Töte Amigo (Blu-ray)

Eine Filmkritik von Martin Beck

"Gefällt es dir in Mexiko?" - "Überhaupt nicht."

Ein Spaghetti-Western von Damiano Damiani? Zunächst einmal schwer vorstellbar, denn der Mann hat sich ja vorwiegend um politisch motivierte, gesellschaftskritische Themen gekümmert. Töte Amigo ist jedoch kein typischer Genrevertreter, sondern rahmt seine Handlung in die Anfang des 20. Jahrhunderts stattgefundene mexikanische Revolution. Hier geht es nicht um einen aufrechten Sheriff in einer klapprigen Kleinstadt, sondern Rebellion und Umsturz. Ein Revolutionswestern, einer der ersten seiner Art.
Im Mittelpunkt der Handlung steht eine Gruppe mexikanischer Rebellen unter der Führung von El Chuncho (Gian Maria Volonté). Das Motto lautet sowohl Freiheit als auch Gewinnmaximierung, was sich zum Beispiel in Waffendiebstählen äußert, die dann an Revolutionsführer veräußert werden. Irgendwann wird sogar ein Amerikaner, genannt El Nino (Lou Castel), in die Gruppe aufgenommen, doch die anfängliche Freundschaft zu El Chuncho wird schon bald auf die Probe gestellt. Wie fast alle Personen in diesem Film treiben auch El Nino niedere Beweggründe.

Das Schöne an Töte Amigo sind genau diese ambivalenten Charaktere, die selten klar im Licht oder Schatten stehen, und zum Beispiel das mit der Revolution keinesfalls nur aus Überzeugung vorantreiben. Von der landesweiten Ebene, dem Kampf gegen das bestehende Regime, bis hin zur innigen Männerfreundschaft gibt es hier keine eindimensionalen Antworten. Damiani ist auf jeden Fall ein linksliberaler Regisseur, aber genauso schlau genug, die menschlichen Fallstricke hinter heren Zielen zu beachten. Als Nebeneffekt entstehen so nicht nur angenehm vielschichtige Charaktere, sondern auch etliche Gelegenheiten für dezidiert italienische Temperamentsausbrüche, gerne gefolgt von wutentbrannten Schießereien.

Töte Amigo ist sicherlich anspruchsvoller als ein durchschnittlicher Spaghettiwestern, doch eine ausgeprägte Kopflastigkeit kann man ihm auch nicht vorwerfen. Es gibt viel Action, etliche (mäßig brutale) Schusswechsel und überaus kernige Typen, allen voran der wie üblich inbrünstig aufspielende Gian Maria Volonté und, in einer größeren Nebenrolle, Klaus Kinski. Zunächst einmal ist das hier ein opulenter Italowestern, mit wunderbaren Bildern (von Antonio Secchi) und einem wunderbaren Score (von Luis Bacalov). Über die üppige Laufzeit von knapp zwei Stunden schleichen sich zwar auch Längen ein und Lou Castels roboterhafte Emotionslosigkeit mag so gar nicht ins italienische Bild passen, doch als großes Ganzes bleibt der Film auf jeden Fall ein Klassiker.

Wie so oft in diesem Genre hat auch hier der damalige deutsche Verleih stark kürzendes Schindluder getrieben und mal eben knapp 20 Minuten entfernt – vor allem Szenen, die die Revolutionäre in einem positiven Licht erscheinen lassen. Übrig blieb ein actionlastiger Torso, der seinem brachialen deutschen Titel entsprach und die Intention des Regisseurs weitgehend unterwanderte. Der italienische Originaltitel ist Quien Sabe? (=Wer weiß?) — eine Frage, die sich erst am Ende des Films erschließt und ihm eine tiefgründige Note verleiht, die nun auf der Blu-Ray von Koch Media angemessen zum Vorschein treten kann.

Töte Amigo erstrahlt in kräftigen, kontrastreichen Farben und besitzt erstmals eine vollständige deutsche Synchro, die auf einer Nachbearbeitung der ARD beruht. Sowohl die Blu-Ray als auch die bereits veröffentlichte DVD des Films sind ungeschnitten, doch auf der DVD waren die einst entfernten Szenen nur deutsch untertitelt. Die Nachbearbeitung kann sich hören lassen, inklusiver nur bedingt homogener Übergänge, wohingegen der Ton generell nicht so ganz überzeugt. Ein dünnes Monosüppchen erklingt da aus den Boxen und stellt die bekannte Frage, warum das Bild bei Blu-Rays so viel wichtiger ist als der Ton. Als Bonusmaterial finden sich vor allem zwei Interviews (mit Damiano Damiani und Lou Castel) — die beide von der DVD übernommen wurden.

Töte Amigo (Blu-ray)

Ein Spaghetti-Western von Damiano Damiani? Zunächst einmal schwer vorstellbar, denn der Mann hat sich ja vorwiegend um politisch motivierte, gesellschaftskritische Themen gekümmert. „Töte Amigo“ ist jedoch kein typischer Genrevertreter, sondern rahmt seine Handlung in die Anfang des 20. Jahrhunderts stattgefundene mexikanische Revolution. Hier geht es nicht um einen aufrechten Sheriff in einer klapprigen Kleinstadt, sondern Rebellion und Umsturz. Ein Revolutionswestern, einer der ersten seiner Art.
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