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Wenn sich Ed Helms und Owen Wilson als ungleiche Brüder auf die Suche nach ihrem Vater begeben, verspricht das einen unterhaltsamen Roadtrip. Was Regie-Novize Lawrence Sher in Wer ist Daddy? daraus macht, ist allerdings charakteristisch für das darbende Genre.

Wer ist Daddy? (2017)

Eine Filmkritik von Falk Straub

Zahnlose Zwillinge auf zäher Fahrt

Mancher erste Eindruck täuscht. Lawrence Shers Regiedebüt beginnt in einer Arztpraxis mit einem Blick in ein männliches Gesäß und einem miesen Witz über Prostatae und Geschlechtsorgane. Danach kommt seine Komödie mit erstaunlich wenig Fäkalhumor aus, die Witze allerdings bleiben auf konstant niedrigem Niveau.

Komödien leben von Gegensätzen, und gegensätzlicher könnten die zweieiigen Zwillinge Peter (Ed Helms) und Kyle (Owen Wilson) nun wirklich nicht sein. Der eine ein stets tadellos gekleideter Proktologe mit Stock in eben jenem Körperteil, aus dem er seinen Patienten schon mal ihre Autoschlüssel zieht; ein geschiedener Langweiler, der sich vor dem Einschlafen Aufzeichnungen alter Law & Order-Folgen ansieht und den selbst der eigene Sohn hinter seinem Rücken beschimpft. Der andere ein stets etwas zu schrill angezogener Surfer-Dude, der zeitlebens noch keinen Finger krumm gemacht hat und mit seinen zufällig erzielten Millionen auf Hawaii in den Tag hinein trödelt.

Zwei Figuren also wie aus dem Drehbuchbaukasten und wie gemacht für Ed Helms und Owen Wilson, die schon seit Jahren auf den zugeknöpften Spießer bzw. den eigentlich immer leicht verblödeten Sunnyboy abonniert sind. Mehr als Routine springt dabei allerdings nicht heraus, weil Regisseur Lawrence Sher und sein Autor Justin Malen weiter nach dem Baukastenprinzip verfahren und ein abgegriffenes Klötzchen ans nächste reihen.

Los geht es im Kreise der Familie, der idealen Brutstätte köstlicher Katastrophen. Peter und Kyle sind zur Hochzeit ihrer Mutter Helen (Glenn Close) eingeladen, bei der sie ihnen notgedrungen gesteht, dass ihr Vater noch am Leben ist. Der Glaube, er sei noch vor der Geburt der Brüder an Darmkrebs gestorben, ließ Peter erst zum Arzt werden. Doch nicht nur dessen Berufswahl stellt sich als Griff ins Klo heraus, bereits hier zeigt sich, dass Lawrence Sher keinerlei Gespür für Timing besitzt. Die Dialoge sind zäh, die Szenen viel zu lang.

Auf eine kurze Sinnkrise Peters folgt der gemeinsame Roadtrip mit dem heillos optimistischen Kyle. Der schreibt sich prompt noch eine weitere Mission ins Aufgabenheft: Neben ihrem wahren Daddy will er auch gleich eine Bettgefährtin für seinen Zwilling ausfindig machen. Denn der hat, wie es sich für eine Komödie dieses Schlags gehört, außer mit seiner Ex-Gattin keinerlei Erfahrung im Schlafzimmer.

Der erste vermeintliche Vater ist kein geringerer als der ehemalige Footballprofi Terry Bradshaw, der sich der Einfachheit halber als leidlich gelungene Karikatur gleich selbst spielt. Bradshaws aufgesetzte Naivität ist nur schwer zu ertragen und zum Glück schnell passé, als er sich, das Publikum ahnt es längst, doch nicht als Peters und Kyles Erzeuger herausstellt. Spätestens hier lässt der Film das letzte bisschen Kreativität fahren. Denn nun irren die ungleichen Brüder, das Publikum ahnt es erneut, von einem potenziellen Senior zum nächsten.

Auf den blauäugigen Ex-Sportler folgt ein abgehalfterter Finanzinvestor (J.K. Simmons), der sich mit Einbrüchen und Diebstählen durchschlägt, ein irischstämmiger Polizist (Jack McGee), auf dessen Beerdigung die Fäuste fliegen, und ein verschrobener Tierarzt (Christopher Walken), den nur ein Schuss aus dem Betäubungsgewehr stoppt. Mit den Oscarpreisträgern J.K. Simmons und Christopher Walken steigt das schauspielerische Niveau nur unmerklich, was das Publikum ausnahmsweise nicht ahnen kann. Simmons, der im Muskelshirt samt tätowierter Oberarme und Brilli im Ohr zumindest optisch für ein Schmunzeln sorgt, und Walken reihen sich ein in die Riege der namhaften Darsteller dieser Komödie, die allesamt sichtlich unmotiviert ihr Tagwerk verrichten.

Als ob die Konfrontation der Generationen nicht schon genug Stoff böte, bläht Justin Malen seine Geschichte mit überflüssigen Nebenschauplätzen auf. Manche davon, wie Kyles seltsame Begegnung der gelben Art, als ihm an einer Raststätte ein kleiner Junge im Wortsinn ans Bein pinkelt, wirken wie ein Appendix, der erst beim Dreh den Weg ins Skript gefunden hat. Bei anderen, wie der Episode mit einem Anhalter (Katt Williams), den die Brüder nur gefesselt (!) mitnehmen, nicht weil er schwarz, sondern weil er ein Fremder sei, schwanken die Zuschauer zwischen Irritation und Fremdscham. Hier stimmt weder das Timing noch die Stoßrichtung.

Als Kameramann war Lawrence Sher an zahlreichen Komödien beteiligt – von kleinen bis großen Produktionen, von erwartbaren Kassenschlagern bis Überraschungshits, von Garden State und Dan – Mitten im Leben! bis Hangover und War Dogs. Jede davon ist Wer ist Daddy? meilenweit voraus. Dass sich Sher bei den Dreharbeiten so wenig von seinen Kollegen abschauen konnte, erzeugt vielleicht das größte Kopfschütteln über diesen Film. Denn in seiner Formelhaftigkeit schwimmt er im Grunde nur im Strom der Einfallslosigkeit, der das US-amerikanische Komödienkino der großen Studios seit Jahren vorantreibt.

Wie die Charaktere jede auch nur ansatzweise gelungene Pointe zerreden und Sher selbst misslungene Pointen bis zur Grenze des Erträglichen zerdehnt, das hat das Publikum allerdings schon lange nicht mehr auf der Leinwand gesehen. Die beinahe zwei Stunden Laufzeit werden schnell so lang, dass es Mühe macht, unterwegs nicht einzuschlafen. Vielleicht, man traut es sich gar nicht aufzuschreiben, hätten etwas mehr Körperflüssigkeiten diese Komödie ja besser im Fluss gehalten.

Wer ist Daddy? (2017)

In Lawrence Shers „Bastards“ spielen Owen Wilson und Ed Helms zwei Brüder, die von ihrer exzentrischen Mutter in dem Glauben aufgezogen wurden, der Vater der Jungen sei gestorben. Später entdecken sie, dass das eine Lüge war. Und so machen sie sich auf, um ihren Vater zu finden, wobei sie über ihre Mutter erfahren, als ihnen lieb ist.

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