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Das virale Phänomen, das es bis auf die Oscar-Bühne geschafft hat, entpuppt sich als charmante, wenn auch nicht familienfreundliche Splatterkomödie zum alten Thema „Mensch gegen Natur“.

Cocaine Bear (2023)

Eine Filmkritik von Mathis Raabe

Rache für den Bären

Seit man das erste Mal von einem Filmprojekt namens „Cocaine Bear“ hören konnte, sind viele Tweets geschrieben worden, viele Memes gebastelt, und viele Menschen haben sich den Film zu ihren Letterboxd-Watchlisten hinzugefügt. Dass eine Splatter-Komödie mittleren Budgets so sehr zum Popkultur-Phänomen avancierte, dass sogar während der Oscar-Gala auf der Bühne mit einem Bären (respektive einem Menschen im Bärenkostüm) interagiert wurde, ist ein Öffentlichkeits-Coup, den sicher noch so manche Filmmarketing-Abteilung studieren wird. Das schaffte allein die skurrile Prämisse: ein Bär auf Kokain.

Drehbuchautor Jimmy Warden fand das sprichwörtliche Gold auf der Straße, denn Cocaine Bear beruht auf wahren Begebenheiten: 1985 warf ein Drogenschmuggler über dem Süden der USA Kokain aus einem Flugzeug, weil es zu schwer beladen war. Der Schwarzbär, der es fand und konsumierte, vertrug das Stimulans aber sehr viel schlechter als sein Filmäquivalent: Er starb.Elizabeth Banks, Regisseurin des Films, sagte in einem Interview mit Variety, ihr Film sei deshalb als Rache und Wiedergutmachung für den Bären zu verstehen.

Wenn man von einem Schwarzbären attackiert werde, habe man durch Gegenwehr höhere Überlebenschancen als durch Aufgabe, kommuniziert am Anfang des Films eine Texteinblendung. Als Quelle für die Bärenfakten wird selbstbewusst Wikipedia angegeben. Cocaine Bear kennt seine Zielgruppe und nimmt sich auch im weiteren Verlauf nie zu ernst. Jimmy Warden hat seine Fertigkeiten im Bereich Popcorn-Horror zuvor bereits bei The Babysitter: Killer Queen unter Beweis gestellt, in dem die Titelfigur, nachdem das Kind in ihrer Obhut ins Bett gegangen ist, satanistische Opferrituale durchführt.

Das mit der Gegenwehr gestaltet sich für die Figuren in Cocaine Bear leider wenig effektiv, denn der Filmbär findet Kokain nicht nur ziemlich lecker und will immer mehr davon, sondern entwickelt durch den Konsum auch große Lust, Menschen zu zerfleischen. Das menschliche Figurenensemble des Films weist keine großen Helden auf. Stattdessen sind alle angenehm uncool und sprechen mit einem charmanten Südstaatenakzent. Besonders süß: der Sheriff, der mit seinem Hund unzufrieden ist, weil ihm ein weißer Langhaarpudel vermittelt wurde, den Hund dann aber doch vermisst, je länger seine Mission dauert. Zugegeben: Einige Figuren leben nicht lange. Ein Duo von Sanitäter*innen wird nur eingeführt, um sich eine coole Bär-Krankenwagen-Verfolgungsjagd zu liefern und dann Bärenfutter zu werden.

Wichtiger sind ein Mädchen namens Dee Dee (Brooklynn Prince) und ihr Kumpel Henry (Christian Convery), die sich beim Schuleschwänzen ausgerechnet dort herumtreiben, wo dem Bären das Kokain auf den Kopf gefallen ist, Dee Dees Mutter (Keri Russell), die sich auf die Suche nach ihrer Tochter macht, sowie natürlich die Kokaindealer, die ihre wertvolle Fracht wiederfinden wollen. Antagonist des Films ist Gangsterboss Syd (Ray Liotta), der sich mit seinem gutmütigeren Sohn Eddie (David Aldenreich) darüber auseinandersetzen muss, ob das Kokain den Einsatz des Lebens wirklich wert ist. Cocaine Bear ist einer der letzten Filme, in denen man Ray Liotta sehen kann. Der Schauspieler, der durch die Hauptrolle in Scorseses Goodfellas bekannt wurde, ist 2022 gestorben.

Familienfreundliche Unterhaltung ist das Ganze nicht: Der Bär lässt ordentlich Blut fließen, und auch die burschikose Parkwächterin schießt schon mal einem der kriminellen Jugendlichen, die ihren Park terrorisieren, versehentlich in den Kopf. Cocaine Bear hält, was seine Prämisse verspricht: Es gibt reichlich Bärenaction und reichlich Kokain. Einmal kann man den Bär direkt beim Konsum beobachten. Da wird sich dann freudig über den Waldboden gewälzt. Auch Bärenjunge sind zu sehen, die von oben bis unten in weißes Pulver eingeschneit sind – falls man das schon immer mal sehen wollte.

Die verhandelten Familienbeziehungen verleihen dem Film im Finale die nötige emotionale Erdung. Über den Großteil der Laufzeit ist die Hauptfigur aber ganz klar der Bär. Das Thema lautet „Mensch gegen Natur“, erinnert an australische Outback-Horrorfilme wie Razorback und Long Weekend, und die von Elizabeth Banks versprochene Rache wird eingelöst. Handwerklich werden hier freilich keine neuen oder auch nur sonderlich interessanten Pfade betreten. Aber nicht jede Horror-Prämisse, die einen Internet-Hype auslösen kann, kann auch einen so charmanten Film produzieren. Winnie the Pooh: Blood and Honey sollte sich vor Cocaine Bear besser auf einem Baum verstecken.

Cocaine Bear (2023)

Als ein Flugzeug mit einer Ladung Koks abstürzt, steppt plötzlich der Bär in den Wäldern Georgias. Alle machen sich auf die Suche, denn wer zuerst kommt, … frisst zuerst! Ein Schwarzbär findet das weiße Pulver und hat den Trip seines Lebens. Völlig zugedröhnt tobt er durch den Wald auf der Suche nach mehr Kokain, Honig oder Blut!

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Meinungen

Danny · 14.05.2023

Eigentlich ist es schon eine Frecheit sowas von einem Namenhaften Studio drehen zu lssen .Und das sogar fürs Kino?Da gab es bessere Filme die nie eine Kinoauswertung gesehen haben.Ich finde es traurig was hier mit unter Amateurhaft abgedreht wird und solcher Müll auf Filmfans losgelassen wird.Da rettet auch kein Liotta irgendetwas."Mans Best Friend" oder "Anaconda" sind da heute noch tolle Filme dagegen.Hätte man das Ruder lieber A.Aja überlassen da hätte man wenigstens so einen gut gestricksten "Crawl " Horror gesehn
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