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Er ist wieder da: Als Ex-Agent Robert McCall macht Denzel Washington erneut Jagd auf Verbrecher. Um Gerechtigkeit herzustellen, kämpft der „Equalizer“ dieses Mal nicht gegen russische Mafiosi, sondern gegen seinesgleichen.

The Equalizer 2 (2018)

Eine Filmkritik von Eugen Zentner

Der Equalizer ist zurück

Noch nie in seiner knapp 40-jährigen Schauspielkarriere war Denzel Washington in einem Sequel zu sehen. Als «Equalizer» Robert McCall bricht er mit dieser Tradition und kommt nun genauso martialisch zurück wie im ersten Teil. Dass der asketische Ex-Agent sein brachiales Handwerk nicht verlernt hat, demonstriert er gleich in der Eröffnungssequenz. 

Mit künstlichem Bart und weißer Kopfbedeckung sitzt McCall in einem Istanbul-Express und liest sich weiter durch die Weltliteratur, bis der richtige Zeitpunkt kommt, um einen Tee zu trinken. Im Bordrestaurant bestellt er wie gewohnt heißes Wasser und holt seinen in Serviette eingepackten Beutel hervor. Am Nebentisch sitzen mehrere türkische Bösewichte, deren Nähe er nicht zufällig gesucht hat. Dann geht alles ganz schnell: Die Fäuste fliegen, das Blut spritzt. Am Ende liegen drei Gangster mit aufgeschlitzter Kehle am Boden. Über ihnen stoppt McCall lässig seine Uhr und gibt dem übriggebliebenen Boss die Chance, das Richtige zu tun.

Innerhalb weniger Minuten ruft Regisseur Antoine Fuqua die wichtigsten Merkmale dieses postmodernen Robin Hoods ins Gedächtnis. Was ihn im ersten Teil so anziehend machte, war die Mischung aus bescheidener Genügsamkeit und energievoller Entschlossenheit. In der Fortsetzung schimmern die maßvollen Charakterzüge nur noch stellenweise durch. McCall wirkt gesprächiger, angriffslustiger, geselliger. Seine tieftraurigen Augen sind genauso verschwunden wie die hängenden Mundwinkel. Dafür scheint der ein oder andere coole Spruch hinzugekommen zu sein. An die Stelle von Melancholie, die den ersten Teil stimmungsvoll trägt, ist fast schon muntere Heiterkeit getreten. Auch von der Edward-Hopper-Atmosphäre ist nichts mehr zu spüren. Das liegt unter anderem daran, dass McCall nicht mehr täglich im Diner, sondern im Auto sitzt, weil er sich mittlerweile als Lyft-Fahrer verdingt.

Der neue Job gibt ihm reichlich Gelegenheit, auf Schurken aller Art zu treffen. Dass sie eine Abreibung bekommen, ist gewiss. Der ehemalige CIA-Agent fackelt nicht lange. Generell herrscht in The Equalizer 2 mehr Bewegung als zuvor. Dafür sorgen nicht nur die zahlreichen Auftragsfahrten des Superhelden. Auch die Handlung wechselt zwischen Boston, Washington, D.C. und Brüssel. Die europäische Metropole erweist sich dabei als überaus gefährlicher Ort, an dem eine perfide Verschwörung McCall dazu zwingt, sich erneut den Rambo überzustülpen. Dieses Mal kämpft er aber nicht gegen eine Armee russischer Mafiosi, sondern gegen seine ehemaligen Kollegen, exzellent ausgebildete Elitesoldaten, die noch immer Todeslisten abarbeiten – nur eben im „Privatsektor“. Als seine langjährige Freundin Susan (Melissa Leo) in diesem Ränkespiel kaltblütig ermordet wird, schwört McCall Rache.

Wieder nimmt sich Antoine Fuqua viel Zeit, seinen Protagonisten als unverbesserlichen Gerechtigkeitskämpfer und selbstlosen Helfer zu figurieren. Neben vielen Rettungsaktionen unterstützt McCall auch noch einen Holocaust-Überlebenden und nimmt den jungen Nachbarn Miles (Ashton Sanders) unter seine Fittiche, der Gefahr läuft, auf die schiefe Bahn zu geraten. Mit seiner unbesiegbaren Aura und dem ausgeprägten Drang, das Böse in der Welt auszurotten, mutet der Held jedoch sehr eindimensional an. Als Figur wäre er in einem Marvel-Blockbuster besser aufgehoben als in einem Film, der Rachethriller und Sozialdrama zugleich sein will. Es ist allein Denzel Washingtons Schauspielkunst zu verdanken, dass McCall trotz fast schon übernatürlicher Kräfte menschliche Züge trägt.

Wer auf pure Action aus ist, muss zwischendurch viel Handlung ertragen. Wer hingegen Gefallen an McCalls altruistischem Verhalten findet, stört sich vermutlich an den überbordenden Gewaltsequenzen, die bisweilen völlig absurd erscheinen. So will es zum Beispiel gar nicht einleuchten, warum die vier Bösewichte im Finale McCall genau zu dem Zeitpunkt ausschalten wollen, als gerade ein gewaltiger Wirbelsturm wütet. Als wäre das nicht unglaubwürdig genug, folgen sie ihm zu seinem ehemaligen Haus am Meer. Der Wind reißt Dächer von den Häusern, die Wellen überschwemmen die Küste, das Stromnetz kollabiert, aber McCall hat keine Probleme damit, in seiner Verschanzung Ventilatoren einzuschalten.

Damit keine Missverständnisse aufkommen: The Equalizer 2 hat durchaus seine Stärken. Der Film ist handwerklich solide, Washington überzeugt mit seiner zurückgenommenen, aber ausdrucksstarken Performance und Fuqua zeigt an manchen Stellen Esprit, wenn er mit popkulturellem Wissen spielt. Selbst die Kampfszenen zeugen von einer Kreativität, die nur Jackie-Chan-Filme übertreffen. Alles ganz unterhaltsam. Bloß es fehlt ein bisschen der Mehrwert.

The Equalizer 2 (2018)

Die Fortsetzung zu „The Equalizer“ über einen Agenten im Ruhestand, der sich als Auftragskiller anheuern lässt.

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