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Aretha Franklin gilt als eine der wichtigsten Stimmen des Souls. Wie die ihr gewidmete Hommage der US-amerikanische Regisseurin Liesl Tommy zeigt, hatte sie ein bewegtes Leben. Daraus schöpfte sie offenbar die Kraft, sich auch als Künstlerin den nötigen Respekt zu verschaffen. 

Respect (2021)

Eine Filmkritik von Teresa Vena

Singen als Therapie

Aretha Franklin trägt den Beinamen „Queen of Soul“. Für viele gilt sie als die wichtigste Vertreterin dieser Musikrichtung, die sich in den 1960er Jahren in den USA etablierte. Doch der Weg bis zu ihrem Durchbruch in der Musikbranche war offenbar steinig, wie nun die Filmbiografie von Liesl Tommy aufzeigt. Es galt nicht nur Produzenten und Labels davon zu überzeugen, dass sie etwas Außergewöhnliches leisten konnte, sondern vor allem ihr unmittelbares Umfeld, ihren strengen Vater und einige ihrer genauso besitzergreifenden Ehemänner. Von diesem schwer erkämpften „Respect“ erzählt der Film. 

Das ausführliche und opulent inszenierte Drama, das sich zweieinhalb Stunden Zeit nimmt, die ersten 30 Jahre Franklins zu umreißen, setzt 1952 an. Als zehnjähriges Mädchen lebt Aretha mit ihrem dominanten Vater (Forest Whitaker), der als geschätzter Pastor durchs Land reist und regelmäßig einen Kreis aus Musikern und Intellektuellen der afroamerikanischen Gemeinde um sich schart. Arethas Mutter (Audra McDonald) ist Sängerin, doch leben die Eltern getrennt. Aretha wächst mit einem Beziehungsvorbild auf, das von ungleicher Machtverteilung und der Unterdrückung der Frau geprägt ist. Gleichzeitig nimmt Musik in ihrem Leben eine Rolle von existenziellem Gewicht ein. Lange Zeit ist es ihr egal, dass ihr Vater bestimmt, wann und was sie singen soll — Hauptsache, sie darf singen.

Ohne der echten Aretha Franklin ein schweres Leben absprechen zu wollen, in Respect dreht sich alles darum, die Vorstellung aufrechtzuerhalten, dass großartige künstlerische Leistung im Grunde nur aus einer geschundenen Seele entstehen kann. Diesen Mythos befeuert der Film mit jeder Szene, jedem dargestellten Rückschlag aus Franklins Jugend und frühen Erwachsenenzeit. Doch tappt er dabei gewissermaßen in eine selbst gestellte Falle, denn entstanden ist eine Art Katalog, ein bebilderter Lebenslauf, dessen Stationen fein säuberlich nacheinander aufgezählt werden, aber angesichts ihrer Menge abstumpfend wirken.

Zu diesem Bild von Kreativität passt auch die Idee, den Film zu dem Zeitpunkt enden zu lassen, an dem Franklin sich angeblich von ihren schlimmsten Dämonen befreit hat und den richtigen Weg für ihre Kunst findet. Wo Respect endet, knüpft der Dokumentarfilm Aretha Franklin: Amazing Grace an, der 2018 unter der Regie von Alan Elliott und Sydney Pollack nach dem Tod der Sängerin aus dem Originalmaterial eines Kirchenkonzerts Franklins von 1972 zusammengestellt wurde. Respect rekonstruiert Szenen aus diesem Konzert und nutzt sie, um dem bereits von Symbolik überladenen Film eine nochmals eine pathetische Klimax zu verschaffen. 

Der Film versucht, ein Gleichgewicht in der Behandlung des Musikalischen und des Biografisch-Psychologischen zu schaffen. Das Pendel schlägt aber immer wieder in die letztere Richtung aus. Minutiös behandelt die Geschichte jede von Franklins traumatischen Erfahrungen, die in der großen Mehrheit mit ihrem Verhältnis zu Männern zusammenhängen. Dies beginnt mit der Vergewaltigung, die sie als Elfjährige erfährt und die in eine Schwangerschaft mündet, und setzt sich in der Auseinandersetzung mit ihren gewaltbereiten Ehemännern fort. Dabei lässt das Drehbuch keinen Platz für Zweifel oder Zweideutigkeit. Das bedeutet nicht, dass die Gewaltszenen ausgeschmückt werden, aber dass die Bildsprache wenig subtil, vielmehr ziemlich plakativ ausfällt. Die Kamera hält beispielsweise besonders lange auf einem Gesichtsausdruck inne oder auf einer zusammengeballten Faust, damit der symbolischen Aussage der Mimik auch sicher jeder folgen kann. 

Die Rolle Aretha Franklins übernimmt Jennifer Hudson, die bereits in früheren Filmen eine Affinität zum Musikalischen (man denke an Cats oder Chi-Raq) bewiesen hat. Unbestritten liefert sie in Respect in Bezug auf den Gesang eine beeindruckend souveräne Leistung. Was aber die Verkörperung der Figur außerhalb davon betrifft, fällt eine sonderbare oder zumindest gewöhnungsbedürftige Interpretation von Franklins Sprechduktus und Gestik auf, zu denen Schmollmund, riesig aufgesperrte Augen und ein sich unsicher hin- und herbewegender Kopf gehören. Hier müsste man noch sorgfältig authentische Aufnahmen Franklins mit Hudsons Aretha vergleichen, um sich eine abschließende Meinung zu bilden. Auf jeden Fall zeigt sich auf dieser Ebene die Figur nicht glaubwürdig genug, da der kindlich-naive Einschlag, der ihr Hudson verleiht, dominiert.

Dieser Eindruck stört insbesondere dahingehend, als dass Respect sich nicht nur als Künstlerinnenporträt sieht, sondern vor allem darauf hinausläuft, Franklins Entwicklung zur selbstbestimmten Frau aufzeigen zu wollen. Die Wendung kommt dann doch etwas zu plötzlich, während sich der Film für die meisten anderen Aspekte aus der Geschichte sonst viel, an gewissen Stellen entschieden zu viel Zeit lässt – wenn es beispielsweise um ihre ungesunde Beziehung zu ihrem einen Ehemann Ted (Marlon Wayans) geht. Die Läuterung ihres Vaters geschieht im übrigen genauso abrupt. Am Ende implodiert die von Whitaker recht eindrücklich gespielte Figur einfach. Auch etwas merkwürdig ausgespart ist das Verhältnis von Franklin zu ihren Kindern. Gerade weil sich dadurch Parallelen zu ihrer eigenen Kindheit hätten ziehen lassen können. 

Respect ist auch Gesellschaftsbild, indem es zum Beispiel die Geschlechterrollenverteilung in den 1960er und 1970er Jahren oder die Stellung der Schwarzen thematisiert. Gewissermaßen ist der Film ein wenig ein Zeitdokument, das von den Emanzipationsbewegungen der Afroamerikaner*innen in den USA erzählt. Die offenbar persönliche Verbindung zwischen Franklin und Martin Luther King wird leider nur angedeutet. Über das Engagement Franklins für die Rechte der Schwarzen erfährt man an sich nicht viel. 

Insgesamt bedient der Film zu sehr den konventionellen Geschmack und hebt sich daher nicht wirklich von der Masse der in Hollywood beliebten biografischen Epen ab. Regisseurin Tommy geht in Bezug auf Bildsprache keine Risiken ein und setzt auf eine pompöse Inszenierung, di, genauso wie eine gewisse durchgehende Theatralik im Spiel der Darsteller auf Tommys bisher mehrheitliche Erfahrung als Bühnenregisseurin verweisen. Respect ist als Hommage an eine singuläre Persönlichkeit gedacht und wird ihr teilweise auch gerecht, doch das wiederholte Abgleiten ins Sentimentale wirkt ziemlich aufdringlich. Franklins Meinung wird man leider dazu nicht mehr erfahren.

Respect (2021)

Ein Biopic über die legendäre R&B-Sängerin Aretha Franklin, von den bescheidenen Anfängen im Kirchenchor ihres Vaters bis zu ihrem Aufstieg als Ikone des Soul.

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Meinungen

Dagmar · 09.12.2021

Der Film hat mich sehr berührt und der Gesang war gut.
Hätte auch gerne mehr über Rassismus und M.L. King gesehen .
Für die richtige Altersgruppe einfach eine Erinnerung und ein Mythos .