Das ist das Ende

Eine Filmkritik von Christopher Diekhaus

Wir sind Stars, holt uns hier raus!

Nicht selten kann aus einem Kurzfilm ein größeres Kinoprojekt entstehen. Ein prominentes Beispiel für dieses Phänomen ist der vor kurzem erschienene kanadisch-spanische Horrorschocker Mama. Auch die von Seth Rogen und Evan Goldberg geschriebene und inszenierte Weltuntergangskomödie Das ist das Ende geht auf eine frühere Kurzfassung zurück. Jay and Seth Versus the Apocalypse heißt das Werk, das 2007 unter der Regie von Jason Stone entstand und von zwei Freunden erzählt, die in einer Wohnung gefangen sind, während draußen das Ende der Welt eingeläutet wird. Obwohl recht bald Produzenten Interesse an dem Kurzfilm zeigten, dauerte es mehrere Jahre, bis eine Ausweitung des Stoffes Gestalt annahm. Das Ergebnis präsentiert sich nun als frivol-abgefahrene Parodie, die vor Peinlichkeiten selten zurückschreckt, dabei aber augenzwinkernd Verweise auf das Schauspielgeschäft und die Hollywood-Industrie liefert.
Der kanadische Schauspieler Jay Baruchel (Jay Baruchel) besucht seinen Landsmann Seth Rogen (Seth Rogen) in Los Angeles, um entspannt mit ihm abzuhängen. Wie sich zeigt, hat Seth jedoch ganz andere Pläne für den Abend, denn sein Kumpel James Franco (James Franco) schmeißt eine Hausparty. Da Jay wenig am oberflächlichen Hollywood-Gehabe interessiert ist, muss Seth seinen Jugendfreund erst überreden mitzukommen. Wie vermutet, gehen Jay die Gäste sehr schnell auf die Nerven. Seth hingegen amüsiert sich prächtig. Als die beiden einen Lebensmittelladen aufsuchen, um Zigaretten zu kaufen, geschieht es: Die Erde beginnt zu beben, und nicht nur das. Jay beobachtet, wie Menschen von einem blauen Lichtstrahl in den Himmel gezogen werden.

Entsetzt laufen die beiden Freunde zurück zu Francos Villa, wo das Partyvolk nach wie vor ausgelassen feiert. Niemand scheint etwas von den seltsamen Vorkommnissen mitbekommen zu haben. Zumindest machen sich die Anwesenden über Jays aufgeregte Schilderungen lustig. Als die Erde jedoch erneut erzittert, stürmt die prominente Partymeute panisch nach draußen, wo sich ein gewaltiger Krater auftut, der einen Großteil der Gäste verschluckt. Nur Seth, Jay, Franco, Jonah Hill (Jonah Hill), Craig Robinson (Craig Robinson) und der im Haus eingeschlafene Danny McBride (Danny McBride) können sich in der Villa in Sicherheit bringen. Notdürftig verbarrikadiert, vertreiben sich die Männer mit allerlei Unfug die Zeit. Je länger die Schauspieler allerdings eingesperrt bleiben, umso mehr kippt die Stimmung. Auch Jays Vermutung, die unerklärlichen Ereignisse könnten die biblische Apokalypse ankündigen, sorgt für wenig Begeisterung.

Neu ist die Idee sicherlich nicht, eine Gruppe von Menschen vor dem Hintergrund eines drohenden Weltuntergangs auf engem Raum einzusperren. Und doch entfaltet eben diese oft verwendete Prämisse in Das ist das Ende einen ganz eigenen Charme. Schließlich haben wir es hier nicht mit „normalen“ Zeitgenossen zu tun, sondern fiktiven Spielarten gestandener Hollywood-Größen. Das Geschehen erfährt so unweigerlich eine ironische Brechung. Stets präsent ist eine Meta-Ebene, auf der die agierenden Schauspieler mit ihren jeweiligen Images spielen. Schon während der rauschenden Party kommt es zu diversen übersteigerten Auftritten und amüsanten Anspielungen: Etwa wenn sich der bübisch aussehende Michael Cera (Michael Cera) als notgeiler Aufreißer geriert, den es beim Ausbruch der Apokalypse passenderweise äußerst drastisch erwischt. Auch James Franco scheint es Spaß zu bereiten, mit den an seine Person geknüpften Vorstellungen zu jonglieren. So weist der betont lässige und ständig kiffende Gastgeber immer wieder auf sein Kunstinteresse hin, erscheint aber gerade dadurch erschreckend prätentiös. Ganz ungeniert greift der Film das öffentliche Bild des multitalentierten Francos auf, das der umtriebige Schauspieler, Autor, Regisseur und bildende Künstler in der Realität freilich fortlaufend mitgestaltet.

Nach einigen derben Splatter-Einlagen im Zuge des Promi-Sterbens (neben Rihanna kommt beispielsweise auch Jason Segel ums Leben) fokussiert sich die Handlung ganz auf die aberwitzige Schicksalsgemeinschaft in Francos Villa. Die grundverschiedenen Männer versuchen zunächst, das Beste aus der dramatischen Situation zu machen, indem sie unter Drogeneinfluss und mit Amateurequipment eine Fortsetzung zur Krimikomödie Ananas Express drehen, in der Rogen, Franco, McBride und Robinson 2008 zu sehen waren. Neben den gemeinschaftlichen Spaß treten recht bald aber auch der Egoismus und die Neurosen der Stars. So entbrennen mehrmals Streitigkeiten um die begrenzten Vorräte, darunter auch ein Schokoriegel, den jeder der Beteiligten gerne für sich beanspruchen würde. Mehr als einmal überschreiten die gewollt provokanten und sexuell aufgeladenen Wortgefechte die Grenze zur Geschmacklosigkeit. Und doch wirkt der Film, dank seines doppelten Bodens, nur selten wirklich banal. Das ist wenig verwunderlich, denn letztlich geht es auch in Das ist das Ende um nichts anderes als den Wert von Freundschaft und das Eingeständnis eigener Fehler – eine emotionale Ebene, die, ungeachtet aller Derbheiten, stets zum Vorschein kommt.

Die vorsätzliche Abstrusität der Geschichte zeigt sich spätestens, als das Grauen außerhalb des Hauses ein Gesicht bekommt. In einer skurrilen Szene, die auf Polańskis Horrorklassiker Rosemaries Baby (1968) verweist, wird eine der Figuren im Schlaf von einem monströsen Dämon vergewaltigt. Daraufhin gerät das Geschehen vollends außer Kontrolle, und die verbliebenden Schauspieler sehen sich nach einer ausgedehnten Exorzismus-Sequenz zum Verlassen der Villa gezwungen. Trotz einer Kaskade an Spezialeffekten gehen die vorangegangen zwischenmenschlichen Töne nicht gänzlich verloren. Im Gegenteil, gerade sie liefern den Schlüssel zur „Rettung“ aus dem Chaos, wobei nicht alle Figuren dem denkwürdig-komischen Finale beiwohnen dürfen.

Gewiss wird der recht vulgäre Anstrich von Das ist das Ende so manchen Zuschauer vor den Kopf stoßen. Wer sich dennoch auf das eigensinnige Abenteuer einlassen kann, wird belohnt mit grotesk-übertriebener Hollywood-Selbstbeschau, die es in dieser Form schon lange nicht mehr zu sehen gab. Obwohl der Kurzfilmstoff „gestreckt“ wurde, bleibt der Charme der Ursprungsidee erhalten. Auch im Großen wirkt die Komödie wie ein liebevoller Einfall unter (Schauspiel-)Freunden, der bei einem feucht-fröhlichen Partyabend entstanden sein könnte.

Das ist das Ende

Nicht selten kann aus einem Kurzfilm ein größeres Kinoprojekt entstehen. Ein prominentes Beispiel für dieses Phänomen ist der vor kurzem erschienene kanadisch-spanische Horrorschocker „Mama“. Auch die von Seth Rogen und Evan Goldberg geschriebene und inszenierte Weltuntergangskomödie „Das ist das Ende“ geht auf eine frühere Kurzfassung zurück.
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