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„Hurra, die Welt geht unter“ — in der Netflix-Produktion Leave the World Behind spielt Sam Esmail den Zusammenbruch der Zivilisation durch und bleibt dabei bewusst unklar darüber, was eigentlich wirklich vor sich geht und findet atmosphärisch dichte Szenarien und Metaphern, die man nicht so schnell vergisst

Leave the World Behind (2023)

Eine Filmkritik von Jens Balkenborg

Das Ende der Welt - mal wieder

Im Kino und auf den Streaming-Portalen steht die Welt gerne am Rande des Untergangs. Mal rasen Meteoriten auf unsere blaue Heimat zu („Armageddon“, „Deep Impact“) – ein Szenario, das Adam McKay im Netflix-Hit „Don’t Look Up“ nutzte, um satirisch von der Gewissheit zu erzählen, dass die Menschheit mit Verdrängungsmechaniken ihr eigenes Grab schaufelt. Roland Emmerich, der Master of desaster porn, hat den Erdenbürger:innen Aliens („Independence Day“), die Folgen der Klimakrise („The Day After Tomorrow“) oder einen Maya-Kalender samt Sonneneruptionen („2012“) auf den Hals gehetzt und Städte und Länder bildgewaltig platt gemacht. Nicht zu vergessen die Zombie-Apokalypsen oder das Pandemie-Kino à la „Contagion“, das während Corona eine regelrechte Renaissance feierte. Originell variiert wurde das Genre in der französischen Serie „The Collapse“, die in 20-minütigen One-Take-Episoden von den Folgen eines nicht näher definierten Kollapses erzählte. 

Die Faszination an Untergangsszenarien und Endzeitstimmung ist bis heute ungebrochen. Da wundert es nicht, dass Sam Esmails Leave the World Behind nach dem gleichnamigen Roman von Rumaan Alam dem Streamer Netflix kurz vor Weihnachten einen Kassenhit beschert. Noch weniger, weil der Film mit Julia Roberts und Ethan Hawke in den Hauptrollen mit zwei publikumswirksamen Hollywoodstars besetzt ist. 

Esmail, der sich mit seiner Hacker-Serie Mr. Robot Renommee erarbeitet und bereits in seiner ebenfalls sehr erfolgreichen Thriller-Serie Homecoming mit Roberts gedreht hat, interessiert sich weniger für den Endzeit-Actionbombast. Leave the World Behind erzählt vielmehr von Vorurteilen und den zwischenmenschlichen und emotionalen Eskalationsmechanismen in Gegenwart einer nicht genau definierten Bedrohung, wobei es auch an punktuellen Schauwerten nicht mangelt.

Erstes Anzeichen der planetaren Eskalation ist der Breakdown für alle Streaming-Junkies: Die finale Friends-Episode, die Rose (Farrah Mackenzie) auf der Autofahrt schaut, bleibt hängen! Die 13-Jährige ist mit Mutter Amanda (Roberts), einer misanthropisch veranlagten Werbemanagerin, Vater Clay, einem zottelig-sympathischen Professor für Englisch und Medienwissenschaften und dem pubertierenden älteren Bruder Archie (Charlie Evans) auf dem Weg in ein Ferienhaus. Genauer: Ein Domizil mit Pool, offener Architektur, schickem Interieur und großem Grundstück, dessen Online-Anzeige der New Yorker Familie verspricht – Achtung, Wortspiel – die Welt hinter sich zu lassen. 

Esmail spielt nach eigenem Drehbuch mit verschiedenen Tonalitäten. Er lässt seinen Film wie eine lockere Familienkomödie mit poppigem Soundtrack zwischen Blackstreets „Never Gonna Let You Go“ oder „Winter“ von TV on the Radio beginnen, um über die Kapitel hinweg die eskalativen Daumenschrauben anzuziehen. Erst läuft in einer eindrücklichen Einstellung ein Ölfrachter auf den Strand auf und türmt den Sand vor sich auf, wenig später stehen Hirsche im Garten und glotzen mit großen Augen – dass es ein gutes Omen sei, das Wild zu sehen, wie jemand sagt, glauben zu diesem Zeitpunkt bereits nicht mehr alle. 

Mit der Ankunft von George „G.H.“ Scott (Mahershala Ali) und seiner Tochter Ruth (Myha’la Herrold) wird die Situation komplizierter. Amanda ist misstrauisch und glaubt den beiden nicht, dass das luxuriöse Haus ihnen gehört. Wenn sie sagt, dass G.H. auch der Hausboy sein könne, der sie ausnehmen wolle, manifestieren sich ihre rassistischen Vorurteile, die der Film thematisiert. Allerdings schweißt die Bedrohung von außen peu à peu zusammen. Das Telefonnetz und Internet sind zusammengebrochen, in SMS-Warnungen ist die Rede von einem Breakout und von Hackerangriffen und wenige Einstellung zeigen ein mit Qualm verhangenes New York.

Was Leave the World Behind von anderen Filmen des Genres abhebt, ist seine diffuse Stimmung und sein Hang zur überdeutlichen Unklarheit. Was geht da eigentlich vor sich und wie ernst ist das alles wirklich gemeint? Während sich die Kamera (Tod Campbell) dynamisch und bedeutungsschwanger durch die filmischen Räume schraubt, immer wieder von oben auf das Geschehen blickt, durch Wände und Fenster schwebt und die Source-Musik von einem treibenden Spannungsscore abgelöst wird, ereignet sich Irres und Faszinierendes. Plötzlich schwimmen rosa leuchtende Flamingos auf dem Pool und in der verrücktesten Szene krachen ferngesteuerte Tesla auf einer Landstraße wie Geschosse ineinander und verstopfen jeglichen Fluchtweg – ein Wink gegen Elon Musk als kruden Stellvertreter des digitalen Kapitalismus? 

„Die Hoffnung beginnt im Dunkeln“ heißt es auf einem Bild an der Wand und man wird das Gefühl nicht los, dass Leave the World Behind einerseits das Spannungskino bild- und tongewaltig bedient, zugleich aber in der Dunkelheit eine latent subversive Satire formuliert: auf die Genre-Mechanismen selbst und auf unser Dasein als Digital Addicts. „Ich bin hilflos ohne mein Handy und ohne GPS“, fleht Clay einen von Kevin Bacon gespielten Prepper und Verschwörungstheoretiker an. „Ich bin ein nutzloser Mann.“ Dass einige mit Bedeutung aufgeladene Szenen abrupt einfach abgeschnitten werden, verstärkt den Eindruck, dass Esmail mit den Genre-Topoi spielt.

Dementsprechend bleibt die Botschaft von Leave the World Behind so ein- wie vieldeutig. Der Film gibt keine klaren Antworten darauf, was tatsächlich vor sich geht, und sagt zugleich: Macht euch nicht zu digitalen Sklaven und haltet als Menschen, wie die Friends aus der Serie, im Real Life zusammen. Dass es kein „zurück zu Normal“ mehr geben kann, der Film aber mit einer Möglichkeit endet, endlich endlich das Finale der Serie um die New Yorker Freunde schauen zu können, erscheint so konsequent wie augenzwinkernd.

Leave the World Behind (2023)

Der Urlaub einer Familie (Julia Roberts und Ethan Hawke) wird jäh unterbrochen, als zwei Fremde (Mahershala Ali and Myha’la) nachts auftauchen, um sich vor einer Cyberattacke in Sicherheit zu bringen. Je bedrohlicher die Situation wird, desto mehr müssen sich alle mit dem Zusammenbruch der Welt auseinandersetzen.

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Meinungen

Sabin · 20.02.2024

Grotten schlechter Film verstehe schon das es darum geht das sich Amerika viele Feinde gemacht hat und nun sie auch dran sind mit einem Krieg ausharren. Jedoch ist die Schauspielerin die Rosier spielt grotten schlecht, ihre Mimik ist eine reinste Katastrophe das Mädchen hat ihre Augen nur zur Hälfte auf und total unsympathisch, ich fing die an zu hassen was für ne Ziege.

Anna · 01.02.2024

Ich kann nicht nachvollziehen warum dieser Film so schlecht bewertet ist, man so realistisch denken und sich mal die Welt anschauen was derzeit passiert. Wir sind gar nicht so fern von dem ganzen, denn die Amerikaner mischen sich immer wieder irgendwo ein. So fern von dem Film sind wir tatsächlich nicht und kann mir nur zu gut vorstellen dass solches in der Art und auch treffen kann.

Cara · 17.12.2023

Zeitverschwendung, so eine tolle Besetzung für so einen Schrott von Film, das Ende ist auch noch sinnlos. Unbeschreiblich schlecht!

Franzi · 09.12.2023

Ganz schlechter Film! Zu steif und zu verstockt! Zu viele geheimhalterein , was ja auch keinen Sinn gemacht hat! Und von dem Schluss ganz zu schweigen!! Einen Punkt!