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Gut sehen sie aus, die Überlebenden einer Apokalypse in der Peter-Jackson-Produktion „Mortal Engines – Krieg der Städte“. Aber besitzen sie auch Tiefe?

Mortal Engines: Krieg der Städte (2018)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Endzeit-Hipster

Gleich zu Beginn von „Mortal Engines – Krieg der Städte“ erfahren wir via Voice-over, dass es mit uns – der Menschheit von heute – leider zu Ende gegangen ist. Die Weltbevölkerung wurde größtenteils vernichtet; die Erde ist vergiftet. Nach dem sogenannten „60-Minuten-Krieg“ ist das Zeitalter der großen Raubstädte angebrochen: Auf der Suche nach den letzten Ressourcen rollen die mobilen Städte durch die unwirtlichen Landschaften; es gibt luxuriöse Varianten wie London, mit Museen und prächtigen Innen- und Außenräumen, und es gibt kleine, knarrende Modelle, die nicht selten von den Giganten einverleibt werden.

Die fahrenden Städte sind mit Sicherheit das Eindrücklichste an Christian Rivers’ Verfilmung des ersten Bandes des Mortal Engines Quartet – einer Tetralogie des britischen Autors Philip Reeve, die zwischen 2001 und 2006 erschien. Das von Peter Jackson (mit-)produzierte Werk, für das der Neuseeländer (wie auch schon für seine J.R.R.-Tolkien-Adaptionen und weitere Arbeiten) gemeinsam mit seiner Ehefrau Fran Walsh und Philippa Boyens das Drehbuch verfasste, bietet vom ersten Bild an hohe Schauwerte, denen man das hohe Budget in jeder Sekunde ansieht. Noch mehr als die Verfolgungsjagden und Einsätze unter freiem Himmel fasziniert die Gestaltung der beweglichen Städte – wenn wir etwa Einblick in die detailreich ausgestatteten Maschinenräume erhalten. Das ist feinster Steampunk – mit Liebe und Aufwand gemacht.

Wer nach visueller Überwältigung sucht, wird bei Mortal Engines zweifellos fündig und kann dabei zumindest das Gefühl haben, in diesem Bedürfnis von den Macher_innen ernster genommen und für klüger und interessierter gehalten zu werden, als dies etwa bei der (bisherigen) Transformers-Reihe der Fall ist. Vermeintlich nebensächliche Elemente – zum Beispiel eine Jacke aus Knöpfen oder eine Sammlung kaputter Dinge – geben dem Ganzen etwas Lebendiges.

In puncto Dramaturgie, Figurenzeichnung und Dialoge ist das Fantasy-Abenteuer indes doch recht schwach. Dass der Film kaum Humor und keinerlei Selbstironie hat, ist angesichts der zunehmenden Infantilisierung des Event-Kinos durchaus erfrischend; die Tatsache, dass im Universum dieser Erzählung Statuen der Minions als „amerikanische Gottheiten“ im Museum ausgestellt werden, ist einer von circa drei Gags während der gesamten Laufzeit. Problematischer ist, dass die klischeehaften Sätze, die hier ausgesprochen werden („Ich werde sie töööten!“), und die gewaltige Portion Pathos („Ich muss es tun – für meine Mutter!“) sehr oft unfreiwillig komisch wirken. So herrlich durchgeknallt wie beispielsweise Jupiter Ascending (2015) wird das Ganze aber leider nicht, wodurch ein Camp-Genuss verhindert wird. Die intendierte Wucht einiger Aussagen und der Musik von Junkie XL regt eher selten dazu an, sich irgendwie mitreißen zu lassen. Auch dass mit offensichtlichen MacGuffins wie einem schlüsselartigen Gegenstand, der eine gefährliche Quantenenergiewaffe stoppen kann, so umständlich und bedeutungsschwer umgegangen wird, tut der Spannung nicht gut. Wenn bei einem Twist gegen Ende frech bei einem anderen, äußerst populären Film-Franchise geklaut wird, wartet man vergebens auf einen doppelten Boden – es ist wirklich einfach nur einfallslos kopiert.

Dann sind da noch die Figuren. Die junge Hester Shaw (Hera Hilmar) will den fiesen Thaddeus Valentine (Hugo Weaving) umbringen, um damit ihre Mutter zu rächen. Der angehende Historiker Tom Natsworthy (Robert Sheehan) hält Hester zunächst davon ab, muss jedoch rasch Valentines wahres Gesicht erkennen. Mit der Kämpferin Anna Fang (Jihae) sind die beiden alsbald auf der Flucht und schließlich auf einer Rettungsmission; obendrein werden sie von dem Roboter Shrike (im Original gesprochen von Stephen Lang) verfolgt. Keines der Cast-Mitglieder macht einen schlechten Job; herausragende Schauspielleistungen bietet allerdings ebenso niemand. Hester, Tom, Anna und deren Truppe tragen stylishe Jacken und Mäntel sowie hippe Frisuren – die Post-Apokalypse ist modisch ganz weit vorne. Natürlich muss man bei einem Werk wie diesem keinen Naturalismus erwarten – etwas glaubhafter haben das Blockbuster wie Mad Max: Fury Road (2015) und, teilweise, die Tribute-von-Panem-Reihe (2012-2015) dann aber doch hinbekommen.

Mortal Engines: Krieg der Städte (2018)

„Mortal Engines“ basiert auf dem gleichnamigen Roman von Philip Reeve, der als erster Teil eines Zyklus aus vier Werken von einer Welt der Zukunft erzählt, auf der die Ressourcen knapp geworden sind. Deshalb herrscht zwischen den großen Metropolen der Erde ein Wettstreit um die begehrten Rohstoffe: Statt fest verankert an einem Ort zu sein, sind die Städte zu riesigen mobilen Maschinen geworden, die über die Erdoberfläche fahren — immer auf der Suche nach Ess- und Verwertbarem. Und von Zeit zu Zeit greifen die Metropolen einander auch an …

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