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In der deutsch-französischen Co-Produktion „Luise“ konfrontiert Matthias Luthardt sein Figurentrio in einem historischen Setting mit emotionalen Spannungen.

Luise (2023)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Zwei Frauen und ein Mann

Die 1923 veröffentlichte Novelle Der Fuchs von D. H. Lawrence wurde Mitte der 1960er Jahre von Mark Rydell verfilmt. Die Adaption zeigt, wie ein Mann namens Paul (Keir Dullea) zu dem weiblichen Liebespaar Jill und Ellen (Sandy Dennis und Anne Heywood) auf einer kanadischen Hühnerfarm hinzustößt. Paul bekundet alsbald Interesse an Ellen. Die beiden kommen einander körperlich näher – und Jill reagiert mit Eifersucht. Am Ende wird Jill von einem riesigen Baum erschlagen. Ellen und Paul bleiben zurück. Die Hetero-Norm hat sich brutal durchgesetzt.

Auch das Drehbuch zum historischen Drama Luise, das der Autor Sebastian Bleyl in Zusammenarbeit mit dem Regisseur Matthias Luthardt geschrieben hat, wurde von Lawrences Werk inspiriert. Die Geschichte geht indes neue Wege. Im Zentrum steht hier die junge Titelfigur, verkörpert von Luise Aschenbrenner, die kurz vor dem Ende des Ersten Weltkrieges als Bäuerin auf einem abgelegenen Hof im Elsass lebt.

Plötzlich wird Luise mit zwei Fremden in ihrem Haus konfrontiert. Zum einen ist da die sichtlich verängstigte Französin Hélène (Christa Theret), die auf der Durchreise nach Holland ist. Und zum anderen der deutsche Soldat Hermann (Leonard Kunz), der Hélène verfolgt, da sie seinen übergriffigen Kameraden getötet haben soll. Er selbst ist schwer verwundet. Luise gewährt schließlich beiden Unterschlupf auf ihrem Hof – wodurch eine angespannte Situation zwischen dem Trio entsteht.

Matthias Luthardt (Jahrgang 1972) hat bereits in seinem Langspielfilmdebüt Pingpong (2006) sein Talent für die Erzeugung emotional aufgeladener Figurenkonstellationen bewiesen. Auch in Luise kochen die Gefühle langsam, aber intensiv hoch; die Sprachbarrieren sorgen für zusätzliche Komplikationen. Mit der Bildgestalterin Lotta Kilian fängt Luthardt das Kammerspiel in prägnanten, angemessen strengen Einstellungen ein. Der entlegene Hof in der Region Elsass, die im Jahre 1918 noch deutsches Reichsgebiet war, dient überzeugend als Kulisse des beklemmenden Geschehens.

Wir beobachten, wie sich die Heldin zunehmend zu Hélène hingezogen fühlt – zugleich jedoch negativ von Hermann beeinflusst wird. Dieser nutzt Luises religiöse Überzeugungen aus, um ihr einzureden, dass ihre Beziehung zur „gottlosen Französin“ eine Sünde sei. In einigen Wendungen der Geschichte geht der Film etwas zu abrupt vor. Während manche Entwicklungen und Veränderungen sehr fein aufgezeigt werden, mangelt es dem Plot vor allem im letzten Drittel zuweilen an Schlüssigkeit.

Die 1995 in München geborene Hauptdarstellerin Luise Aschenbrenner brilliert indes durchweg mit ihrem empathischen Spiel. Der Figur ist anzumerken, dass sie sich in den Zeiten des Krieges eine harte Schale zugelegt hat, um sich zu schützen. Mit Hingabe lässt Aschenbrenner uns spüren, wie die aufkeimende Liebe zu Hélène diese Schale zu durchbrechen vermag – und wie die Schuldgefühle, die Hermann ihr aus Eigeninteresse bereitet, Luise zu zerstören drohen. Als Charakterstudie einer Frau, die ihre eigenen Bedürfnisse erkennt, ist Luise fraglos ein bemerkenswerter Film.

Luise (2023)

Oktober 1918 im Elsass, kurz vor Ende des ersten Weltkriegs. Die fromme Bäuerin Luise lebt alleine auf einem abgeschiedenen Bauernhof in der Nähe der französischen Grenze. Eines Morgens steht Hélène in ihrer Küche, eine junge Französin auf der Flucht vor einem deutschen Soldaten. Kurz darauf erscheint auch Hélènes verletzter Verfolger Hermann, der selbst wie ein Getriebener scheint. Luise versorgt die Wunden des Soldaten und entscheidet sich, beiden Unterschlupf zu gewähren. Doch während sich die beiden Frauen in den nächsten Tagen anfreunden und immer näher kommen, reagiert Hermann zunehmend gereizter. Er will Luise mit allen Mitteln für sich gewinnen.

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