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In seiner Romanverfilmung „Das schaurige Haus“ mixt Daniel Geronimo Prochaska Coming-of-Age-Themen mit einer Geistergeschichte – und nimmt uns mit ins Dorfleben Österreichs.

Das schaurige Haus (2020)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

(Kultur-)Schock in der Kärntner Provinz

„Das schaurige Haus“ – das klingt nach sanftem Grusel, nach einer hübschen Einstiegsoption für Horror-Fan-Aspirant_innen. Die Film- und Fernsehhistorie hat bereits ein paar sehr gelungene Vertreterinnen dieser Möglichkeit hervorgebracht, etwa das Disney-Werk „Schreie der Verlorenen“ (1980) mit einer angemessen grimmigen Bette Davis oder die TV-Serie „Grusel, Grauen, Gänsehaut“ (1990-2000) über eine Gruppe von Kids, die sich unheimliche Geschichten am Lagerfeuer erzählen. Und natürlich spielen auch die großen Coming-of-Age-Abenteuer der 1980er Jahre wie „Die Goonies“ (1985) sowie langlebige Jugendbuch- und Hörspielreihen wie „Die drei ???“ mit der adoleszenten Lust am Unheimlichen.

Die österreichische Produktion, die auf dem gleichnamigen Roman von Martina Wildner aus dem Jahr 2012 basiert, beginnt mit einer klassischen Fish-out-of-Water-Situation: Der 16-jährige Hendrik (León Orlandianyi) zieht mit seiner verwitweten Mutter Sabine (Julia Koschitz) und seinem achtjährigen Bruder Eddi (Benno Roßkopf) von Hannover nach Bad Eisenkappel in Kärnten nahe der slowenischen Grenze. Seine Begeisterung darüber fällt eher gering aus. Das bezogene Haus wirkt heruntergekommen, die Leute im Dorf irritieren ihn mit ihrem Dialekt, und eine Clique von Halbstarken geht direkt auf Mobbing-Kurs. Doch es gelingt Hendrik auch, Freundschaften zu schließen – mit dem nerdigen Fritz (Lars Bitterlich) und der selbstbewussten Ida (Marii Weichsler).

Von Fritz erfährt Hendrik, dass eine Frau vor 40 Jahren im neuen Heim der dreiköpfigen Familie ihre beiden Söhne und dann sich selbst mit Pilzen vergiftet haben soll – und dass deren Geist angeblich noch immer im Haus herumspukt. Als sich der kleine Eddi plötzlich seltsam verhält und Hendrik wiederholt von Albträumen geplagt wird, geht das Trio der Sache auf den Grund und stößt auf ein lange gehütetes Geheimnis.

Das Drehbuch von Marcel Kawentel und Timo Lombeck sowie die Inszenierung von Daniel Geronimo Prochaska arbeiten mit zahlreichen Genre-Versatzstücken. So geht es um zornige Geister und Besessenheit, es kommt zu einer Séance, zu bedrohlichen Momenten auf dem finsteren Dachboden und zu einer finalen, lebensgefährlichen Verfolgungsjagd. In den Szenen, die Hendriks Albträume einfangen, rücken die Gothic-Motive ganz ins Zentrum. Doch bei aller Düsternis lebt Das schaurige Haus auch von einer angenehmen Situationskomik, für die in erster Linie der Sidekick Fritz sorgt. In die Klamaukgefilde des deutschsprachigen Mainstream-Kinderkinos rutscht das Werk dabei dankenswerterweise nicht ab. Der Synthie-Pop-Score vermittelt zudem eine wohlige 80s-Atmosphäre.

Sämtliche Figuren sind fraglos stereotyp angelegt, werden insgesamt aber zu mehr als nur wandelnden Klischees. Sowohl die familiäre Dynamik mit Hendriks anfänglicher Frustration über den Umzug in die Provinz als auch die entstehende Freundschaft zwischen Hendrik, Ida und Fritz wird liebevoll und feinfühlig gezeichnet. Für ein Genre-erfahrenes Publikum dürfte der Mystery-Plot keine allzu großen Überraschungen bereithalten; die Auflösung des Rätsels gerät recht konventionell. Dennoch trägt nicht zuletzt die gute Besetzung dazu bei, dass keine Langeweile aufkommt. Das schaurige Haus vermag somit gekonnt Appetit auf mehr Spannungskino machen.

Das schaurige Haus (2020)

Nach dem Umzug ihrer Familie aus der Großstadt in ein Dorf gehen zwei Brüder mit ihren neuen Freunden dem bedrohlichen Spuk in ihrem neuen Zuhause auf den Grund.

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