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Tate Taylor, bislang als Regisseur für ernste Stoffe, harte Action und Nervenkitzel bekannt, versucht sich an einer Komödie – und schart ein illustres Ensemble um Allison Janney. Unerwartet hart wird’s aber auch hier, was vielen auf die Nerven gehen dürfte.

Breaking News in Yuba County (2021)

Eine Filmkritik von Falk Straub

Schmalspurganovin

Filme wie dieser, mit mittlerem Budget, einer überschaubaren Handlung und Laufzeit und einfachen Figuren aus einfachen Verhältnissen, besitzen in Hollywood inzwischen Seltenheitswert. Spätestens seit dem Siegeszug der Comicverfilmungen wird jedes Genre auf seine Blockbuster-Tauglichkeit abgeklopft. Kaum eine Gaunerkomödie kommt noch ohne überlebensgroße Charaktere, atemberaubende Action und rasante Verfolgungsjagden aus. Fast jedes Heist Movie handelt vom allergrößten Coup – neuerdings sogar mit Zombies! Tate Taylors Film geht einen anderen Weg.

Sue Buttons (Allison Janney) ist das, was man im Deutschen wohl als graue Maus bezeichnen würde. Trotz ihrer beachtlichen Körpergröße wird sie von niemandem beachtet. Ihr Mann Karl (Matthew Modine) betrügt sie, ihre jüngere Schwester Nancy (Mila Kunis) kreist nur um sich selbst und ihren Job, und an Sues eigenem Arbeitsplatz, einem Callcenter, muss sie sich permanent am Telefon beleidigen lassen. Irgendwann hat Sue genug und nimmt die Selbsthilfesprüche, die sie sich tagtäglich anhört und wie ein Mantra nachbetet, wörtlich: „Meine Geschichte ist wichtig, ich bin wertvoll.“ Die graue Maus wird zu dem, was im Englischen attention seeker heißt.

Sue möchte nur ein wenig Aufmerksamkeit und findet diese im Fernsehen. Seit Tagen läuft dort der Fall eines verschwundenen Mädchens in Dauerschleife. Als Karl aus Sues Leben verschwindet, sieht sie ihre Chance gekommen. Erst meldet sie ihn bei Detective Cam Harris (Regina Hall) als vermisst, dann marschiert sie schnurstracks zu TV-Moderatorin Gloria Michaels (Juliette Lewis) ins Studio und verstrickt sich in die nächste Lüge. Denn Sue weiß ganz genau, wo sich Karl befindet. Und damit fangen die Probleme erst an.

Probleme bekommt irgendwann auch das Drehbuch. Autorin Amanda Idoko schrieb bislang an zwei Fernsehserien mit. Breaking News in Yuba County ist ihr erstes großes Skript. Und ziemlich lange ist es mehr als ordentlich. Zwar sind all ihre Nebenfiguren flach wie Flundern, funktionieren als archetypische comic reliefs aber ausgezeichnet – und verstricken sich mit zunehmender Spieldauer immer unentwirrbarer in Lügen und Geheimnisse. 

Neben den bereits erwähnten Figuren treten unter anderem auf: ein einfältiger, ehemaliger Kleinganove (Jimmi Simpson), der ein neues Leben als Möbelverkäufer angefangen hat, dessen gelangweilte Chefin (Wanda Sykes), die gern mal ein Verbrechen begehen würde, deren burschikose Ehefrau (Ellen Barkin), die rabiat zur Sache geht, ein fieser Gangsterboss (Keong Sim), der wie ein harmloser Grundschullehrer aussieht, dessen Tochter (Awkwafina), die nicht furchteinflößend genug aussieht, ihr Handlanger (Clifton Collins Jr.), der ziemlich furchteinflößend aussieht, eine dralle Geliebte (Bridget Everett), die bei all dem ein Wörtchen mitreden will, und die hochschwangere Frau (Samira Wiley) des ehemaligen Kleinganoven, die sich unerwartet brutal zur Wehr setzt. 

Allein die schiere Fülle an Figuren ist erstaunlich. Dass davon bis auf Allison Janneys Sue Buttons alle zu kurz kommen, ist nicht verwunderlich. Dementsprechend bleiben auch viele aus dem toll gecasteten Ensemble hinter ihren Möglichkeiten zurück. Und trotzdem läuft diese schwarzhumorige Krimikomödie eine Zeit lang erstaunlich gut, weil sie ruhig und konzentriert erzählt ist und sich nicht in unnötigen Schauwerten verliert. (Die irren Frisuren und Perücken sind der einzige, ausgesprochen komische Hingucker.) Bis dahin wähnt man sich in einer beschaulichen Welt, in der selbst all die bösen Buben und Mädchen keinen großen Schaden anrichten können, weil sie allesamt nur Schmalspurganov:innen sind. Dann fällt aus dem Nichts ein Schuss, und das zuvor mühsam Aufgebaute fällt in sich zusammen.

Breaking News in Yuba County hätte eine Mediensatire wie To Die For (1995), eine Gesellschaftssatire wie Cookie’s Fortune (1999) oder eine Gangsterfilmsatire wie Jackie Brown (1997) werden können. Grundzüge dieser Filme sind auch bei Tate Taylor vorhanden. Am Ende ist sein Film von allem ein bisschen, aber nichts richtig. Wer keinen tieferen Sinn und keine kritischen Untertöne erwartet, kann aber auch mit diesem Film seinen Spaß haben. Gegen Ende beweist Taylor immerhin, wie nah Ekel und Gelächter beieinanderliegen.

Breaking News in Yuba County (2021)

Nachdem ihr Ehemann unter mysteriösen Umständen verschwunden ist, bekommt dessen Gattin durch die von ihr eingeläutete Suchaktion eine Ahnung davon, was es bedeutet, eine Berühmtheit zu sein — und sei es nur in Yuba County. Doch ihr Wunsch, dass ihr Ruhm von Bestand sein möge, führt zu einer ganzen Reihe komischer Verwicklungen, die ihr Leben gründlich auf den Kopf stellen.

 

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