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Im vierten Teil der koreanischen Filmreihe fiebert man erneut dem Aufeinandertreffen von „Gut“ und „Böse“ in markerschütternden Faustkämpfen entgegen. Ein Film fürs Kino.

The Roundup: Punishment (2024)

Eine Filmkritik von Niklas Michels

Dreht den Bass auf

Seien wir doch mal ehrlich: Wir sind nicht wegen eines bahnbrechenden Narrativs oder einer subversiven Form hier. „The Roundup: Punishment“ ist ein Film fürs Kino, in dem der Ton zu laut und das Bild groß sein muss. Der nun vierte Teil der koreanischen Filmreihe lief erstmals auf der Berlinale. Bis jetzt waren die Filme vor allem Dauergast auf Genre-Festivals wie dem Fantasy Film Fest oder dem niederländischen Imagine Film Festival.

Ein Start-up-Milliardär, illegale Online-Casinos und das altbekannte hierarchische Netz aus NPCs und einem Gangsterboss – im vierten Teil der Reihe werden die Ort der Kriminalität teils ins Digitale verschoben. Ansonsten ändert sich nicht viel: breite Schultern und Faustschläge, diesmal auch einige Witze über Boomer, die das Internet nicht verstehen. Alle, die gerade herausfinden, dass es sich hier um einen vierten Teil handelt (das geht tatsächlich aus dem internationalen Filmtitel nicht hervor), seien unbesorgt; außer einigen an den inneren Kreis gerichteten Witzen, ist kein Vorwissen vonnöten, um die Polizeigewalt in The Roundup zu schauen. Gar besitzt jeder der Filme eine kleine Begegnung zu Beginn des Films, aus der Zuschauende eins mitnehmen sollen: Mit Ma Seok-do (Ma Dong-seok) sollte man sich besser nicht anlegen. 

Zuschauerinnen und Zuschauer bekommen, wofür sie zahlen. Wer die Filmreihe noch nicht kennt, dem sei einmal die Formel erklärt: Korrupte Verbrecherbanden, deren tätowierte Bosse stets überstark sind, werden vom unbesiegbaren Polizisten unter Bass-dröhnenden Schlägen niedergestreckt. Die Dramaturgie ist vollends im Entgegenfiebern auf den finalen Kampf verortet. Vergleiche zur Videospiel-Logik liegen auf der Hand.

Dabei handelt es sich nicht, wie etwa in besseren Superheldenerzählungen, um Antagonisten, deren Ideologie einer Perversion des Helden entspricht. Schnelles Geld, Macht – diese Schurken sind böse, weil sie eben böse sind. Da fällt es sofort leichter, den moralischen Kompass abzustellen und in Szenenapplaus auszubrechen, wenn Ma Seok-do einen der Drogendealer mit unverhältnismäßigen Mitteln in die Nähe des Todes prügelt. Jede Form von ideologiekritischer, marxistischer oder feministischer Lesart würde den Film in seine Einzelteile zerlegen, aber selbiges gilt letztendlich für viele Vertreter des Action-Genres.

Zeitgenössisch sticht im Action-Genre – sowohl in den Augen der Kritiker:innen, als auch des Publikums – vor allem eine, ebenfalls vierteilige Reihe heraus: John Wick. Oft schon wurden deren Neon-Choreografien mit Ballett-Tänzen verglichen. Wenn John Wick Ballett ist, dann ist The Roundup Techno, dessen Bassdrum jegliche Feinheit in markerschütternde Schläge verwandelt.

Wo liegt nun der Unterschied zwischen der John-Wick- und der Roundup-Reihe? In puncto Action und Brutalität muss sich keine vor der anderen verstecken. Doch entwickelt sich John Wick stetig weiter. Das Entgleiten der Welt, welche mittlerweile nur noch aus Auftragsmördern zu bestehen scheint, konfrontiert das Publikum mit einer Außensicht aus Selbstreferenzen, einer Welt, die man nicht verstehen kann. Währenddessen bleibt The Roundup Film um Film bei seiner (sicherlich erfolgreichen) Formel. Schauspieler Ma Dong-seok berichtete in der Pressekonferenz bei der Berlinale stolz, wie Tag und Nacht an einzelnen Stunts und Choreografien gefeilt wurde. Mehr ist zwischen dem ersten und dem vierten Teil jedoch nicht passiert. 

Ähnlich wie bei Godzilla Minus One (2023), wohnt diesem Film ein gewisser Nationalstolz inne, welcher stärker kritisiert werden würde, hätten wir es hier mit einem amerikanischen Film zu tun. Ästhetisch liefern die koreanischen (und teils philippinischen) Landschaften einen mehr als nötigen Gegenpunkt zum handelsüblichen Action-Abziehbild. Die Filmreihe, welche Marvel-mäßig nach beinah jeder Installation den Regisseur wechselt, wird sicherlich auch noch einen fünften, sechsten oder siebten Teil bekommen. Im Kern steht dabei nicht Regisseur oder Produzent, sondern Schauspieler Ma Dong-seok, welcher der Reihe eine Richtung gibt. 

Dass sich die Berlinale als allzu politisches Festival dem Genre anschmiegen möchte, ist erfreulich. Es ist nichts Neues mehr, dass einige Genrefilme wie Leuchttürme im Programm stehen. Mit The Roundup: Punishment errichtet die „Genrefizierung“ des Prestige-Festivals jedoch einen Höhepunkt.

Gesehen auf der Berlinale 2024.

The Roundup: Punishment (2024)

Bei den Ermittlungen zu einer Drogenhandel-App entdecken der Monster-Cop Ma Seok-do und sein Team eine Verbindung zwischen dem App-Entwickler, der auf den Philippinen getötet wurde, und einer illegalen Online-Glücksspielorganisation. Von den Philippinen aus kontrolliert Baek Chang-gi den koreanischen Markt für illegales Online-Glücksspiel und terrorisiert seine Geschäftspartner mit Entführungen, Überfällen und Morden. Sein Partner, das IT-Genie Chang Dong-cheol, hat noch größere Pläne für Korea. Um ihren Machenschaften ein Ende zu setzen, weitet Detective Ma die Operation aus und schmiedet dazu eine ungewöhnliche Allianz … Der vierte Teil der „Roundup“-Serie. (Quelle: Berlinale)

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