Biutiful (2010)

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Diese Widersprüchlichkeit namens Leben

Es gibt Filmtitel, die wecken Erwartungen – und unterlaufen diese dann auf ganzer Linie. Alejandro González Iñárritus neuer Film Biutiful ist für diese Strategie geradezu ein Musterbeispiel – denn schön im Sinne von erbaulich ist nichts an diesem Film. Und jedwede Form von Niedlichkeit, die die kindlich-schräge (und im Film durchaus begründete) Schreibweise des Titels andeutet, sucht man in dem niederschmetternd-wuchtigen Drama über den unausweichlichen Tod eines Mannes und seinen verzweifelten Kampf gegen dessen Unausweichlichkeit ebenso vergebens.

Uxbal (Javier Bardem) ist ein Mann mit vielen Fähigkeiten und Professionen – und nicht alle machen ihn zum klassischen Sympathieträger. Mühsam schlägt er sich mit kleinen Gaunereien durchs Leben, hält sich und seine kleine Familie eben so über Wasser und kommt trotz aller Durchtriebenheit doch nie auf einen grünen Zweig – was vielleicht daran liegt, dass er für das ganz große Geld, den ganz großen Coup nicht skrupellos genug ist. Denn trotz seiner windigen Geschäfte und schmierigen Kontakte gibt es eben auch noch den anderen Uxbal – jenen, der versucht, seinen Kindern ein guter Vater zu sein, der mit stoischem Gleichmut die Eskapaden seiner geschiedenen Frau Marambra (Maricel Álvarez)und ihre bipolare Störung erträgt. Und es gibt den Mann, der über eine Gabe verfügt, aus der er viel mehr machen könnte, wobei man lange Zeit nicht gewiss ist, ob die Kontakte mit den Verstorbenen, die Uxbal herstellen kann, nicht eine weitere Gaunerei ist.

Dann, beinahe aus heiterem Himmel, erhält Uxbal eine niederschmetternde Nachricht, die ein Durchlavieren und Herauswinden unmöglich macht – Krebs im Endstadium; es bleiben ihm nur noch wenige Wochen, vielleicht Monate. Mit dem Mut der Verzweiflung versucht er nun, sein desolates Leben wieder einigermaßen in den Griff zu bekommen und die Dinge so zu regeln, dass er in Ruhe „gehen“ kann. Doch je mehr er versucht, seinem unausweichlichen Schicksal doch noch etwas Gutes abzuringen, desto tiefer verstrickt er sich in Schuld und Elend. Uxbal aber gibt nicht auf, er kämpft bis zum letzten Atemzug gegen die Unbilden seines Lebens und seines Sterbens an.

Wer Iñárritus bisherige Filme gerade für die Kühnheit ihrer Narration, für die Verschränkung verschiedener Handlungs- und Zeitebenen und weit auseinander liegender Orte schätzt, dem wird Biutiful auf den ersten Blick recht konventionell erscheinen. Klammert man die rahmende Traumsequenz aus, in der Uxbal in einem kalten Winterwald seinem Vater begegnet, unterwirft sich der Film in nie zuvor bei Iñárritu gekannter Weise dem aristotelischen Diktum der Einheit von Zeit, Ort und Handlung.

Dennoch ist Biutiful weit entfernt davon, ein „einfacher“, ein „schlicht konstruierter“ Film zu sein, der seinen Blick beschränkt auf nur ein Thema oder nur eine Figur. Trotz zahlreicher Momente großer Nähe und Zärtlichkeit für seine Figuren, die der Regisseur mit scheinbaren technischen Unzulänglichkeiten spickt, als wolle er andeuten, dass die reine Technik die Macht der Gefühle niemals ausreichend auf Film bannen kann, verliert er niemals all die anderen Motive, Subtexte und Querverbindungen aus den Augen.

Auch stilistisch erweist sich Alejandro González Iñárritu hier ein weiteres Mal als großer Könner seines Fachs und eine der absoluten Ausnahmeerscheinungen des an Talenten reich gesegneten Weltkinos. Seine Bilder transportieren Härte und Zärtlichkeit, Schmerz und Elend und verlieren dennoch nie das Liebevolle, Intime der Situation aus den Augen. Stilistisch mischt er Naturalistisches und magischen Realismus zusammen, kombiniert einen wie immer furiosen Schnitt mit unglaublich expressiver Musik und erzeugt so einen Sog, eine Abwärtsspirale, der sich der Zuschauer nicht entziehen kann. Dieses „Kino der Überwältigung“, das ihn mit Regisseuren wie Darren Aronofsky verbindet, mag Manchem unter Umständen ein wenig zu viel sein, weil es auch dem Betrachter kaum einen Ausweg bietet, sich der Geschichte und ihrer Wirkung zu entziehen. Wie Uxbal fühlt man sich dem Fortgang der Geschichte, deren Ende wir die ganze Zeit über in erbarmungsloser Klarheit vor Augen haben, schutzlos ausgeliefert und an etlichen Stellen bis ins Mark erschüttert.

Es ist diese ungeheure Vielfalt und die Konsequenz, mit der der Regisseur die Ambivalenzen des Lebens und Sterbens Uxbals durchdekliniert, die aus Biutiful trotz der düsteren Thematik einen überaus anregenden, komplexen und vielschichtigen Film macht. Dessen schillernde Brillanz enthüllt sich erst ganz langsam und zeichnet sich nur schleichend aus dem Dunkel einer zutiefst desolaten Situation ab – dann aber wirkt sie umso länger nach. Biutifiul ist kein Film allein über das Sterben eines Mannes, sondern auch zugleich „eine Reflektion in und über das Leben“, wie Alejandro González Iñárritu selbst im Presseheft zu seinem Film zu Protokoll gibt. Die Art und Weise, mit der der Regisseur die Brüchigkeit des Lebens, und seine Fragilität in Bilder fasst, ist schlicht und im doppelten Sinne B-I-U-T-I-F-U-L.

(Joachim Kurz)

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Sehen so Gewinner aus? Wenn man vom großem Thema von Alejandro González Iñárritus neuem Film Biutiful ausgeht, muss man diese Frage wohl entschieden verneinen.

Uxbal (gespielt von Javier Bardem) ist ein Gauner aus Barcelona, der sich mit verschiedenen Deals und halb- bis illegalen Geschäften mühsam über Wasser hält. Er lebt getrennt von seiner Frau Maramba (Maricel Alvarez), die unter einer bipolaren Störung leidet, und sorgt sich liebevoll um seine beiden Kinder Ana und Mateo. Dann aber kann er die Schmerzen im Unterleib, die er seit mehreren Monaten hat, nicht mehr länger ignorieren und sucht einen Arzt auf, der ihm nach einigen Untersuchungen die Mitteilung machen muss, dass er Prostatakrebs in einem weit fortgeschrittenen Stadium hat und dass ihm nur noch wenige Monate zu leben bleiben. Geschockt von der Hiobsbotschaft versucht Uxbal, sein ziemlich chaotisches Leben in Ordnung zu bringen und für seine Kinder eine einigermaßen erträgliche Zukunft zu ermöglichen. Doch alle Versuche scheitern, führen in Sackgassen und sorgen dafür, dass Uxbal nur noch mehr Schuld auf sich lädt, da er sich unwissentlich für den Tod von 25 illegalen Einwanderern macht. Selbst der Versuch, sich mit Maramba auszusöhnen und aus ihr doch noch eine gute und verantwortungsvolle Mutter zu machen, ist nicht von Erfolg gekrönt. Und so muss Uxbal mit dem Wissen in den Tod gehen, dass er beinahe alle seiner Angelegenheiten nicht regeln konnte.

Biutiful ist trotz seines eher heiteren Titels Iñárritus bislang bedrückendster und düsterster Film – ein niederschmetterndes Drama, das Uxbals Barcelona von einer Seite zeigt, wie man die Stadt selten zu sehen bekommt. Dreckig, verkommen und voller verlorener Seelen, die nach Erlösung suchen, ist die Metropole kein Sehnsuchtsort, sondern viel mehr ein Sinnbild der Hölle auf Erden. Ungewohnt geradlinig und ohne die Verschachtelungen seiner bisherigen Filme schildert der Regisseur den Weg seines Protagonisten als Abwärtsspirale, in der es kaum einen Platz für Hoffnung gibt. Und dennoch gibt es Szene und Momente voller Zuversicht und Mitmenschlichkeit, kleine Glanzlichter in diesem Meer von Düsternis.

Mit sparsamer, aber wie stets ungeheuer intensiver Musik und einem Hauptdarsteller Javier Bardem, der zum zweiten Mal nach Das Meer in mir eindrucksvoll einen Totgeweihten spielt, zählt dieser Film bislang zu den aussichtsreichen Kandidaten auf eine Goldene Palme in Cannes. So könnte diese Geschichte eines kleinen Gauners und großen Loser am Ende zu den großen Gewinnern des 63. Filmfestivals von Cannes gehören. Vielleicht wäre das eine Art von ausgleichender Gerechtigkeit für den ungeheuren Leidensweg von Uxbal, dessen Sterben und sein verzweifelter Kampf uns zu Tränen gerührt haben.

(Festivalkritik Cannes 2010 Joachim Kurz)

Biutiful (2010)

Es gibt Filmtitel, die wecken Erwartungen – und unterlaufen diese dann auf ganzer Linie. Alejandro González Iñárritus neuer Film „Biutiful“ ist für diese Strategie geradezu ein Musterbeispiel – denn schön im Sinne von erbaulich ist nichts an diesem Film.

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Meinungen

Oki · 06.06.2011

... klasse Film ! :-(

Oki · 06.06.2011

‎147 minuten.... gefesselt !
Ich weiß nicht ob es Melancholie im Film ist, oder die Lethargie vom Hauptdarsteller...!? Ich weis nicht ob es so bezeichnet werden kann. Aber nein irgendwie keins von beidem und irgendwie doch.
Ich weiß nicht wie ich meine ergriffenheit

Kino-fan · 02.06.2011

Der forcierte Realisumus in Bildsprache und Stil geht mit der schieren Häufung der Schicksale in diesem Film kaputt. So sehr Bardem großes vollbringt, das nimmt man Iñárritu im Gesamtbild nicht mehr ab. Wobei die okkulte bzw. transzendente Seite der Geschichte sehr gefangen nimmt.

Feldmann · 25.05.2011

Brutal und gleichzeitig schön und rührend, nie zuvor habe ich 147 Minuten lang so gelitten

Dirk · 22.05.2011

Mir geht es wie Mona M. Ein unglaubliches Werk, ich habe so einen Film noch nicht gesehen! Ich bin noch heute, einen Tag später tief bewegt und mir kommen beim Denken daran die Tränen. Der reale Alltag bestimmter Menschen in einer, wie man meint, wohlhabenden europäischen Großstadt ist erdrückend. Ihre menschlichen Fehler, die Ungerechtigkeiten und ungewollten Verletzungen, die sie den ihnen nahen Personen - auch den Kindern antun, zeigt ein wirkliches Leben so wie es für Einige oder auch Viele (z.B. die Immigranten oder Menschen wie Uxbal, die sich täglich durchschlagen müssen, ohne sich den Luxus des moralisch "Richtigen" leisten zu können) Wirklichkeit ist. Ein solcher Kapitalismus besitzt keine Rechtfertigung (siehe aktuelle Proteste in Spanien).
Als Vater eines kleinen Jungen bin ich auch persönlich tief erschüttert - was für eine herzzerreißende Situation.
Eine filmkritische Bewertung oder Vergleiche mit anderen Filmen von Inarritu sind aus meiner Sicht nicht sinnvoll. Es geht um die Auseinandersetzung mit dem inhaltlichen Thema. Das ist Kunst im besten, ursprünglichen Sinne. Ein Oscar kann diesem Film gar nicht gerecht werden. Ich bin froh, dass Inarritu und vor allem Bardem dem Film eine gewisse Aufmerksamkeit und ein über die Independent-Szene hinausgehendes Publikum sichern. Diesen Film sollte jeder sehen und fühlen!

Herge Buyther · 13.04.2011

zunächst @ Betti: es ist das erstemal, dass ich von jemanden anderen höre, der auch Perdita Durango ergo Javier Bardem einfach großartig findet. Endlich! :o)

Der Film hat mich selbst auch umgehauen. Er ist hart, gnadenlos und von unergründlicher Hoffnung. Und er hat mich als Mittdreißiger Familienvater zum Heulen gebracht. Aber so, wie ich es von mir selbst noch nicht erlebt habe.
Wie gesagt, keine einfache Kost, aber großartig!

Peter · 31.03.2011

Ein Film, der viel zu viel will und unter diesem Wollen letztlich zusammenbricht. Der seine Figuren von einer Not in die nächste hetzt, ohne sie wirklich ernst zu nehmen, ohne ihre Geschichten wirklich und vor allem wirklich originell zu erzählen. Der seinem Hauptdarsteller die große Bühne bereitet und dabei fast alle übrigen zu Zinnsoldaten degradiert. Der den Zuschauer ganz hart anfasst, und nur ganz selten wirklich berührt. Dessen visuelle Kraft am Ende in einer leeren Geste verpufft.

Astrid Eichstedt · 31.03.2011

Inarritus schwächster Film, wie einer meiner Vorredner behauptet? Sicher nicht. Meiner Ansicht nach hat der mexikanische Regisseur ein weiteres Mal bewiesen, was für ein herausragender Künstler er ist. In seinen drei vorigen Arbeiten knüpft Inarritu diverse lose Handlungsstränge, deren schicksalhafte Verwobenheit sich erst später zeigt. Dann erfahren wir, wie alles mit allem zusammenhängt. Abgesehen davon, dass die vierte Variation einer solchen filmischen „Erzählform“ womöglich aufgesetzt gewirkt hätte, wollte Inarritu diesmal offenbar eine Person in den Vordergrund stellen. In „Biutiful“ erzählt er die Geschichte von Uxbal, einem Barceloner Halbkriminellen, der sich mal mehr, mal weniger vergeblich an einem wahren Leben im falschen abarbeitet, der mit den Toten spricht und selbst einem unaufhaltsamen Ende entgegengeht. Einem Ende allerdings, das ihn in gewisser Weise wieder an den Anfang führen wird. Auch in „Biutiful“ ist die Handlung komplex. Auch hier hängt alles mit allem zusammen, oder besser: greift eins ins andere.

Die Hauptfigur verschmilzt völlig mit ihrem Darsteller. Javier Bardem ist Uxbal. Man sieht ihm an, dass er viel erlebt hat, sein leicht vornübergebeugter, leicht schleppender Gang lässt vergessen, dass wir einen Schauspieler vor uns haben. Auch die Schauplätze wirken höchst real. Mich hat die Beiläufigkeit beeindruckt, mit der hier Armseligkeit und Hässlichkeit als der selbstverständliche Lebensraum der auftretenden Personen gezeigt wird. Keine Zeigefinger-Regie, keine an den Zuschauer gerichteten Erklärungen. Nichts wird ausgestellt, alles ist wie es ist und deshalb sind wir, wenn wir uns darauf einlassen, ganz nah dran, mitten in einer fremden Welt.

So scheint mir „Biutiful“ auch ein Film über die Wahrnehmung zu sein. Besonders deutlich wird das in der Szene der angeschwemmten Leichen. Zuerst sieht man nur das wogende Meer, dann scheinbar ein einzelnes dunkles Stück Treibgut, darauf mehrere, die erst als Körper sichtbar werden, als sie an den Strand geschwemmt werden. Ein denkwürdiges Sinnbild für die Wirkung von Vorurteilen und oberflächlicher Wahrnehmung. „Biutiful“ führt uns vor, wie das Gegenteil funktioniert.

Denkwürdig ist auch die filmische Umsetzung des Polizeieinsatzes. Eine Verfolgungsszene, wie ich sie beklemmender im Film wohl nie erlebt habe. Kamera, Ton und Schnitt erzeugen eine Intensität und einen Realismus, der die Leinwand nahezu sprengt. Man könnte noch viel zu diesem Film sagen, etwa über seine magischen Szenen, über den in seiner Schreibweise mehrdeutigen Titel oder über den sparsamen, kongenialen Einsatz der Musik. Alles in allem ist dies einer der besten und sicher einer der im unkitschigen Sinne berührendsten Filme, die ich je gesehen habe.

projekt2501 · 25.03.2011

Mich stört, das Uxbal so gut ist, wo er doch seiner Stellung nach so schlecht ist. Er ist nur ein dramaturgisches Konstrukt, um den wehleidigen Blick auf die Beschissenheit der Dinge zu offenbaren.

Gabriele Klesse · 24.03.2011

Ein aufwühlender, erdrückender Film, der den Auslandsoscar verdient hätte.

Mona M. · 22.03.2011

Dieser Film ist wirklich gewaltig. Er erzählt vom Leben als gäbe es keinen Morgen. Er ist nackt und fragil,raubt dir die Hoffnung und schenkt sie dir sogleich. Erschütternd lieblos und dennoch voller Kraft und Liebe. Ein Bardem der Haltlosigkeit bis ins Blut verkörpert. Ein Über- sinnlicher Inarritu. Eine Kamera die mit den Narben ihrer Charaktere spielt. Ein Kunstwerk! Sein bester Film. Mein Lieblingsfilm seit gestern. Ever.

Betti · 21.03.2011

Ich kann mich Alexander nur anschließen - in allem. Ich habe Biutiful gestern gesehen und war überwältigt, ergriffen, begeistert, bewegt... und am Ende verheult. Seit Perdita Durango finde ich ja Javier Bardem großartig, aber jetzt spätestens hätte er den Oscar bekommen müssen. Ohne Kitsch, ohne Sentimentalität spielt er diese anspruchsvolle Rolle - von mir bekommt der Film 6 Sternchen!!

Alexander Klas · 20.03.2011

Ich habe heute Biutiful im Kino gesehen. Ja was soll man sagen?
Erstmal bin ich mehr als erstaunt, dass es der Film nicht in die gängigen Kinos geschafft hat. Mir war schon klar, dass nicht die größte Marketing-Maschinerie aufgefahren wurde, wie z.Bsp. bei Babel, aber, dass der Film bei uns in Bremen nur in einem kleinen Indipendent-Kino gezeigt wird, macht mich doch ein wenig traurig und spiegelt die Pop-Kino-Kultur doch gut wieder. Viel zu oft, wird so wichtiges Kultur-Gut,großartige Filme etc. zurückgehalten…traurig.

Aber nun zum Film: Der Film ist sehr gut, aber trotzdem Iñárritus schwächster Film.

Warum? Iñárritus Filme lebten bis jetzt davon eine formal komplexe Struktur aufzuweisen. Viele Charaktere, viele Handlungsstränge und keine feste Chronologien. Leider fehlt dieser Aspekt dem Film. Der Film lebt von Javier Bardem. Er ist die einzige Macht in diesem Film und zugleich der ganze Film. Die schauspielerische Leistung ist immens. Bardem schafft es in über 2 Stunden dem Zuschauer zu vermitteln, dass sein Leben ruiniert ist. Es ist diese ganz spezielle erdrückende Skepsis und Niedergeschlagenheit, die er da zeigt. Man glaubt ihm einfach. Zu keinen Moment im Film hat man das Gefühl, dass es irgendwann eine Wendung im Film geben wird. Die Negativität wird immer größer und eine aufhellende Stimmung wird im Keim erstickt. Biutiful ist ein wirklich dreckiger Film. Nicht nur die Viertel Barcelonas sind heruntergekommen, ja auch dieser besagte Schmutz und Dreck findet sich in den Charakteren wieder. Bardem spielt einen gebrochenen Mann. Gebrochen im Körper und erstrecht in der Seele. Man weiss schon sehr früh, dass es kein gutes Ende nehmen wird und dieser Aspekt sorgt leider dafür, dass sich auch der Spannungsbogen nicht wie gewollt aufbaut. Die musikalische Inszenierung ist auf gleichem Niveau wie schon bei Babel oder 21 Gramm – Daumen hoch! Hier wurde alles richtig gemacht. Ähnliches gilt für die Kamera-Führung. Der Handkemara-Stil ist ähnlich wie bei Iñárritus anderen Filmen und Kenner werden sofort das Iñárritu-Feeling bekommen. Ich muss aber noch mal auf Bardem zurückkommen: Wie verdammt gut ist eigentlich dieser Kerl? Es ist wirklich seine beste Rolle und es ist eine Schande, dass er nicht den Oscar für den besten Hauptdarsteller bekommen hat. Dieser Film ist eigentlich nur mit Bardem möglich gewesen. Eine bessere Besetzung hätte es nicht geben können.

Wie fandet ihr den Film? (falls ihr ihn gesehen habt)