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Holt die Magie zurück! Die neue Animationskomödie aus dem Hause Pixar entführt uns in eine Fantasy-Welt, die unserer hochtechnisierten Gegenwart sehr ähnlich ist. Ein ungleiches Elfenbruderpaar macht sich hier auf die Suche nach der verlorenen Zauberkraft.

Onward - Keine halben Sachen (2020)

Eine Filmkritik von Christopher Diekhaus

Ein bisschen Magie schadet nie

Dass die unverschämt erfolgreiche, zum Disney-Konzern gehörende Pixar-Schmiede Kreativität noch immer großschreibt, zeigte sich erst 2019 wieder, als man mit „A Toy Story: Alles hört auf kein Kommando“, dem vierten Teil der „Toy Story“-Reihe, einen ebenso klug aufgebauten wie herzerwärmenden Animationsstreifen in die Kinos brachte, für den es sogar Oscar-Ehren gab. Die bei der diesjährigen Berlinale uraufgeführte Coming-of-Age-Komödie „Onward: Keine halben Sachen“ reicht an die Qualität dieses Films nicht ganz heran, überzeugt aber dennoch mit einer einnehmenden Botschaft, liebevoll gestalteten Bildern und einigen verblüffenden Ideen.

Schauplatz der Handlung ist eine kunterbunte Fantasy-Welt, in der – wie wir gleich zu Beginn erfahren – Magie früher fester Bestandteil des Alltags war. Mittlerweile spielt sie im Leben der Fabelwesen allerdings keine Rolle mehr. Die Technik – auch hier gibt es Handys und andere moderne Errungenschaften – hat der Kunst des Hokuspokus endgültig den Rang abgelaufen. Als der unsichere Elf Ian Lightfoot (Originalstimme: Tom Holland) seinen 16. Geburtstag feiert, staunt er nicht schlecht über das, was seine Mutter (Julia Louis-Dreyfus) ihm und seinem älteren Bruder Barley (Chris Pratt) im Auftrag ihres vor vielen Jahren verstorbenen Vaters überreicht: Auf einmal halten die beiden einen magischen Stab und eine Zauberanleitung in Händen, mit denen sie den Verschiedenen für 24 Stunden zurückholen können. Angespornt von Barley, versucht sich Ian an der Herausforderung. Dummerweise ist die Kraft des beiliegenden Wundersteins allerdings schnell aufgebraucht, sodass sich nur die unkontrolliert umherschlackernden Beine ihres Vaters materialisieren. Um den Rest seines Körpers herbeizaubern zu können, begeben sich die ungleichen Geschwister schließlich auf die Suche nach einem neuen magischen Juwel.

Schon die schwungvolle Auftaktsequenz erinnert ein wenig an die Welt aus Der Herr der Ringe. Onward: Keine halben Sachen ist eine Hommage an das Fantasy-Genre und nähert sich den damit verbundenen Rollen- und Kartenspielen auf sympathisch-augenzwinkernde Weise. Der übermäßig enthusiastische Barley ist ein großer Anhänger der alten magischen Zeit und nutzt sein unaufhörlich hervorsprudelndes Wissen von den Fantasy-Gesetzen, um herauszubekommen, wo er und sein Bruder ihre Reise starten sollen. Seine Figur mag im Anfangsdrittel noch etwas anstrengend erscheinen, entpuppt sich nach und nach aber als absolut liebevoll und fürsorglich. Ohne ihn würde Ian, um dessen Erweckung sich alles dreht, seine Sorgen und Zweifel auch weiterhin mit sich herumschleppen.

Das von Regisseur Dan Scanlon (Die Monster Uni) mitverfasste Drehbuch folgt den klassischen dramaturgischen Mustern des Abenteuer- und Coming-of-Age-Kinos, lässt am Ende alle Puzzleteile fein säuberlich an ihren Platz fallen, baut in den vertrauten Rahmen aber einige charmante und originelle Einfälle ein. Exemplarisch hierfür ist das Finale, das die Protagonisten an einen überraschenden Ort führt und mit einem ungewöhnlichen Drachen als Gegner aufwarten kann. Insgesamt gelingt den Machern der Spagat zwischen Spannung, Humor und Emotionen erstaunlich gut. Ian und Barley bekommen Raum, um ihre Trauer über den Verlust des Vaters auszudrücken. Immer wieder beschwört der Film, nicht zuletzt dank des unkontrollierten Beinpaares, schreiend komische Slapstick-Momente herauf. Und manchmal – etwa bei der Überquerung einer tiefen Schlucht – möchte man den zwei Abenteurern am liebsten selbst zu Hilfe eilen, wenn sie vor einer neuen, gefährliche Prüfung stehen. Ein bisschen mehr Sorgfalt hätte Scanlon jedoch bei der Zeichnung und Einbindung der Mutterfigur und ihrer Begleiterin, dem Mischwesen Corey (Octavia Spencer), walten lassen können, die den Lightfoot-Geschwistern besorgt hinterhersausen.

Onward: Keine halben Sachen ist sicherlich kein Meisterwerk der Animationsunterhaltung, entwirft allerdings ein aufregendes, mit diversen charmanten Details gespicktes, optisch gewohnt eindrucksvolles Setting, das man nach 102 amüsanten Minuten mit einem guten Gefühl verlässt. Die Fantasy-Komödie handelt nicht einfach nur von magischen Dingen, sondern transportiert die Kraft des Zaubers, zumindest stellenweise, überzeugend in den Kinosaal.

Onward - Keine halben Sachen (2020)

In einer suburbanen Fantasy-Welt angesiedelt, erzählt „Onward“ von zwei Elfenbrüder, die sich auf die Suche machen, um zu erforschen, ob es in der Welt immer noch Magie gibt.

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