Vom Winde verweht (1939)

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Montag, 8. Juni 2009, arte, 21:00 Uhr

Vor beinahe siebzig Jahren feierte dieses monumentale Epos seine Premiere, das nach wie vor zu den berühmtesten Werken der Filmgeschichte gehört, unzählige Male zitiert und auch nicht selten parodiert wurde und dessen markante Figuren nicht zuletzt dadurch geradezu ein Eigenleben jenseits der Dramaturgie zu führen scheinen: Vom Winde verweht nach dem gleichnamigen Roman von Margaret Mitchell, der 1937 ein Jahr nach seinem Erscheinen mit dem Pulitzer-Preis geehrt wurde.

Die wohlbekannte Geschichte um die so bezaubernde wie verschlagene Scarlett O’Hara – ganz hinreißend verkörpert von Vivien Leigh sicherlich das imposanteste Früchtchen der Leinwandwelten – hat sich mit ihrer opulenten Tragik vor dem Hintergrund des Amerikanischen Bürgerkriegs einen Platz als Mythos im Hollywood-Himmel erspielt. In prächtigen Kulissen und Kostümen geht es hier geballt um die ganz großen Themen von Liebe und Schmerz, Freiheit und Sklaverei, Freundschaft und Verrat, wobei grandiose Szenarien einer üppigen Statisten- und Komparsenschar das umfangreiche Ensemble beeindruckend flankieren: Das ist großes Kino par excellence voller emotionaler Explosionen mit wohligem Widerhall beim Publikum, der sich im legendären Erfolg des Films niederschlägt.

In vielerlei Hinsicht ist Vom Winde verweht, dessen aufwändige Inszenierung für die damaligen Zeiten auch technisch überzeugte, ein Werk der Superlative, dessen Rezeptions- und Wirkungsgeschichte mehr als nur ein Kapitel für sich darstellt. Manch einer, der den Film noch nie sah, glaubt sich dennoch mit einigen Sequenzen und Details vertraut, derart vagabundiert der Geist des Südstaaten-Epos durch die cineastischen Diskurse und Referenzen. Dennoch oder gerade deshalb zählt Vom Winde verweht mit seiner ebenfalls berühmten Filmmusik von Max Steiner zweifellos zu den Filmen, deren Sichtung unbedingt lohnt – und sei es auch nur, um die mächtige Faszination zu begreifen, die diesem Film bis heute eine entzückte Fangemeinde erhalten hat.
 

Vom Winde verweht (1939)

Vor beinahe siebzig Jahren feierte dieses monumentale Epos seine Premiere, das nach wie vor zu den berühmtesten Werken der Filmgeschichte gehört, unzählige Male zitiert und auch nicht selten parodiert wurde und dessen markante Figuren nicht zuletzt dadurch geradezu ein Eigenleben jenseits der Dramaturgie zu führen scheinen: Vom Winde verweht nach dem gleichnamigen Roman von Margaret Mitchell, der 1937 ein Jahr nach seinem Erscheinen mit dem Pulitzer-Preis geehrt wurde.

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Meinungen

Martin Zopick · 02.01.2024

Wenn ich das Jahr der Entstehung dieses Filmes sehe, 1939! muss mir immer noch ungläubig die Augen reiben. Zugegeben, es gibt keine zwei Meinungen über den Wert dieses Klassikers. Er hat einen festen Platz im Filmhimmel des Olymp. Nicht nur wegen der acht Oscars.
Der Plot ist komplex und voller Details, spektakuläre Massenszenen mit Feuersbrunst werden immer wieder von einem glutroten Himmel überdacht. Der historische Hintergrund ist der amerikanische Sezessionskrieg von 1861 – 1865, in dem es um das Ende der Sklaverei geht. Das Thema wird hier nur kurz gestreift. Entscheidend ist die Beziehung zwischen zwei Pärchen: Scarlett (Vivien Leigh) und Rhett (Clark Gable) sowie Melanie (Olivia de Havilland) und Ashley (Leslie Howard). Diese vier Figuren werden messerscharf skizziert, ihr Charakter sehr plastisch herausgearbeitet. Vielleicht macht das z.T. auch die Dauerwirkung (Kult) aus. Scarlett ist das verwöhnte Prinzesschen, das allen Männern den Kopf verdreht. Sie baggert auch Ashley an, selbst nachdem dieser Melanie heiratet und sie abgewiesen hat. Melly ist eine herzensgute, mitfühlende Seele. Scarlett stolpert in weitere unglückliche Ehen. Und immer wieder taucht Rhett auf und hilft ihr in prekären Situationen. Er ist als Kriegsgewinnler steinreich geworden. Scarlett wird Mutter (Bonny). Der Unfalltod des Kindes bedeutet das Ende der Ehe von Scarlett und Rhett. Er verschwindet im Nebel, in dem Medium, in dem Scarlett sich vielleicht zurecht zu finden versucht.
Die zahlreichen Nebendarsteller haben ausgiebig Gelegenheit für Komik, Witz oder weiterführende Einsichten zu sorgen. Hier wären Mammy und Prissy von den Bediensteten zu erwähnen, sowie Belle (Ona Munson), ein in die Jahre gekommenes Bordellmitglied mit Herz und Verstand, das die Doppelmoral der Gesellschaft geißelt.
In den Dialogen begegnet Rhett seiner Frau mit Zynismus, was ungeheuer modern wirkt, während Scarlett das zickige, unreife Landei bleibt. Sie lernt nichts dazu. Der Krieg bringt Leid, Tod und ökonomische Entbehrungen. Hier könnte sie sich emanzipieren. Doch sie geiert immer noch Ashley hinterher.
Das Ende wird so gekonnt aufgebaut, dass es einen nicht runterzieht, sondern zustimmendes Nicken provoziert. Bei aller menschliches Tragik verfolgt man den Abspann mit einem geläuterten Wohlgefühl. Ganz großes Kino! 1939!