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Sahra Wagenknecht – geliebt und gehasst. Sandra Kaudelkas Dokumentarfilm „Wagenknecht“ möchte nun ihre menschliche Seite zeigen und verliert sich dabei in der Positionslosigkeit.

Wagenknecht (2020)

Eine Filmkritik von Lucia Wiedergrün

Im Aufstehen begriffen

Zwei Jahre, vom Bundestagswahlkampf 2017 bis zum Rückzug Sahra Wagenknechts als Fraktionsvorsitzender der Linken 2019, hat Sandra Kaudelka für ihren Dokumentarfilm „Wagenknecht“ die ehemalige Spitzenpolitikerin in ihrem Arbeitsalltag begleitet. Es sind bewegte Jahre. Die Partei schafft das zweitbeste Wahlergebnis ihrer Geschichte und droht dennoch an internen Machtkämpfen zu zerbrechen. Gerade eine gemeinsame Haltung gegen das Erstarken rechter Kräfte im Land zu finden, bereitet der Partei Probleme. Sahra Wagenknecht ist dabei stetes Zentrum der kontrovers geführten Debatten. Was nach einer spannenden dokumentarischen Herausforderung klingt, bleibt in Kaudelkas Film leider auf der Oberfläche stehen.

Wagenknecht gewährt durchaus persönliche Einblicke in ein Leben in der Spitzenpolitik. Das Filmteam begleitet die Politikerin bei Wahlkampfveranstaltungen und Bundestagsdebatten, aber auch zu Interviews und Arbeitsmeetings. Auf biografische Hintergründe wird dabei gänzlich verzichtet. Kaum greift das Filmteam fragend ein, meistens beobachtet die Kamera einfach das Geschehen. Auch Interviews mit politischen Weggefährt*Innen oder Kontrahent*Innen sind selten. Gerade vor dem Hintergrund der ausgetragenen Konflikte vermittelt sich so ein recht einseitiges Bild der politischen Situationen.

Diese Einseitigkeit wäre vielleicht nicht einmal schlimm, würde der Film seiner Protagonistin dafür wirklich nahekommen. Leider gelingt ihm dies kaum. Weder die Momente im Auto zwischen den Terminen noch der kurze Besuch bei ihr zuhause, schaffen es die Distanz aufzubrechen und lassen daher die Frage zurück, warum sie überhaupt im Film auftauchen. Obwohl Wagenknecht seiner Protagonistin so nahesteht, scheint diese kaum zu Wort zu kommen. Bezeichnend dafür sind auch die vielen gefilmten Interviews mit Journalist*Innen, deren Gesprächen mit Wagenknecht der Film nichts hinzuzufügen scheint. Seine besten Momente hat der Film in der Konzentration auf den Arbeitsalltag einer Spitzenpolitikerin, doch scheint der Film auch diesem Strang nicht konsequent genug nachzugehen. So wird auch hier der Fokus immer wieder auf die größeren politischen Fragen gelegt, ohne dass diese in ihrer Breite und Komplexität aufgegriffen werden könnten. Wagenknecht wirkt daher unentschlossen in seinem Mäandern zwischen Privatem und Professionellem, zwischen dem Menschen Sahra Wagenknecht und der Fraktionsvorsitzenden.

Je stärker die politischen Spannungen im Land und innerhalb der Partei zunehmen, desto irritierender wirkt die nicht vorhandene Verortung des Films. So werden zwar die Auseinandersetzungen um die Bewegung Aufstehen dokumentarisch begleitet, deren Ziele und Organisation bleiben aber eine Leerstelle. Immer wieder ist in den Gängen des Bundestages und im Gespräch mit Wagenknechts Mitarbeiter*Innen die Forderung nach inhaltlichen Auseinandersetzungen zu hören. Auch der Film scheint nahezulegen, dass die notwendigen Debatten hinter persönlichen Anfeindungen zurückblieben, nur um diese dann ebenso schuldig zu bleiben.

Wagenknecht hätte vieles sein können. Eine Dokumentation der Arbeitsabläufe einer Bundestagsabgeordneten. Das persönliche Portrait einer Politikerin im Zentrum öffentlicher Auseinandersetzungen. Die Aufzeichnung eines Parteiensystems auf der Suche nach Positionen. Indem der Film versucht alles zu sein, geht ihm leider die notwendige Aussagekraft verloren. Stattdessen zeichnet Wagenknecht seine Protagonistin zunehmend als passives Opfer politischer Intrigen, eine Rolle, die einer streitbaren Frau wie Sahra Wagenknecht sicherlich nicht gerecht werden kann.

Wagenknecht (2020)

Der Film ist eine filmische Beobachtung von Arbeit in der deutschen Politik auf Parlamentsebene. Am Beispiel der Fraktionsvorsitzenden der Linkspartei wird unter ethischen Gesichtspunkten das Tagesgeschäft observiert.

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