Rango

Eine Filmkritik von Lida Bach

Die Nacht des Chamäleon

Fear and Loathing. Aus dem sicheren Gefängnis auf der Rückbank eines Autos schleudert es das Hauschamäleon (Sprecher: Johnny Depp) in die Wüste. Der wilde wilde Westen stellt sich Gore Verbinskis bizarrem Helden von seiner tödlichen Seite vor. Die Flucht vor einem Raubvogel führt Rango in ein heruntergekommenes Wüstenkaff. Die Stadt heisst Dreck – so zumindest steht es auf dem Ortsschild. Die Bewohner sehen in dem Fremden aufgrund eines Zufalls ihren neuen Sheriff. Der Namenlose ist nun Rango. Gefährlicher als die Wasserknappheit wird Rango der verbrecherische Rattlesnake-Jake (Bill Nighy). Die Wandlungsfähigkeit der vermeintlich leichten Beute überrascht jedoch nicht nur die Giftschlange, sondern auch Rango selbst. Und über allem schwebt der Geist des Wilden Westens (Timothy Olyphant).

Wenn Rango und die Stadtbewohner als tierisch-amphibische Variation der Glorreichen Sieben in einen Kampf galoppieren, der sie in die ewigen Jagdgründe befördern könnte, ist dies auf mehr als einer Ebene Todesverachtung. Ungewöhnlich erwachsen fühlt sich Verbinskis Animationsfilm an – vor allem dank des respektlosen Umgangs mit dem Tod. Der Tod eröffnet die Haupthandlung und schwebt von Filmbeginn an wie ein Damoklesschwert über Rango. Während sein Namenspatron Django einen Sarg hinter sich herzieht, hat Rango einen Raubvogel wortwörtlich im Schlepptau. Die plakative Symbolik seiner filmischen Vorbilder aus dem Italo-Western überspitzt Regisseur und Co-Drehbuchautor Verbinski gezielt. Solchermaßen ad absurdum geführt, weicht das Markige der zitierten Vorbilder einer kritischen, aber durchaus charmanten Ironie. Die Stadtbewohner bewundern Rango für die Beseitigung einer Gefahr, die das Chamäleon selbst angelockt hat und hoffen auf ihn im Konflikt mit Jake, der durch Rango überhaupt erst eskaliert.

Die meisten Familienfilme unterhalten ausschließlich die kleineren Zuschauer. Rangos Leben hingegen steckt voller morbider Momente, über die auch das schon erwachsene Publikum herzlich lachen kann. Im Dämmerlicht windet sich das Scheitern gleich dem furchterregenden Rattlesnake-Jake zwischen Saloons und Holzbauten, die unzählige Spaghetti-Western heraufbeschwören, auch wenn sie aus weggeworfenen Flaschen errichtet sein mögen. Mit den Ortsbewohnern eint Rango, dass er als Raubtiernahrung geboren wurde. Die Bedrohung, dass er genau so endet, kreist in Gestalt des Bussards beständig über ihm. Das tierische Äußere der Einwohner trägt in den brillanten Animationen zu ihrer Charakterisierung bei. Die Einwohner sind auch in der realen Wüstenfauna Beutetiere. Dass sie sich gegen (Fress)Feinde auflehnen können, lernen sie erst von Rango.

Bedrohlicher als das Maschinengewehr-Schwanzende Jakes rasselt nach dem ganz in anarchischen Gags schwelgenden Auftakt der Ethos in der Handlung. Nach dem ersten Drittel seines filmischen Dreiakters fällt Verbinski es wie Reptilienschuppen von den Augen, dass er eigentlich einen Kinderfilm drehen wollte. Die Geschichte des unangepassten Sonderlings wird zu der des verweichlichten Schwachen, der seine verborgene Stärke entdeckt. Die Hoffnung stirbt nicht zuletzt, sondern niemals. Die Außenseiter-Perspektive Rangos weicht der klassischen Botschaft von Zusammenhalt und gemeinsamer Stärke. Doch Gore Verbinskis gerissene Animationskomödie ist so reich an düsterer Atmosphäre, an amüsanten Querverweisen und hintersinnigen Anspielungen auf Filmklassiker, dass man ob kleiner Schwächen gern beide Glubschaugen ganz fest zudrückt.

Der an den Rollstuhl gefesselte Sheriff erinnert an Lionel Barrymore in Key Largo und das Verschwinden allen Wassers rückt Dirt in die Nähe von Roman Polanskis Chinatown. Wer eine Spur John Huston in der Figur des massigen Sheriffs wiedererkennt, ahnt früh, welches Komplott hinter der Wasserknappheit steckt. Und Rango trägt eines der grandios geschmacklosen Hawaii-Shirts, die Johnny Depp in Terry Gilliams Hunter S. Thompson-Verfilmung Fear and Loathing in Las Vegas kleiden. Seine Worte liefern auch die passende Empfehlung zu Rango: „Buy the Ticket. Take the ride.“
 

Rango

Fear and Loathing. Aus dem sicheren Gefängnis auf der Rückbank eines Autos schleudert es das Hauschamäleon (Sprecher: Johnny Depp) in die Wüste. Der wilde wilde Westen stellt sich Gore Verbinskis bizarrem Helden von seiner tödlichen Seite vor.

  • Trailer
  • Bilder

Meinungen

Alisha Huggenberger · 24.09.2022

Der Film sollte angeblich ab 6 Jahren sein. Es kommen aber Wörter wie "Scheiss Fresse" & "Schlampe" vor. Ich war total schockiert, als ich den Film mit meimem Neffen anschaute. Das ist ein absolutes No-Go!! Der Film sollte entfern werden oder die Altersklasse angepasst. Wie kann man nur so einen Kinderfilm machen??

Kristina · 14.03.2011

Ein guter Film - aber nicht für sechsjährige. Rasend schnelle Bildwechsel, eine zeitweise der action-lastige Handlung, das überfordert jüngere Kinder. Die Grafik ist absolut fantastisch, aber die Story ist vor lauter Filmzitaten eher unausgegoren.

angelika · 12.03.2011

ich finde den film total witzig :D