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Wenn der Mann das Ehebett vor allem als Schlafstätte schätzt, geht er womöglich auf die 50 zu. Wie sein Hormonspiegel sinkt dann auch das Gefühl seiner Frau, begehrt zu werden. Das geplagte Paar in Florian Gallenbergers Bestseller-Verfilmung geht getrennte Wege in einen prekären zweiten Frühling. 

Es ist nur eine Phase, Hase (2021)

Eine Filmkritik von Bianka Piringer

Schwer geprüftes Alterspubertier

Auch ein glückliches Ehepaar wie Paul (Christoph Maria Herbst) und Emilia (Christiane Paul) ist vor der Midlife-Crisis nicht gefeit. Den Schriftsteller und die Synchronsprecherin, die drei Kinder haben, trennt nur noch wenig Lebenszeit vom bösen Alter 50. In ihrem Freundeskreis hören sie Alarmierendes darüber. So findet Heike (Barbara Philipp), dass sie mit 50 in Männerjahren schon 100 sein müsse. Theo (Jürgen Vogel) und Jonathan (Peter Jordan) erklären dem verschreckten Paul, dass sie alle „Alterspubertiere“ seien, denn ab 40 werde die Pubertät quasi hormonell rückabgewickelt. Die Komödie, die auf dem gleichnamigen Bestseller von Maxim Leo und Jochen Gutsch basiert, schaut amüsiert zu, wie sich Paul und Emilia in der wachsenden Kluft zwischen Wollen und Sein emotional verheddern.

Ähnlich wie schon Das Pubertier von 2017 basiert auch dieses Werk also auf einer Buchvorlage, die sich mit launigen Beobachtungen einer Umbruchphase im menschlichen Leben widmet, um die niemand herumkommt. Ob wie bei Jan Weiler mit elterlichem Blick auf die merkwürdigen Veränderungen der Teenager-Sprößlinge erzählt oder wie bei Leo und Gutsch aus der Perspektive eines 48-jährigen Mannes in der eigenen Krise, besitzen die gedruckten Anekdoten Realitätsnähe und Wiedererkennungswert. Unter der Regie von Florian Gallenberger (John Rabe, Colonia Dignidad), der mit Malte Welding auch das Drehbuch schrieb, erzählt die Komödie Es ist nur eine Phase, Hase jedoch eine eigene Geschichte mit einem durchgehenden Spannungsbogen. Sie entfernt sich immer wieder relativ weit von der Buchvorlage, aus der sie zwar einige witzige Szenarien übernimmt, diese aber in der Regel auch verändert. 

Die Filmversion entpuppt sich rasch als abgedroschene Trennung-auf-Probe-Geschichte. Sobald Emilia beschließt, dass sie eine eheliche Auszeit braucht und Paul sich eine kleine Wohnung nimmt, ist der arme Mann auf die Rolle des unrasierten Depressiven festgelegt. Er versucht sich zwar mit der jungen Lehrerin (Jytte-Merle Böhrnsen) seiner Tochter zu trösten, doch die will noch viel mehr anstrengenden Sex als die Gattin. Emilia poliert ihr Ego derweil mit dem jungen Lover Ruben (Nicola Perot) auf. Den finden zu Pauls Leidwesen sogar die eigenen Kinder nett. Die Kinder, vor allem die altkluge Marie (Bella Bading), müssen übrigens mit ihren Deutungen der Erwachsenenpsyche die Witze liefern, die die amourösen Abenteuer und die Leiden von Paul und Emilia nicht immer hergeben wollen.

Im Buch trennen sich der Protagonist und seine Frau nicht, und die sexuellen Wünsche, die er gegenüber der jungen Lehrerin entwickelt, bleiben unerfüllt. So erlebt er erstens auch die Veränderungen, die in seiner Frau vorgehen – die Hitzewallungen, die Reizbarkeit, die Wellness-Manie – liebevoll beobachtend oder leidgeprüft mit. Die Alterspubertät wird zum gemeinsamen Problem, das auch neu zusammenschweißen kann. Zweitens schildert das Buch sehr humorvoll die Unsicherheit des Mannes, ob ihn die junge Lehrerin wirklich verführen will oder ob ihm die eigene Geilheit einen Streich spielt. Im Film hat die reizvolle Ebene des Reflektierens über die Kluft zwischen Wunsch und Wirklichkeit das Nachsehen gegenüber einer oftmals klamaukig zugespitzten Handlung. 

Paul stürzt sich nicht wie der Buchcharakter in sportliche Aktivitäten, kauft keine unpassenden Klamotten, wird von der Ehefrau nicht zu quälenden Wellness-Anwendungen geschleppt. Er hängt oft nur in seinem traurigen Apartment rum. Es gibt keine Erzählstimme aus dem Off samt bebilderten Fantasien, die den inneren Monolog des Protagonisten und damit den Humor des Buches wiedergeben könnten. So fehlen beispielsweise auch in der Szene, in der sich Paul über den Partylärm der Nachbarn beschwert, die lustigen Überlegungen des Buchcharakters, wie er den jungen Leuten gegenübertreten will. 

Während Christoph Maria Herbst sein komödiantisches Potenzial aufgrund der Depri-Haltung seines Charakters nicht voll ausspielen kann, wirkt Christiane Paul als Emilia gewohnt taff und immun gegen exaltierte Überempfindlichkeiten. Die Nebenfiguren in Gestalt der Freund*innen des Paares kommen wenig zur Geltung, sie arbeiten hauptsächlich in kurzen Szenen Paul oder Emilia zu. Immerhin, einiges wäre doch zu lernen über die Alterspubertät aus dieser sehr stromlinienförmig abgespulten Komödienkost: Eine Prostatauntersuchung kann voll peinlich sein. Der Spatz in der Hand ist besser als die Taube auf dem Dach. Bis zum Erreichen der Altersweisheit bleibt auch in der zweiten Lebenshälfte noch viel Raum für Abenteuer mit komischem Potenzial.

Es ist nur eine Phase, Hase (2021)

Paul und Emilia waren immer das Traumpaar. Er, Autor einiger erfolgreicher Romane über die Generation Golf, sie Synchronsprecherin für Telenovelas, gemeinsam haben sie drei Kinder: Bo, der alles wissen möchte, Marie, die alles weiß, und Fe, die immer wütend ist. Es könnte so schön sein.

Aber mit Ende 40 kommen die körperlichen Einschläge näher. Die Haare werden dünner, die Sehkraft nimmt ab und die Libido ebenso. Irgendwann dämmert es den Beiden: Jung sind nur noch die anderen. Als Emilia nach einem One-Night-Stand mit dem jüngeren Ruben eine Beziehungspause möchte und sich ins Leben stürzt, schaut Paul in den Abgrund. Seine Freunde Theo und Jonathan stehen ihm mit fragwürdigen Ratschlägen zur Seite, sein Verleger lehnt sein neues Manuskript als „hoffnungslos“ ab. Paul greift in seiner Verzweiflung zu Antidepressiva und Testosterontabletten und beginnt eine Affäre mit der jungen Lehrerin seiner Tochter, was seinem Dasein allerdings auch nicht viel Würde einhaucht. Nichts bringt ihm das zurück, was er vermisst: seine Jugend und Emilia.

Auf dem 50. Geburtstag einer gemeinsamen Freundin treffen sich Paul und Emilia wieder – die Situation eskaliert und eine Scheidung scheint unvermeidlich. Doch da haben die Kinder auch noch ein Wörtchen mitzureden… (Quelle: Majestic Filmverleih)

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Meinungen

Ulrike · 19.10.2021

Ich fand es sehr unterhaltsam und manchmal nachdenklich.

Jörg · 18.10.2021

Nicht zu empfehlen, abgesehen von einigen witzigen Sprüchen ist die gesamt Handlung vorhersehbar und der Film hat besonders in der 2.Hälfte viele Längen - ist da schon langweilig und die Handlung wäre in 15 min weniger darstellbar. Insgesamt das gleich abgedroschene Schema, wie es es schon vor 30 Jahren mit "Männer" gab, damals neu und witziger!