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In Renée Websters „Das reinste Vergnügen“ spielt Sally Phillips eine Frau mit einer Geschäftsidee, die den Hausputz mit sexueller Befriedigung verknüpft.

Das reinste Vergnügen (2022)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Sexuelles Wohlbefinden

Insbesondere das britische Kino versteht es, sozialkritische Töne clever mit Humor zu verbinden und von sympathischen, jedoch keineswegs perfekten Figuren zu erzählen – so etwa in Peter CattaneosGanz oder gar nicht“ (1997) oder in Nigel Coles „Kalender Girls“ (2003). Nun kommt aus Australien ein Werk, das einige Elemente der genannten Filme variiert, um sich ebenfalls mit dem lustvollen Brechen von Tabus, dem männlichen Selbstbild und vor allem der weiblichen Selbstermächtigung zu befassen.

Die Hauptrolle in Renée Websters Komödie Das reinste Vergnügen spielt passenderweise eine Britin: Sally Phillips. Diese war nicht nur als festes Mitglied der Clique um die Titelheldin in der Bridget-Jones-Reihe zu sehen, sondern hatte etwa auch ganz wunderbare Auftritte in der Sketch-Comedy-Serie Smack the Pony, in der sie immer wieder in neue Rollen und hochgradig absurde Situationen schlüpfte.

Hier verkörpert Phillips die eher schüchterne Insolvenzverwalterin Gina, die gerade 50 wird. Der Job und das Arbeitsumfeld sind ziemlich undankbar – und plötzlich wird Gina dort durch eine jüngere Frau ersetzt. Ihre Ehe mit dem Geschäftsmann Adrian (Cameron Daddo) ist seit Jahren leidenschaftslos; zudem fällt Gina die komplette Hausarbeit zu. Einzig die Treffen mit ihren Freundinnen, bei denen alle gemeinsam im Indischen Ozean schwimmen gehen, erfüllen Gina mit Freude. Als die Frauen ihr mit dem Stripper Tom (Alexander England) ein aufregendes Geburtstagsgeschenk machen, bringt Gina den jungen Mann kurzerhand dazu, in der gebuchten Zeit ihr Haus zu putzen – schließlich lautete dessen Versprechen, zu tun, was auch immer sie wolle.

Da Tom hauptberuflich bei einer Umzugsfirma tätig ist, die aufgelöst werden soll, kommt Gina eine Idee: Sie gestaltet das kleine Speditionsunternehmen um und macht aus den drei Angestellten und dem Manager Steve (Erik Thomson) eine Oben-ohne-Putztruppe. Bald zeigt sich, dass die Kundinnen gerne noch mehr als einen hübschen Anblick und ein sauberes Haus hätten. Tom und seine beiden Kollegen Anthony (Ryan Johnson) und Ben (Josh Thomson) sind bereit, mitzumachen. Das neue qualitative Geschäftsziel lautet, den Frauen einen Orgasmus zu bescheren.

In der Darstellung von Männern, die von der handwerklichen Arbeit übergehen zu einer anderen Art, ihren Körper beruflich einzusetzen, erreicht Das reinste Vergnügen nicht den Nuancenreichtum von Ganz oder gar nicht, legt aber in der Zeichnung der recht hemdsärmeligen (Neu-)Stripper und bald auch Neu-Sex-Worker ebenfalls viel Charme an den Tag. Im Mittelpunkt des Films steht indes die Emanzipation der Protagonistin sowie der Wunsch von Gina und ihren Freundinnen, die eigene Lust zu entdecken und auszuleben. Von „sexual wellness“, einem sexuellen Wohlbefinden, ist in diesem Zusammenhang die Rede. Dabei wird in einem Nebenstrang auch queeres Begehren integriert. Das Skript vermeidet billige Scherze und baut vor allem auf Empathie.

Die Inszenierung bietet außerdem solide Situationskomik, wenn es zuweilen zu fatalen Missverständnissen und -geschicken kommt. Und auch die Bildsprache des Kameramanns Ben Nott ist ansprechend, etwa wenn die Schwimmgänge im Indischen Ozean eingefangen werden und anschließend gezeigt wird, wie sich in der Umkleide freundschaftliche Bonding-Momente ereignen. Herz und Seele von Das reinste Vergnügen ist wiederum zweifellos Sally Phillips, die in jedem Moment die richtige Balance zwischen Slapstick, leisem Humor und tragischen Anflügen findet.

Das reinste Vergnügen (2022)

Als ihre Reinigungsfirma, die ausschließlich von Männern geführt wird, außer Kontrolle gerät, muss eine reife Frau ihre eigene Sexualität akzeptieren, um sich ein neues Leben aufzubauen.

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Meinungen

Henriette · 22.07.2023

Was für ein herrlich erfrischender Film. Lange nicht mehr so inbrünstig gelacht. Dabei behält die tolle Komödie immer das richtige Maß an Tiefe. Kurzweilig, zum Lachen und Weinen. Der Film hat zudem etwas, was ich im deutschen Kino zunehmend vermisse: Er zeigt mehrere Generationen von Protagonistinnen, ohne sie zu diskreditieren.

maxi · 28.04.2023

Werde ihn am Sonntag gucken gehen und habe mich beim Trailer schon fast tot gelacht

Binchen123 · 20.04.2023

Ich konnte mal wieder richtig herzhaft lachen.
Der Film ist eine echt Empfehlung!!!!