Sie nannten ihn Gringo

Eine Filmkritik von Martin Beck

Ein Film mit Herz und Hochspannung

Immer wieder ein Quell der Erheiterung: Englische Rollennamen für deutsche Schauspieler. Götz George spielt in Sie nannten ihn Gringo keineswegs den titelgebenden Gringo, sondern einen beherzten Sheriff namens Mace Carson. Geschniegelte Lex-Barker-Matte, ein fesches Western-Hemd und dazu dann wahlweise Assoziationen zu a) einem Pornodarsteller, b) einem vergessenen Superhelden der achtziger Jahre oder c) einem zwar unbeholfenen, aber immerhin unterhaltsamen Europudding-Western.
Die Produzenten von Sie nannten ihn Gringo kommen aus Deutschland, Italien und Spanien, der Regisseur, Roy Rowland, ist Amerikaner und die Darsteller verteilen sich auf Deutschland (Götz George, Helmut Schmid), Spanien (Daniel Martin), Österreicht (Sieghardt Rupp) und Kanada (Alexandra Stewart). „Ein Film mit Herz und Hochspannung“, wie der Trailer posaunt, und gleich am Anfang auch eine unfreiwillige Komödie, als nämlich das Titellied heimelige Westernstimmung mit Heino- und Schwarzwald-Flair verbreitet. 1965, als Sergio Leone schon längst das Western-Genre in der innovativen Mangel hatte, war in Deutschland immer noch Hausmannskost Marke Winnetou angesagt.

Mace Carson ist der schneidige Super-Sheriff, immer schön frisiert und rasiert, und dem Bösen natürlich jederzeit auf der Spur. Die Frau an seiner Seite, Alexandra Stewart, ergibt sich ganz dem Rollenbild des gehorsamen Bimbos und der Bösewicht, ein sowohl schuftiger als auch gramgebeugter Verwalter, möchte mit Hilfe einer Gaunerbande Rache an einem mächtigen Ranchbesitzer nehmen. Nur widerwillig fügt sich Mace Carson in die Rolle des Blechstern-Trägers, aber was soll’s, es geht nunmal um die Gerechtigkeit. Dass die damalige Kritik in der durch und durch generischen Geschichte tatsächlich psychologische Untiefen erkannte, darf als schmeichelhafte Ironie verstanden werden.

„Komm sei lieb, gib mir einen Kuss“…und dann schaller mir eine, denn ich bin eine lotterhafte Frau und habe deine schmorende Wut verdient. Sylvia Solar sucht sich die Leute aus, die sie anfassen dürfen, doch natürlich, letztendlich ist auch sie eine gnadenlose Klischeefigur, die sich bestens in die hier anwesende Riege weiterer Klischeefiguren einfügt. Dass Western wie Sie nannten ihn Gringo ihren Reiz auch aus nostalgischer Wiederholung beziehen, ist geschenkt, aber hier quillt die Trashbutter wirklich aus allen Fugen. Ein rustikaler bis hemdsärmeliger B-Schnellschuss, gedreht in den „schwarzen Bergen Dakotas“ und in Sachen Regie, Drehbuch und Schauspieler so bodenständig, als würden die Beteiligten möglichst effektiv Krankenkassenanträge bearbeiten.

Und das sowohl trotz als auch wegen Götz George, der seine unnachahmliche Art des Schauspiels, also das pfauengleiche Herumstolzieren und nachdrückliche Deklamieren jedes noch so behämmerten Satzes, auch hier voller Inbrunst zur Schau stellt und dabei jeden internationalen Ansatz in Grund und Boden stiert. Okay, Mace Carson ist eine furchtbare Rolle, aber diese nachdrückliche Stechschritt-Mimik bügelt einfach alles auf Deutsch – was einen ernsthaften Genuss des Films durchaus erschwert, aber dafür umso mehr belustigtes Gelächter ermöglicht. Sie nannten ihn Gringo macht mehr Spaß als es wahrscheinlich gedacht war, ein Effekt, der gemeinhin die Voraussetzung für gepflegte Trashunterhaltung ist. „Sie haben sich nichts vorzuwerfen, Sie haben alles ganz richtig gemacht.“ Mace Carson ergreift sanft die Unterarme seiner zukünftigen Ehefrau und stimmt gerne zu.

Sie nannten ihn Gringo

Immer wieder ein Quell der Erheiterung: Englische Rollennamen für deutsche Schauspieler. Götz George spielt in „Sie nannten ihn Gringo“ keineswegs den titelgebenden Gringo, sondern einen beherzten Sheriff namens Mace Carson.
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