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In ihrem neuen Film schickt Regisseurin Connie Walther eine Frau mit vier Gewaltstraftätern und drei bissigen Hunden in den Ring. Eine kinematografische Versuchsanordnung.

Die Rüden (2020)

Eine Filmkritik von Falk Straub

Männer, die mit Tölen nölen

Toxische Maskulinität ist dieser Tage in aller Munde. In ihrem dritten Kinofilm bringt die Regisseurin und Drehbuchautorin Connie Walther gefährliche, junge Männer mit bissigen Hunden zusammen. Die Idee dahinter ist spannender als das Ergebnis.

Auf den ersten Blick sieht alles wie in einem Endzeitfilm aus: ein abgeschiedenes Gefängnis in einer düsteren Vulkanlandschaft, architektonisch stilisierte Räume und Kostüme wie in einer SciFi-Dystopie. In diesem eindrucksvollen Setting konfrontiert die Hundetrainerin Lu (Nadin Matthews) die vier Gewaltstraftäter Ali (Ibrahim Al-Khalil), Volker (Konstantin-Philippe Benedikt), Adam (Ali Khalil) und Lukas (Marcel Andrée) mit drei bissigen Hunden. Diego, Georgie und Face, ein Pitbull, ein bulgarischer Straßenhund und ein Schäferhund, sind nicht mehr vermittelbar.

Formal streng und stilvoll geht es weiter. Vor grün ausgeleuchteten Hintergründen werden die Protagonisten, die menschlichen wie die tierischen, nach und nach vorgestellt. Eine Computerstimme rattert ihre Vergehen herunter. In Tage eingeteilt folgt die Handlung dem Therapiefortschritt. Die Grundidee ist ebenso simpel wie effektiv: Was passiert, wenn gefährliche Menschen auf gefährliche Tiere treffen? Die Analogie, die schon der Filmtitel setzt, greift indes ziemlich kurz. Hunde, wollt ihr ewig beißen?

Die Männer reden mit den Hunden, über sie und über sich selbst. Sie nähern sich den Tieren, einander gegenseitig und ihrem Innern an. Sie gehen mit den Hunden an der Leine im Kreis und versuchen, diese aus einem auf den Gefängnisboden gezeichneten Kreis zu drängen. Die Proxemik, das persönliche Empfinden eines Jeden im Raum und im Verhältnis zu anderen, wird definiert, ausgehandelt und verteidigt. Viel mehr passiert in 107 Minuten nicht.

Das hat durchaus seinen Reiz, dreht sich aber alsbald mit den Figuren im Kreis. Das Spannendste an diesem Film ist das Konzept dahinter, von dem man allerdings erst erfährt, wenn man sich nach dem Kinobesuch darüber schlaumacht. Es stammt von Hauptdarstellerin Nadin Matthews, die auch im wahren Leben Hundetrainerin ist. Walthers hat sie während eines Seminars kennengelernt und im Anschluss daran zu einem viertägigen Aggressionsseminar in einer Justizvollzugsanstalt begleitet. Sowohl die im Film gezeigten Hunde als auch die Straftäter sind echt. Um den Männern einen Schutzraum zu bieten, „erhielten [sie] Spielnamen und fiktionale Vitae, trugen erfundene Kostüme“, heißt es dazu im Presseheft.

Wirkliche Einblicke in die Mechanismen toxischer Männlichkeit bietet aber selbst dieser Ansatz nicht. Die Übungen wirken redundant, die Wiederholungen langweilen. Da hilft auch die künstlerische Überhöhung durch biblische Anklänge wenig. In ihren freien Minuten ringt Lu wie Jakob im Ersten Buch Mose mit einem Engel. Zu den Zwischentiteln spielt eine Orgel. Lu arbeitet mit den Männern sechs Tage lang, am siebten löst sie sich in Luft auf – und das Publikum sah, dass es so lala war.

Die Rüden (2020)

Vier verurteilte Gewaltstraftäter, drei hochgradig bissige Hunde und eine Frau, die bereit ist, in den Kampf zu ziehen gegen den Kreislauf der Gewalt und gegen starre Institutionen. Vor allem aber gegen ihre eigenen Zweifel an der Erlösung von dem Bösen.

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Meinungen

Super Gin · 08.09.2022

Ein ganz besonderer Film für Menschen die sich solchen Herausforderung stellen und diesen Hunden wider ein neues Leben schenken durch Training,Therapie und vieles mehr mein derzeitiger Hund hätte eine Hauptrolle Haben können. Der Film hat mich sehr berührt. Echt cooler deutscher Film ich habe wenig für unsare filme über nur solche Werke die heraus stechen dieser ist einer davon.🤟

Sabine · 30.11.2021

Ich war sehr beeindruckt und gefesselt von dem Film . Bin beim "Zappen" darauf gestoßen, und werde ihn mir noch einmal ansehen. Endlich mal wieder ein anspruchsvoller Film. Danke an alle mtwirkenden. .

Rolf · 24.09.2021

Der Film ist einfach zäh. Ich hab bis zum Schluß gehofft den Sinn dahinter zu sehen. Aber nein, ich war offensichtlich zu doof. Es ist nicht ganz klar wer am Schluss am meisten gestresst war. Die Schauspieler, die Hunde oder Ich ...

Polly · 23.09.2021

Dank! Der Film hat mein Herz berührt 🥺. Ich wünsche allen Mut für all eure Sinne und die daraus entstehende Offenheit, Dinge so zu sehen wie sie sind. Letztendlich die Reise zu sich selbst......unbelievable 🤗

Jürg · 20.09.2021

Grandioser Film -

Max · 09.09.2021

Ich habe wirklich selten einen derart widerwärtigen Film gesehen. Widerwärtig bedeutet nicht schlecht: Der Film ist spannend inszeniert, ohne Frage interessant und ästhetisch überzeugend. Pardon, aber die Frage muss lauten: Was hat der Film den Hunden gebracht? Fakt ist, dass sie aus Gründen der Inszenierung ein ums andere Mal enormem Stress ausgesetzt wurden, und das war allen klar und überdeutlich zu sehen, mit Sicherheit auch für die auf klischeehaft tough machende kleine Hundeflüsterin. Wozu das alles bitteschön? Damit alle anderen Beteiligten auf ihre Kosten kommen, ganz einfach. Bedeutet, was wir zu sehen bekommen, ist im Wesentlichen eine vollkommen skrupellose, gnadenlose und fortgesetzte Instrumentalisierung empfindsamer, beschädigter Wesen, die sich ohne weiteres als üble Tierquälerei verbuchen lässt. Wie moralisch verrottet muss man sein, um das sowohl genau zu registrieren als auch knallhart durchzuziehen? Für unsere Hundeflüsterin - deren Rolle als Hobbytherapeutin übrigens nichts zuletzt durch zahlreiche manipulative Psychospielchen gekennzeichnet ist - sicher ein tolles Werbeprojekt. Ab in die Tonne mit dem Müll. Würg.

Erich Fischer · 09.12.2021

Auch ich fand diesen Film extrem abstoßend. Aber überhaupt nicht spannend - denn wie schrieb schon der Kritiker: "Die Übungen wirken redundant, die Wiederholungen langweilen". Ein Machwerk von und für machistische Tierquäler, als Rechtfertigung fungiert eine Psychotante als Veranstalterin des perversen Spektakels.

Berliner · 09.09.2021

Ich finde das die Hunde ohne Maulkorb und die Schauspieler in voller Kampfmontur in dieser Arena die bessere Idee wäre. Wie wäre es dann wohl ausgegangen? Tiere sind nicht grundlos aggressiv.

Danih · 28.03.2021

Ehrlich,ich kann die positiven Kommentare nicht nachvollziehen. Ach je, die armen Gewalt Verbrecher. Sicher sollte jeder eine Chance auf -Resozialisierung bekommen. Aber was dort den Hunden angetan wurde war an Grausamkeit schon fast nicht mehr zu überbieten. Gestresste, traumatisierte Hunde an denen sich mal eben ein paar nicht soziale Verbrecher therapieren durften. Ich hoffe doch sehr das diese Idee nicht in der Realität umgesetzt wird. Zumindest nicht so wie es dort gehandhabt wurde.

Cathrin · 27.03.2021

Oha da hat der Herr Kritiker den Film absolut nicht verstanden. Wohl etwas viel Lassi geschaut. Das war von vorneweg klar das diesen Film viele nicht verstehen werden. Der Film ist so aussagekräftig und tiefgründig.

Bilou · 29.09.2020

Da hat wohl einer den Film nicht verstanden. Auf der ersten Moment kam mir, das Ende auch aprupt vor, reflektiert man den Film aber im nachhinein wird alles gesagt was man wissen muss. Es braucht nicht mehr Erklärung/Aufklärung oder Lösungen, jeder Charakter wird entblöst auch wenn man, dass im ersten Moment vielleicht gar nicht so wahrnimmt. Zwischen den Zeilen lesen ist halt auch nicht für jedeman :)

Eveldan · 17.09.2020

Dieser Film, vom treffenden Verleih REALfiction präsentiert, hat mir außerordentlich gut gefallen, besser gesagt nachhaltig beeindruckt. Es ist eben kein Erzählkino sondern ein offenes Fenster in ein Gebiet, das manche von uns in Verzweiflung gestürzt hat. Wie geht man mit gewalttätigen Menschen um? Will man sie aus der Gesellschaft nicht voll und ganz - endgültig - ausschließen, muss man wissen, was man damit für eine Verantwortung auf sich nimmt.
Ich würde zwar Testosteron sprießende Männer nicht mit blutrünstigen Hunden gleichsetzen wollen, und doch kam mir manche Hundereaktion, mancher Hundeblick sehr vertraut vor - d.h. mensch-lich. In Gewaltsituationen.
Solche in ihrem Wahrheitsgehalt gnadenlose Dokumentarfilme, auch als Fiction gestalten, bringen uns weiter, nicht wohlwollende Kuschelkonzepte, die an der Sache vorbei gehen.
Großes Lob verdienen die Kameraleute. Die Nahaufnahmen der Hunde sind umwerfend,.
Die ballettartige Erinnerung an den Kampf zwischen Gut und Böse gibt diesem Experiment eine spirituelle Dimension und macht daraus auch ein philosophisches Thema. Das ist sicher mit der Grund, warum trotz des geringen Fortschritts in der Handlung eine solche Spannung erzeugt wird.
Die wenigen Landschaftsbilder sowie die Musik sind streng und von edler Ästhetik. Dies entspricht dem Ernst des Themas und der Vorgehensweise. Und spiegelt die Zusammenarbeit von Regisseurin und Hundetrainerin in ihrer Suche nach Authentizität.

hollea · 30.08.2020

Vielen Dank für diese Kritik, die mir aus dem Herzen spricht „ die Idee dahinter ist besser als der Film selbst“ und ja die Interviews auf YouTube mit allen Beteiligten inkl. Regisseurin sind auch spannender....Schade. Ich habe mich richtig geärgert, dass das wichtige Thema Aggressionen zwar aufgegriffen wurde, aber dann so unbefriedigend behandelt wurde.

Sabine Gebauer · 28.08.2020

Ein sehensweter Fim, tiefgründig und interessant

Chris · 27.08.2020

Sorry, ich kann die Filmkritik, sowie die schlechten Bewertungen nicht nachvollziehen. Diesen Film habe ich mir mit meinen Kindern angesehen. Auch wenn ich mir zu Beginn Sorgen gemacht habe, es könne vielleicht nicht das richtige Kino-Programm für ein Familienabend sein, wurde ich positiv überrascht. Sowohl meine Große (12 Jahre), als auch die jüngeren (8 und 7 Jahre) fanden den Film spannend und wurden von der Story, den Bildern und den Geschehnissen mitgenommen. Lediglich das offene Ende wurde von der Jugend missmutig zur Kenntnis genommen. Mir hat der Film sehr gut gefallen. Die Agression der Hunde ist gewaltig, die Schauspieler und Trainerin wirken echt, wie in einer Doku. Man fiebert mit und möchte ein gutes Ende für Hund und Mensch und bleibt doch am Ende mit vielen Fragen, neuen Denkansätzen und einer nicht greifbaren Zerissenheit zurück. Sehr gut gemachtes Kino. Bitte mehr davon!

Eveldan · 17.09.2020

Ich bin voll und ganz Ihrer Meinung. Wer mit gewalttätigen Menschen seine Erfahrungen gemacht hat, findet in dieser REALfiction vieles wieder. Sicher wird die allerletzte Frage, woher genau Gewalt kommt, nicht gelöst, aber es sind viele Erkenntnisse da, die einem zeigen, dass es mit Kuscheltherapien nicht getan ist. Auch nicht mit Druck und Strafe. Deshalb sieht es so aus, dass der Film keinen Fortschritt (keine Zaubenlösung) aufzeigt. Ich finde aber doch.Das vermittelt die Hauptdarstellerin.

Erich Fischer · 09.12.2021

Sie haben die Filmkritik offenbar nicht zur Gänze gelesen: Sowohl die Hundetrainerin als auch die im Film gezeigten Kampfhunde und Häftlinge sind echte Täter! Nachdem Sie dieses Machwerk als Familienfilm (!) loben - was schauen Sie sich sonst so an Jugendverbotenem mit Ihren lieben Kleinen an - die Hannibal Lector-Reihe, die Texas Chainsaw Massacre--Reihe, die Freddy Krueger Nightmare-Reihe? Die wären für die Psyche von Kindern, sofern diese nicht begeisterte Tierquäler sind, immer noch besser als "Die Rüden" und wesentlich spannender. "Lassie" ist in Ihren Augen wohl Kitsch von vorgestern ;)

Thomas · 28.01.2022

Vielleicht mal tiefgründig drüber nachdenken, was FSK12 für einen Sinn hat ? Macht Sinn !
Manche Erziehungsberechtigte versagen selbst bei einfachen Dingen wie „in die Glotze schauen“.

Elke · 24.08.2020

Ich fand den Film spannend und anrührend, sehr gut und einfach die Intervention der Trainerin.

Ein Leser · 24.08.2020

"Männer die mit Tölen nölen.... usw" - Tja.
Ich fand den Film sehr gut.