Renoir (2012)

Eine Filmkritik von Stefan Otto

Der Maler, der Regisseur und die Muse

Andrée Heuschling ist ein Mädchen von nirgendwo, das von einer Toten geschickt wurde, heißt es zu Beginn von Renoir. Es ist das Jahr 1915, der Erste Weltkrieg ist im Gange, und Aline Charigot, die Frau des Malers Auguste Renoir, die erkannte, dass Andrée geeignet sein würde dem Maler Modell zu stehen, ist jüngst verstorben.

Auguste Renoir (Michel Bouquet) sitzt im Rollstuhl, seine Finger sind steif. Er ist alt, schwer getroffen vom Verlust seiner Frau sowie von den schlechten Nachrichten von der Front, an der zwei seiner Söhne kämpfen. Andrée (Christa Theret) ist Schauspielerin, Tänzerin, Sängerin, jetzt auch Modell, was auch immer gerade gefragt ist. Sie besitzt die junge, samtene, atmende Haut, nach der es Renoir verlangt, und sie präsentiert sie vom Scheitel ihres roten Haares bis zu den Spitzen ihrer Zehen.

Claude, Augustes jüngster Sohn, prophezeit ihr, sie werde mit seinem Vater im Bett landen, wie all die anderen vor ihr. Sie erklärt, sie sei eine Schauspielerin, aber keine Hure. Sie muss wiederholt Vergleiche mit des Malers Lieblingsmodell Gabrielle Renard aushalten und das vorwitzige Gerede der Bediensteten, die Renoirs wohlhabendes Haus und die Mägen seiner Bewohner versorgen. Doch dem altersweisen Renoir schenkt Andrée neue Energie, sie inspiriert ihn und gewinnt sein Herz.

Jean (Vincent Rottiers) kehrt an Krücken vom Krieg zurück, desillusioniert, ideen- und ziellos. Er macht alles und nichts, sagt er selbst. Andrée inspiriert auch ihn. Er verliebt sich in sie. Sie entfacht sein Interesse für Film. Später, da ist dieser Film hier schon vorbei, werden sie heiraten und sie wird unter dem Pseudonym Catherine Hessling die Hauptrollen in seinen ersten Filmen spielen, die Nana nach Emile Zola, beispielsweise, oder Das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzern / La petite marchande d’allumettes nach Hans Christian Andersen. Und rückblickend wird Jean Renoir erklären: „Ich habe mit dem Filmen nur in der Hoffnung begonnen, aus meiner Frau einen Star zu machen.“

Gilles Bourdos‘ Kunst- und Kostümfilm, der ein wenig an Abschied — Brechts letzter Sommer erinnert, fügt Gabrielle Renard und Andrée Heuschling, zwei Frauen, die in Jean Renoirs Leben wichtige Rollen einnahmen, zu einer einzigen Figur zusammen. Er zeigt sie als Muse für Vater und Sohn, als Muse auch an der Grenze zwischen Malerei und Filmkunst. Er fasst sie in schöne Bilder, die nicht mit denen Auguste Renoirs wetteifern. Er erzählt ein interessantes Kapitel Kunst- und Filmgeschichte, das noch mehr hergeben könnte.
 

Renoir (2012)

Andrée Heuschling ist ein Mädchen von nirgendwo, das von einer Toten geschickt wurde, heißt es zu Beginn von „Renoir“. Es ist das Jahr 1915, der Erste Weltkrieg ist im Gange, und Aline Charigot, die Frau des Malers Auguste Renoir, die erkannte, dass Andrée geeignet sein würde dem Maler Modell zu stehen, ist jüngst verstorben.

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Meinungen

Martin Zopick · 12.05.2022

Es ist kein Biopic im herkömmlichen Sinne, sondern nur ein sehr schönes Stimmungsbild aus dem Hause Renoir, wo Andrée (Christa Theret) vorübergehend dem Alten Modell saß. Es passiert auch nicht all zu viel. Dafür werden wir in einen Rausch von Farben und Formen getaucht und in eine Landhausatmo gepackt, wo uralte Bäume ständig von der Sonne beleuchtet werden und ein Vorgeschmack vom Paradies aufkommt. Die junge Andrée laviert zwischen Vater (altersgerecht beeindruckend Michel Bouquet) und Sohn (Vincent Rottiers). Der alte Mann (1841-1919) ist fast bewegungsunfähig und kann ihr jetzt nur noch seine Schulter anbieten, an die sie sich liebevoll anlehnt. Mit dem Sohn wird sie die Zukunft gestalten. Er weist ihr den Weg zum Film. Soviel Realismus ist auch drin. Die Dialoge streifen den Krieg (1. Weltkrieg) und die Aktivitäten wie Baden im Meer, Spanziergänge im Park oder seine ewig vielen Stillleben reflektieren den Geist von Renoirs Bildern. Auch wenn Renoir die Kurtisanen von Tizian als Vorlage für seine zahlreichen Badenden im Kopf hatte, malte er doch lieber von einem lebenden, knackigen Modell ab. Hier in unserer Phase ist es die junge, sinnliche Andrée, von der er sagt "Das Mädchen aus dem Nichts, geschickt von einer Toten" (seiner verstorbenen Frau). Sie fühlt sich als Künstlerin und wird Sohn und Vater als Muse beflügeln. Und genau hinschauen konnte er schon noch "Sie hat Titten zum Niederknien."
Ein stiller, farbenprächtiger Film, der nichts Neues zu Tage fördert, aber wie sagte schon Keats "A thing of beauty is a joy forever." Schön! Aber mit der Zeit auch etwas langweilig.

Martine · 12.05.2013

Was für eine riesige Enttäuschung. Wunderschöne Farben u Kameraführung, tolle Kostüme- aber das war es auch schon. Für mich kam nichts herüber..bin beinah angenehm eingschlafen. Dabei hätte man doch noch so viel mehr an Dialogen herausholen können. Alles blieb so unendlich flach u seicht. Schade.

Unicorn · 11.03.2013

Netter, sauberer Film, der aber gewaltig unter seinen Möglichkeiten bleibt.

Marina Philippowa · 23.02.2013

Leider enttäuscht! UNd es liegt an die Hauptdarstellerin: ich weiss, dass sie nicht angenehm sein sollte, das Problem ist, da die Schauspielerin leider nicht genug begabt ist, - echt schade!
Das beste ist die Leistung von den Kameramann - wunderbar!