John Wick (2014)

Eine Filmkritik von Björn Helbig

Ultra-brutale Profikiller-Phantasmagorie

John Wick (Keanu Reeves), Profikiller a.D., will eigentlich den Rest seines Lebens in aller Ruhe mit seiner Frau (Bridget Moynahan) verbringen. Doch sie stirbt und der Verlust stürzt John in ein tiefes Loch. Trost findet er lediglich bei seinem jungen Hund, dem letzten Geschenk seiner Frau. Zumindest für kurze Zeit. Denn als der arrogante Junggangster Iosef Tarasov (Alfie Allen), Sohn des Bosses Viggo Tarasov (Michael Nyqvist), Johns Auto klaut, legt er dabei auch noch den Hund um. Natürlich sinnt der ehemalige Hitman auf Rache – und setzt damit eine Gewaltspirale ungeahnten Ausmaßes in Gang.

„Papa, da sind Monster im Haus…“ – mit diesen Worten beginnt Universal Soldier – Day Of Reckoning von John Hyams, ein Meisterwerk des postmodernen Actionkinos und düstere Dystopie gleichermaßen. Auch John Wick hat Monster in seinem Haus und auch ihm werden gleich am Anfang Dinge genommen, die er liebt. Und auch er ist, wie der Zuschauer bald feststellen wird, eine Kampfmaschine. Somit geht es auch in diesem Film ums Kämpfen und Töten. Doch wo Hyams trotz aller vordergründigen Brutalität mit erstaunlicher Sensibilität vorging und einen der cleversten Genrebeiträge der letzten Dekade erschuf, gibt es in diesem –freundlich gesagt ­– zwiespältigen Streifen des Duos David Leitch und Chad Stahelski, jenseits der stilisierten Gewalt nur wenig zu entdecken.

In seinen besten Momenten ist John Wick die horizontale Version von The Raid mit einer Prise The Tournament, wenig originell (man könnte auch sagen retro), dafür aber stylisch und phasenweise sehr energetisch – ein bleihaltiges, geradliniges Action-Ballett. Während man sich anfangs noch in einem realistischen Setting wähnt, wird bald klar, dass die Wirklichkeit des Films mit unserer nicht viel zu tun hat. Wir tauchen ein in die alternative Welt der Profikiller. Da werden Auftragsmörder von der Polizei hofiert, bewohnen eigene Hotels, die ganz auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind, können in Ruhe schalten und walten und müssen nur kurz zum Telefon greifen, damit der spezielle Säuberungsdienst à la Mr. Wolf aus Pulp Fiction ihre Schweinereien beseitigt. Das Ganze hat in seiner Einfachheit etwas von einem zweitklassigen Comic, was aber nicht nur einschränkt, sondern durchaus die Möglichkeit eröffnet, auch mal Fünfe gerade sein zu lassen. Leitch und Stahelski geben sich hier durchaus Mühe. Ein paar Sequenzen haben die Wucht, die so eine Geschichte braucht. Johns Stürmung des Clubs beispielsweise, in dem er zu Recht Iosef Tarasov vermutet. Hier spritzt das Blut, es fliegen die (Fleisch)fetzen, im Staccato wird gekillt, so dass der Zuschauer gar keine Zeit hat, sich die falschen Gedanken zu machen. Doch hinter dieser Oberfläche, auf der sich das ästhetisierte Töten dem Zuschauer zu stampfenden Beats anbiedert: gähnende Leere.

Die Lust am Kopfschuss füllt dieses Vakuum leider nur unzureichend. Ebenso Keanu Reeves, obwohl er als Actionheld nach wie vor eine fantastische Figur macht. Außerdem setzen Leitch, Stahelski und Drehbuchautor Derek Kolstad ihre infantile Killer-Phantasmagorie auch nicht ganz konsequent um. Fast wirkt es, als hätten sie kalte Füße bekommen und ihren Stoff sicherheitshalber noch mit Dialogen gespickt, in denen Gewalt als Quelle neuer Gewalt thematisiert wird und die Schwierigkeit, auszusteigen aus dem Arbeitsfeld der organisierten Kriminalität. Dem Zuschauer wird alles schön erklärt, aber diese kritischen Einwände zum Moloch der Gewalt werden durch lustvolles Gemetzel gleich wieder relativiert. Weiß hier die eine Hand nicht, was die andere tut? Oder geht es vielleicht sogar darum? Geht es um Dummheit? Denn obwohl die meisten Figuren des Films wie in Hyams Universal Soldier-Beitrag Monster sind, sind sie nicht gerade Intelligenzbestien. Ja, das ganze Schlamassel hätte auch verhindert werden können, wenn einer der „Kraftidioten“ mal nachgedacht hätte. Das Ergebnis wäre dann freilich weniger blutig und für die anvisierte Zielgruppe uninteressant gewesen. So aber ist der ganze Film ein wenig wie John Wicks Hund: Am Anfang noch der sentimentale Beagle mit rührseligem Blick, am Ende ein geistloser Kampfhund. Wie gesagt, vielleicht soll das ja so sein.
 

John Wick (2014)

John Wick (Keanu Reeves), Profikiller a.D., will eigentlich den Rest seines Lebens in aller Ruhe mit seiner Frau (Bridget Moynahan) verbringen. Doch sie stirbt und der Verlust stürzt John in ein tiefes Loch. Trost findet er lediglich bei seinem jungen Hund, dem letzten Geschenk seiner Frau. Zumindest für kurze Zeit.

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