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Der Sohn eines Wikingerhäuptlings brachte seinen Leuten bei, die Drachen nicht mehr zu jagen und zu töten, sondern auf ihnen zu reiten. Im letzten Teil der Animationstrilogie, streben die Wege der Menschen und der feuerspeienden Wesen aber wieder auseinander.

Drachenzähmen leicht gemacht 3: Die geheime Welt (2019)

Eine Filmkritik von Bianka Piringer

Der coole Häuptling und sein wilder Freund

Auch an den starken Wikingerkriegern gehen die Veränderungen des Männerbilds nicht spurlos vorüber. Zumindest filmisch nicht, denn auf der Leinwand sind die Seefahrer mit den gehörnten Helmen nicht nur unsterblich, sondern werden sogar gelegentlich frisch-fröhlich von einem Zeitgeist umweht, den sie sich in Wirklichkeit niemals träumen ließen. In „Drachenzähmen leicht gemacht“ aus dem Jahr 2010 verspürt der Häuptlingssohn Hicks so gar keine Neigung, seinem Vater Haudrauf auf eine Weise Ehre zu machen, wie sie schon dessen Name gebietet. Der Junge besitzt Köpfchen, aber keine Muskeln, ähnlich wie schon der Titelcharakter der aus den 1970ern stammenden Zeichentrickserie Wickie und die starken Männer.

Aber in Hicks‘ Geschichte, die auf der Kinderbuchreihe von Cressida Cowell basiert, geht es nicht allein um den Kontrast zwischen einem gewitzten Jungen und Erwachsenen, die ganz und gar nicht allwissend sind. Mit dem an friedliche Kommunikation sogar mit den gefürchteten Drachen glaubenden Hicks zog vielmehr ein neuer Geist in das Wikingerdorf auf der Insel Berk ein, der sich sehr cool anfühlt. Der lässig parlierende Junge bewies den Wikingern, dass sie die Drachen nicht länger mit Waffengewalt in Schach halten, sondern nur ihre Vorurteile revidieren müssen, um mit den magischen Wesen auszukommen. Das bedeutet allerdings nicht, dass es in dem zur Trilogie ausgebauten Abenteuer aus dem Hause Dreamworks Animation keine Kampfaction mehr gibt. In der Fortsetzung von 2014 machte der Barbar Drago Jagd auf die Drachen. Und in Drachenzähmen leicht gemacht 3 – Die geheime Welt, bei dem wieder Dean DeBlois Regie führt und als Drehbuchautor fungiert, kreuzt nun der böse Drachenjäger Grimmel auf, der sich der Ausrottung der Nachtschatten-Drachen rühmt, um sich Hicks treuen Drachen Ohnezahn zu holen.

Aber die martialische Action und die Verfolgungsjagden in der Luft sind trotz ihrer Ausführlichkeit in diesem dritten Teil nur schmückendes Beiwerk für andere Inhalte. War Hicks im ersten Film der geistige Widersacher seines Vaters, so zögerte er im zweiten Teil, in die Fußstapfen des Häuptlings zu treten. Mittlerweile ist Hicks der Häuptling seines Stammes, aber sein Coming-of-Age-Prozess steht vor einer neuen Herausforderung. Denn das friedliche Zusammenleben von Drachen und Wikingern auf Berk gerät an seine Grenzen. Immer mehr Drachen suchen Zuflucht auf der überfüllten Insel. Und auch die Feinde wollen keine Ruhe geben.

Hicks und sein Stamm müssen sich eine neue Bleibe suchen, zunächst aber will der junge Häuptling die mythische, verborgene Heimat der Drachen finden, von der ihm sein Vater einst erzählte. Wenn es sie gibt, könnten alle Drachen dort künftig unbehelligt von den Menschen leben. Anlass für diese Überlegung ist wiederum das Erwachsenwerden Ohnezahns: Der schwarze Nachtschatten-Drachen hat sich bis über beide Ohren verliebt, in ein weißes Tagschatten-Weibchen, das gänzlich wild und ungezähmt ist. Auf einmal spürt Ohnezahn seine wahre Natur, die er in Gesellschaft der Menschen fast schon vergessen hatte, mit ungeahnter Intensität. Wenn das Tagschatten-Weibchen auftaucht, folgt er ihm, hoch in die Lüfte, im Rausch der Freiheit. Hicks begreift, dass Ohnezahn nicht länger zum Haustier, auf dem er reitet, bestimmt sein kann – aber es beschleicht ihn die Angst, dass er ohne den feuerspeienden, mutigen Gefährten nicht mehr viel vorzuweisen hat. Zum Glück aber ist Hicks‘ Freundin Astrid zur Stelle, um ihn moralisch aufzurichten.

Zu den schönsten und emotionalsten Szenen des Films gehört das wortlose Beschnuppern und Balzen der beiden Drachen. Der schwarze, salamanderartige Ohnezahn und sein schneeweißes weibliches Pendant umkreisen sich vorsichtig und wachsam wie Katzen. Auch ihre vielfältigen Laute hören sich an wie maunzen und fauchen, schnurren und klagen. Die elegante Balz ist voller heiterer Momente, denn der arme Ohnezahn weiß nicht so recht, wie ein wildes Drachenweibchen umworben werden will. Verglichen mit dieser elaborierten Drachenromanze bleibt die Beziehung von Hicks und Astrid nur knapp und eher nüchtern gezeichnetes Beiwerk.

Wie es sich für einen 3D-Film gehört, gibt es atemberaubende Flugsequenzen und luzide, bunte Landschaftsräume voller Attraktionen. Zu diesen gehören beispielsweise die Aufnahmen der Drachen von Berk, wie sie sich als große Schar in der Luft versammeln und dabei aussehen wie ein wundersames Mobile. Aber die Kameraführung und Montage engen den Blick und die Orientierung der Zuschauer auch stark ein. In flottem Tempo werden die Zuschauer quasi durch die Handlung geschleift, ohne nach links und rechts schauen zu können oder auf die Beantwortung offener Fragen hoffen zu dürfen. Manchmal ist es schwer zu erkennen, wer jetzt die Bösen und wer die Guten sind, wo sich die Handlung gerade abspielt, zu welchen Bauwerken und Formationen die räumlichen Ausschnitte gehören, die gerade durchmessen werden.

Die Unbeschwertheit und der heiter-ironische Ton der Dialoge sind auch für diesen dritten Teil charakteristisch. Die älteren Wikinger sind oft grobschlächtige, einfältige Männer, die norddeutschen Akzent pflegen, Hicks hingegen funktioniert als Vertreter einer universalen Generation, die sich unkompliziert und verträglich gibt. Er stürzt sich in seinem Wingsuit in die Tiefe und bildet sich trotzdem nichts darauf ein. Auch als moderner Tierrechtsaktivist könnte er durchgehen, aber der Handlung eine tiefgründige Botschaft zu unterstellen, wäre schon wieder vermessen. Dafür ist sie einfach zu flippig und zu knapp in ihren Hinweisen und Bezügen. Zusammenfassend bietet der Film also vergnügliche, visuell attraktive Unterhaltung mit Abzügen in puncto Verständlichkeit und Klarheit.

Drachenzähmen leicht gemacht 3: Die geheime Welt (2019)

Im dritten Teil des Animationsabenteuers entdecken Hiccup und Ohnezahn ihre wahr Bestimmung: Während der erste zum Herrscher über Berk wird, soll der Drache zum Anführer seiner eigenen Spezies werden. Doch während die beiden gerade dabei sind, den jeweiligen Platz einzunehmen, tauchen neue Gefahren auf — unter anderem in Gestalt eines weiblichen Nachtschatten-Drachen. Und diese Gefahren werden die Freundschaft von Hiccup und Ohnezahn auf eine harte Bewährungsprobe stellen. 

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