witze werden gemacht, die meisten davon sind sexualisiert und spielen damit, das man noch immer nicht damit rechnet, dass Frauen auch gern mal über ihre Verdauungsfunktionen und deren Begleiterscheinungen sprechen. Die Story an sich ist recht… nun ja, nennen wir es mal übersichtlich. Nur noch 24 Stunden sind es bis zur Hochzeit und die Brautjungfern benehmen sich so daneben, dass das Hochzeitskleid nicht mehr brauchbar ist. Da man in der Größe Walross (und ja, auf den Umfang der Braut muss immer wieder hingewiesen werden, genau wie auf den Umstand, dass es doch eigentlich unmöglich ist, dass eine dicke Frau einen Mann abkriegt) nicht so schnell ein Kleid bekommt, wird der Film zu einer nächtlichen Farce, in der es vor allem darum geht, den angerichteten Schaden zu reparieren.

Die Hochzeit unserer dicksten Freundin zeigt ganz deutlich, dass es nicht reicht, dass eine Frau das Drehbuch schreibt, um den üblichen lästigen Klischees endlich zu entkommen. Doch das Ärgerliche an diesem Film ist, dass er noch eine weitere Nachricht bereit hält, die geradezu gefährlich ist und es auch noch versäumt, diese genauer zu betrachten: Regan hat Bulimie, Becky hat Fresssucht, Katie ist stark suizidgefährdet und hat schon einige gescheiterte Selbstmordversuche hinter sich, Gena ist drogenabhängig. Doch all diese Verhaltensauffälligkeiten und Malaisen werden weder eingeordnet noch besprochen, im Gegenteil: In der Welt von Die Hochzeit unserer dicksten Freundin ist das nicht nur alles irgendwie in Ordnung, es ist sogar ein Grund zum Lachen.

Es bleibt die Frage, wie lange es noch dauern wird, bis man auch über Frauenfiguren lachen darf, die ihr Leben im Griff haben. Das wäre dann mal ein echter emanzipatorischer Fortschritt.

(Festivalkritik Locarno 2012 von Beatrice Behn)

Die Hochzeit unserer dicksten Freundin

Die von Kritikern und Cinephilen viel besprochene Renaissance der „lustigen Frau“ im Film hat ein neues Produkt hervorgebracht. Nach „Brautalarm“ nun also „Die Hochzeit unserer dicksten Freundin“. Ja, es geht wieder um eine Hochzeit und ja, es geht wieder um Brautjungfern. Diese Redundanz ist ungewollt, Regisseurin Leslye Headland hatte ihr Drehbuch zum Film schon vor vier Jahren geschrieben.
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