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Wenn Filmstars, Entertainer und TV-Moderatoren älter werden, gelten sie als gereift und erfahren. Das trifft jedoch nur auf Männer zu. Frauen, die in die Jahre kommen, verlieren in der Regel ihr Aufenthaltsrecht vor der Kamera. Emma Thompson aber spielt eine Fernsehgröße, die nicht aufgeben will.

Late Night (2019)

Eine Filmkritik von Bianka Piringer

Die Sendung einer Frau über 50

Katherine Newbury (Emma Thompson) ist die einzige Frau, die im amerikanischen Fernsehen eine eigene Late-Night-Show hat. Nach bald 30 Jahren aber soll sie nun durch den jungen Comedian Daniel Tennant (Ike Barinholtz) ersetzt werden. Mit ihren 56 Jahren steht Katherine ein typisch weibliches Schicksal im Showbusiness bevor: Wenn sie älter werden, dürfen Frauen vor der Kamera höchstens noch Großmutter-Rollen spielen, wie Katherine selbst einmal witzelt.

Aber Katherines Show hat auch Patina angesetzt, was daran liegt, dass sie selbst wie eine arrogante Königin über ihr Fußvolk der Mitarbeiter herrscht und sich zu wenig mit anderen austauscht. Die Komödie der Regisseurin Nisha Ganatra (TV-Serie Better Things) stammt aus der Feder der Drehbuchautorin und Schauspielerin Mindy Kaling, die über einschlägige Erfahrungen in der amerikanischen Film- und Fernsehbranche verfügt. Kaling zählte als erste Frau zum Autorenteam der TV-Sitcom Das Büro und entwickelte ihre eigene TV-Serie The Mindy Project. 

Hier spielt Kaling die junge, unerfahrene Autorin Molly Patel, die nur deshalb in Katherines Team aufgenommen wird, weil sie eine Frau ist. Um ihre Haut zu retten und zu beweisen, dass sie Frauen nicht wirklich hasst, wie ihr nachgesagt wird, hat sich Katherine zu diesem Schritt entschlossen. Die weißen Männer im Autorenzimmer reiben sich denn auch verwundert, ja fassungslos die Augen, als diese junge Frau indischer Abstammung zu ihnen stößt, um für frischen Wind und bessere Witze zu sorgen.

Die flotte Komödie überzeugt mit treffsicherem Dialogwitz auf drei Themengebieten – der Männerwelt der Fernsehshows, dem Druck, der auf älter werdenden Frauen lastet, der Kluft zwischen der arrivierten und der jungen Generation der Kreativen. Katherine soll wieder persönlicher, echter wirken, hat ihr Molly empfohlen. Kritik an Katherine zu üben, hat seit Jahrzehnten keiner gewagt und diese kommt auch zunächst ganz ungut an, aber Katherine ist ja nicht dumm. Wenn sie neuerdings öfter ins Autorenzimmer hereinrauscht, ziehen ihre Witzeschreiber schon mal reflexhaft die Köpfe ein. Zuschauer*innen fühlen sich bei diesen Szenen ein wenig an Der Teufel trägt Prada erinnert. Emma Thompson spielt Katherine genüsslich als gefürchtete Chefin, die nicht wissen will, wie es ihren Mitarbeitern und deren Angehörigen geht, sondern Leute quasi im Vorbeigehen feuert. Thompson weiß dabei auch gut den trockenen britischen Humor einzusetzen.

In Amerika moderiert in Wirklichkeit keine Frau eine Late-Night-Fernsehshow. Mindy Kaling kann auch ein Lied davon singen, wie spärlich vertreten Frauen überhaupt in der Fernsehbranche sind. Wenn Molly beim Sender auf männliche Seilschaften, auf Vorbehalte und Ausgrenzung wegen ihres Geschlechts und ihrer Hautfarbe trifft, dann wirken diese lustig präsentierten Situationen sehr authentisch. 

Hübsch sind auch die Witze, die um den Generationenkonflikt kreisen. Katherine hält nichts von Social Media. Wenn sie einmal schimpft, dass „Faven“ doch einen Widerspruch in sich bedeute, weil man nur einen, nicht mehrere Favoriten haben könne, dann ist da natürlich etwas dran. Nur interessiert das ihr Publikum, das mit solchen Begriffen und Praktiken vertraut ist, überhaupt nicht. Die neue Generation sieht und versteht eben vieles anders, und wenn Katherine und Molly sich ihre Dispute liefern, bekommen beide Generationen ihr Fett weg. Katherine ätzt beispielsweise über die moderne Angewohnheit, sich öffentlich zu entschuldigen und Reue zu zeigen. Aber sie kommt dann selbst nicht drumherum, als ihre frühere Affäre mit einem Mitarbeiter durchsickert und andere Medien darüber berichten. 

Emma Thompson und Mindy Kaling ergeben ein gutes komödiantisches Gespann in dieser vergnüglichen, aber doch mehr auf Mainstream-Unterhaltung als auf richtig frechen, subversiven Biss abzielenden Geschichte. Katherines herzliche Seite wird mit der liebevollen Beziehung zu ihrem an Parkinson erkrankten Ehemann Walter Lovell (John Lithgow) betont. Walter steht hinter ihr und gibt ihr emotionalen Halt, womit er eine Rolle einnimmt, wie sie traditionell in der Gesellschaft und im Film den Ehefrauen beruflich geforderter Männer zukommt. 

Katherine bereut vor laufender Kamera schließlich auch, dass sie sich angewöhnt hatte, ihr Publikum zu unterschätzen und zu glauben, es merke das nicht. So viel Einsicht wäre auch hierzulande manchem TV- und Filmschaffenden zu wünschen. Diese Komödie nimmt zwar die amerikanische Unterhaltungsbranche ins Visier, hat aber auch deutschen Zuschauer*innen etwas zu sagen.

Late Night (2019)

Die Moderatorin einer schon lange bestehenden Late-Night-Talkshow stellt eine neue Head-Autorin an, um den Niedergang des Formats aufzuhalten.

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Meinungen

Wolkenri · 18.08.2019

Ich musste nicht lachen. Nur Oberflächlichkeiten. Das läuft so an einem vorbei. Zu wem soll man hier halten? Diese Clientel kann sich nicht richtig selber auf die Schippe nehmen.