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Regiewechsel kurz vor Drehschluss, Gerüchte um einen unfähigen Hauptdarsteller — „Solo: A Star Wars Story“ stand nicht gerade unter einem günstigen Stern. Bestätigen sich die schlimmsten Befürchtungen um den neusten Anthologiefilm?

Solo: A Star Wars Story (2018)

Eine Filmkritik von Katrin Doerksen

Versuch abzuheben

Zu Beginn von „Solo: A Star Wars Story“ stehen ein Mann und eine Frau ganz am unteren Ende der Nahrungskette. Arm, ausgebeutet, täglich terrorisiert von der herrschenden Klasse auf einem tristen Planeten. Sie wollen vor allem eines: raus, frei sein. Er formuliert seine Pläne noch etwas deutlicher: Pilot werden. Der zweite „Star-Wars“-Anthologiefilm nach Rogue One klingt also anfangs durchaus wie eine klassische Aufsteigergeschichte. Aber Han Solo war schon immer irgendwo dazwischen.

Solo: A Star Wars Story nimmt uns mit in die frühen Tage des Schmugglers (Alden Ehrenreich) – bevor er zur legendären Figur der Rebellion wurde. Der Film stand nicht gerade unter einem guten Stern. Zwischenzeitlich hieß es, Harrison Fords Fußstapfen seien zu groß für Ehrenreich und 3 Wochen vor Ende des Drehs wurden nach internen Auseinandersetzungen die Regisseure Phil Lord und Chris Miller (The Lego Movie) gefeuert. Es übernahm Ron Howard, der sicher für solides Blockbusterkino steht, aber gewiss nicht für eine besonders eigenwillige Handschrift. Man fragt sich durchaus, wie ein Han-Solo-Film unter Lord und Miller ausgesehen hätte – die schlimmsten Befürchtungen bestätigen sich in den knapp zweieinhalb Stunden des resultierenden Films aber beileibe nicht.

Tatsächlich erinnert Solo: A Star Wars Story im Vergleich mit den jüngeren Filmen des Universums am ehesten an klassisches Hollywoodkino. Sanfter Weichzeichner, diffuse Farbwolken im Hintergrund – viele der Großaufnahmen könnten klassischen Epen entstammen, Lawrence von Arabien, gelegentlich auch Vom Winde verweht. Auch wenn Ron Howard im Kern eine heist story erzählt, setzt er auf symbolische und emotionale cues, ein bisschen auf kurzweilige Nummernrevue auch, weniger auf die ganz großen Überraschungen. Sein Film zieht sich vor den unerbittlich kritischen Star-Wars-Fans, die zuletzt mehrheitlich kein gutes Haar an Episode VIII — Die letzten Jedi ließen, auf sicheres Gebiet zurück. Er bietet Fanservice, geht mit altbekannten Figuren (Donald Glover beispielsweise spielt den jungen Lando Calrissian) liebevoll um. Nur Chewbacca, jetzt verkörpert vom finnischen Basketballspieler Joonas Suotamo, hat nicht mehr den charakteristisch x-beinigen Gang des 13 Zentimeter größeren Peter Mayhew.

Aber dass Solo: A Star Wars Story keine großen Risiken eingeht, bedeutet nicht automatisch Schlechtes. Zunächst einmal haben wir es mit einem wunderbaren Film über Maschinen und Schiffe zu tun, ihre Haptik, ihre Faszination, ihre Bedeutung. Der Planet, auf dem Han Solo und seine Freundin Qi’Ra (Emilia Clarke) sich befinden, sieht aus wie eine heruntergekommene Ölraffinerie. Man bewegt sich dort in Fahrzeugen fort, die nur ein paar Handbreit über dem Boden schweben und an die schwerfälligen Autokarossen der 1970er Jahre erinnern. Der erste Überfall des Films stürzt sich auf einen Zug und überhaupt weist in der ersten Stunde von Solo: A Star Wars Story nur selten einmal etwas darauf hin, dass man sich in einem riesigen Universum mit unzähligen Planeten befindet. Die Figuren scheinen schicksalhaft an ihren Ort gebunden, waten durch Matsch und stapfen wenig später durch Schnee. Das ändert sich erst, als nach einiger Zeit der heimliche Hauptdarsteller des Films auf den Plan tritt: der Millennium Falcon. Zuerst muss Han noch auf dem Rücksitz Platz nehmen, aber als Lando Calrissian das Gefährt endlich zum ersten Mal zündet, flimmert das Licht vorbeisausender Sterne in seinen Augen und ein ungläubiges Lächeln steht ihm ins Gesicht geschrieben. Der Film und seine Figuren lösen sich von ihren irdischen Fesseln. Das Schiff bedeutet ihnen Freiheit.

Das ist umso wichtiger, weil Solo: A Star Wars Story ähnlich wie schon zuvor Die letzten Jedi ein ausgesprochen starkes soziales Bewusstsein hat. Es sind düstere Zeiten, nicht nur auf dem Schrottplaneten von Han und Qi’Ra. Die politische Lage im Universum ist undurchsichtig, Bedrohungen lauern von allen Seiten. Wer nicht zahlungskräftig ist, lässt sich für ein bisschen Unterkunft und Schutz von Tyrannen ausbeuten und verbringt sein Leben im Elend. Eine Karriere in der Armee des Imperiums, in der Öffentlichkeit aggressiv beworben, scheint die einzig mögliche Perspektive. Nur gilt es mit der Zivilkleidung auch seinen eigenen Willen abzulegen.

In dieser Hinsicht erscheint es schon wieder ausgesprochen hintersinnig, dass Ron Howard letztlich nicht nur von einem Mann erzählt, der im Wortsinne versucht, auf eigene Faust abzuheben. Sondern dass auch das Objekt sämtlicher Begierden der verschiedensten Parteien im Film ein unermesslich wertvoller Treibstoff namens Coaxium ist. To Coax – jemandem schmeicheln, jemanden beschwatzen, überreden. Ein Zündstoff, wie gemacht für Han Solo, diesen ausgefuchsten Gauner. Man kann einfach nicht nicht angetan von ihm sein.

Solo: A Star Wars Story (2018)

Solo: A Star Wars Story“ erzählt von Han Solo und Chewbaccas Abenteuern bevor sie sich der Rebellen-Allianz anschlossen und beinhaltet unter anderem auch das Aufeinandertreffen mit Lando Calrissian. Für das Star-Wars-Spin-Off konnten Größen wie Emilia Clarke, Woody Harrelson, Alden Ehrenreich, Donald Glover, Clint Howard, Thandie Newton sowie Warwick Davis und Paul Bettany gewonnen werden.

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