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In „Neneh Superstar“ schildert Ramzi Ben Sliman, wie die Titelheldin gegen Diskriminierung im traditionellen Ballettbetrieb antanzt.

Neneh Superstar (2022)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Neneh hat es satt

Tanz ist Transgression, Tanz kann Grenzen überwinden. Das haben etwa schon Filme wie „Flashdance“ (1983), „Billy Elliot – I Will Dance“ (2000) oder „Step Up“ (2006) gezeigt. Auch in „Neneh Superstar“ erzählt der Drehbuchautor und Regisseur Ramzi Ben Sliman von der Kraft des Tanzes und von den vielen Hürden, die es zu nehmen gilt, um den eigenen Traum leben zu können.

Wir begleiten die zwölfjährige Neneh Gnaoré (Oumy Bruni Garrel) beim Vortanzen für einen der begehrten Plätze an der renommierten Ballettschule der Pariser Oper. „Du siehst überhaupt nicht nach Oper aus“, stellt eine Freundin von Neneh fest. Und tatsächlich sticht die Protagonistin aus der Masse der weißen und betont zurückhaltenden Mitbewerberinnen hervor: Sie will die erste Schwarze Ballerina an der Pariser Oper werden – und stammt nicht, wie ein Großteil der anderen Mädchen, aus einem privilegierten Haushalt, sondern aus einem der Pariser Banlieues.

Ihre Eltern Martine (Aïssa Maïga) und Fred (Steve Tientcheu) unterstützen Neneh. Hier vermeidet das Skript das Klischee der Erwachsenen, die das Kind entweder an der Verwirklichung von dessen Zielen hindern oder die es allzu sehr unter Druck setzen. Martine äußert gelegentlich Bedenken; dennoch steht das Ehepaar hinter den Wünschen der Tochter. In der Zeichnung des Umfeldes an der Ballettschule greift Sliman indes zuweilen auf Stereotype zurück – indem zum Beispiel die Mitschülerinnen von Neneh kaum als Individuen, die ebenfalls ihre eigenen Träume haben, dargestellt werden.

Was dem Film wiederum sehr gut gelingt, ist die klare Verdeutlichung einer strukturellen Diskriminierung. „Ich habe es satt, Schwarz zu sein“, meint Neneh an einer Stelle, da ihr immer wieder Steine in den Weg gelegt werden. Doch ihr Vater korrigiert sie: „Du hast es satt, wie Schwarze behandelt werden.“ Wiederholt sieht sich die adoleszente Heldin einer Benachteiligung ausgesetzt, etwa wenn es um die Besetzung der Rollen im Stück Schneewittchen geht. Eine Schlüsselfigur ist dabei die Schuldirektorin Marianne Belage (Maïwenn), die sich bereits zu Beginn gegen eine Aufnahme von Neneh als Schülerin ausspricht. Die ehemalige Tänzerin hat ihre eigene nordafrikanische Herkunft einst, unter anderem durch eine Änderung ihres Namens, kaschiert und hat den Rassismus, mit dem sie damals konfrontiert wurde, längst internalisiert.

Eine weitere entscheidende Stärke von Neneh Superstar ist die überzeugende Hauptdarstellerin Oumy Bruni Garrel (Tochter des Schauspiel-/Regie-Ex-Paares Valeria Bruni Tedeschi und Louis Garrel). Mit immenser Energie, die an die beiden Interpretinnen Aileen Quinn und Quvenzhané Wallis aus den Annie-Adaptionen der Jahre 1982 und 2014 denken lässt, wirbelt das junge Talent durch den Film und beeindruckt dabei sowohl in den klassischen Ballettpassagen als auch in den Momenten, in denen Neneh selbstbewusst ihre Streetdance-Moves darbietet. Bruni Garrel stattet die Figur mit vielen Ecken und Kanten aus und lässt uns mitfiebern.

Neneh Superstar (2022)

Als die 12-jährige Neneh an der renommierten Ballettschule der Pariser Oper aufgenommen wird, kann sie ihr Glück kaum fassen. Tanzen war schon immer ihre Leidenschaft. Als einziges Schwarzes Mädchen an der Schule merkt sie jedoch bald, dass sie es trotz ihres unbestrittenen Talents schwerer hat als ihre Mitstreiterinnen. Besonders die traditionsbewusste Direktorin Marianne Belage lässt Neneh spüren, dass sie nicht wirklich willkommen ist. Doch Neneh kämpft selbstbewusst weiter für ihren großen Traum, nicht ahnend, dass Madame Belage ein Geheimnis hütet, das sie mit der kleinen Ballerina verbindet. (Quelle: Weltkino)

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