Stromberg - Der Film

Eine Filmkritik von Christopher Diekhaus

Betriebsfest mit Folgen

Die ersten Einstellungen sind ungewohnt: Viel Glas, gediegene Farben, eine große Halle. Mittendrin Bernd Stromberg (Christoph Maria Herbst), seines Zeichens Leiter der Schadensregulierung bei der CAPITOL-Versicherung. Weit und breit ist nichts zu sehen von der Trostlosigkeit und Enge der Bürowelt, die den Protagonisten sonst umgibt. Er setzt zu neuen Höhenflügen an. Betritt ein neues Umfeld. Erobert nun die große Leinwand. Das wollen uns diese Bilder sagen. Und doch sind sie nur ein Vorausgriff auf das Ende des Films. Ein Leckerli, das dem Zuschauer die kommenden anderthalb Stunden noch schmackhafter machen soll. Bevor wir erfahren, wo sich Stromberg befindet, springt der Film zurück. Zunächst dorthin, wo täglich wahnwitzige Kämpfe ausgetragen werden. Wo ein Chef residiert, den man seinem größten Feind nicht wünscht. Wo deutsche Spießbürgerlichkeit und Anmaßung zu Hause sind. Ins graue, triste Büro der preisgekrönten Fernsehserie Stromberg, die nach fünf Staffeln mit einem Kinofilm ihren gelungenen Abschluss findet – vorerst zumindest.
Glücklichen Fügungen war es zu verdanken, dass Stromberg am Ende der letzten Folge seine Kündigung unwirksam machen und auf den Chefsessel der Schadensregulierung zurückkehren konnte. Eigentlich läuft alles rund für den Abteilungsleiter. Wenn da nicht eine kleine Information wäre, die ihm ausgerechnet der mürrische Hausmeister steckt: Schon in Kürze soll die Filiale, in der Stromberg sein Unwesen treibt, geschlossen werden. Ein Schlag ins Gesicht des Rehabilitierten, der jedoch, wie so oft, ein Licht am Ende des Tunnels erblickt. Denn ausgerechnet jetzt steht die Jubiläumsfeier zum 50-jährigen Bestehen der CAPITOL-Versicherung an, bei der auch die Herren der Vorstandsetage anwesend sein werden. Kurzerhand macht sich Stromberg gemeinsam mit seiner Belegschaft auf in das Landhotel, in dem die Party steigen soll. Zwei Ziele hat er dabei im Gepäck: Erstens will er seine Flamme Jennifer Schirrmann (Milena Dreißig) zurückgewinnen und zweitens den Vorzeigevorgesetzten mimen, um so einen Wechsel in die Zentrale anzubahnen. Dummerweise verfolgt Ernie (Bjarne I. Mädel) ganz ähnliche Pläne, sodass Chaos und Anarchie recht bald um sich greifen. Stromberg wäre allerdings nicht Stromberg, wenn er die Turbulenzen nicht für sich zu nutzen wüsste.

Dass sich ein Kinofilm von einer TV-Serie unterscheiden muss, versteht sich von selbst. Niemand zahlt gerne Eintritt für etwas, das er genauso gut im Fernsehen geboten bekommt, und dort auch noch umsonst. Verwundern muss es also nicht, dass die Macher den engen Bürokosmos nur zu Beginn bespielen und ihn dann hinter sich lassen. Die Figuren müssen raus aus ihrem alltäglichen Trott und hinein in einen größeren Zusammenhang. Eine größere Geschichte mit erhöhtem Konfliktpotenzial. Ein Betriebsjubiläum, noch dazu in der deutschen Provinz, ist da sicher keine schlechte Idee, lassen sich so doch alte Gesichter aus dem Hut zaubern und der miefig-spießige Bürogeruch in abgewandelter Form wiederbeleben.

Daneben gilt es aber auch, charakteristische Merkmale des Fernsehformats beizubehalten. Sie dürfen nicht unter den Tisch fallen, will man die eingefleischte Fangemeinde, die das Projekt per Crowdfunding mitfinanziert hat, wirklich auf seine Seite ziehen. Stromberg – Der Film leistet hier ganze Arbeit, denn er übernimmt nicht nur den markanten Mockumentary-Stil der Serie (die bekanntermaßen vom britischen The Office inspiriert wurde). Er trifft auch in unnachahmlicher Weise den sarkastischen bis schamlosen Ton, der Stromberg im deutschen Fernsehen zu einem Ausnahmephänomen avancieren ließ. Fast hat es den Anschein, als hätte Produzent und Drehbuchautor Ralf Husmann noch einmal alles aus sich herausgekitzelt. Stromberg pöbelt, intrigiert und buckelt, wo immer es geht. Bereichert seine Umwelt auf seine ganz eigene Art mit unzähligen Vergleichen, Wortspielen und bitterbösen Wahrheiten, die zum Lachen und Fremdschämen einladen. Nur gelegentlich gibt es ein wenig Leerlauf. Ab und an muss der Köcher mit neuen Pointen aufgefüllt werden.

Wie in der Serie, bekommen auch im Film die wichtigsten Figuren ihre eigenen Geschichten. So kämpfen Tanja (Diana Staehly) und Ulf (Oliver K. Wnuk) nach wie vor mit der richtigen Justierung ihrer Ehe und pflegen eine ganz unterschiedliche Beziehung zu ihrem neuen Pflegesohn Marvin (Max Kluge), der sie nach Rücksprache mit dem Chef auf die Betriebsfeier begleiten darf. Eine Entscheidung, die für manchen Ärger sorgt, da der verschlossene Junge – er spricht im Grunde kein einziges Wort – allerhand Schabernack treibt. Jennifer Schirrmann will die Annäherungsversuche Strombergs zunächst abblocken, da sie bisher so oft von ihm enttäuscht wurde. Und der Protagonist selbst liefert sich mit seinem Stellvertreter Ernie einen waschechten Profilierungswettbewerb, der schon auf der Fahrt zum Veranstaltungsort eskaliert. Während Stromberg, ganz der fürsorgliche Papa, als den er sich sieht, aufs Spaßpedal drückt und reichlich Alkohol ausschenkt, versucht Ernie, ein kulturell wertvolles Reiseprogramm auf die Beine zu stellen, blitzt damit aber bei den bierseligen Kollegen ab.

Wirklich rund geht es, als die Betriebsfestivitäten ihren Anfang nehmen und Stromberg das Partyzepter an sich reißt. Tritt er dabei anfangs noch von einem Fettnäpfchen ins nächste, kann er Vorstandsmitglied Klinkhammer (Michael Wittenborn) mit zunehmender Dauer von seinen Fähigkeiten überzeugen. Ein kurzfristig ausgeborgter Provinz-DJ, ein schmissiger Papa-Song und allerhand Seitenhiebe auf die eigene Firma reichen aus, um den Festsaal in ein Tollhaus zu verwandeln. Eine Entwicklung, die Stromberg auf eine ungeahnte Reise schickt und ihn schon bald vor eine große Entscheidung stellt: Soll er sich einmal mehr durchmogeln? Den eigenen Vorteil über alles andere stellen? Oder auf seine menschliche Seite hören, die tief in ihm schlummert? Husmanns Antwort ist so etwas wie ein Kompromiss und gibt dem Film eine herrlich absurde Wendung, die Bürohengst Stromberg zum Straßenkämpfer mutieren lässt. Mitunter etwas schludrig ausformuliert, bietet dieser Richtungswechsel doch allerhand treffende Situationskomik.

Wenn der Film am Ende zu seinem Ausgangspunkt zurückkehrt, schließt sich nicht nur ein Kreis, sondern auch ein Kapitel, das die deutsche Fernsehlandschaft ohne Zweifel bereichert hat. Eine Rückkehr auf den Bildschirm wird es sicherlich nicht geben. Was aber nicht heißen muss, dass eine Fortsetzung im Kino unmöglich wäre. Im Gegenteil: Stromberg selbst deutet dies zumindest an, als er entgeistert feststellt, dass die Treppe in seinem neuen „Zuhause“ noch weiter hinaufführt.

Stromberg - Der Film

Die ersten Einstellungen sind ungewohnt: Viel Glas, gediegene Farben, eine große Halle. Mittendrin Bernd Stromberg (Christoph Maria Herbst), seines Zeichens Leiter der Schadensregulierung bei der CAPITOL-Versicherung. Weit und breit ist nichts zu sehen von der Trostlosigkeit und Enge der Bürowelt, die den Protagonisten sonst umgibt. Er setzt zu neuen Höhenflügen an. Betritt ein neues Umfeld. Erobert nun die große Leinwand. Das wollen uns diese Bilder sagen.
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Meinungen

Herbert · 24.03.2014

Es ist doch immer wieder erschütternd, welche Kenntnisse der deutschen Sprache die Leute heutzutage haben. Da wird eine Sache für das Kino "adoptiert" statt adaptiert (macht ja auch keinen Unterschied), es kommt keine "Langweile" statt Langeweile auf und ein Schmankerl wird zum "Schmankel"... Da muß man schon froh sein, daß ansonsten nur diverse "das/dass" konsequent ignoriert werden. Armes Deutschland... Der Film ist aber empfehelenswert!

Tom H. · 22.02.2014

Ich liebe die Serie STROMBERG seit ihrem Erscheinen. Als sie für das Kino adoptiert werden sollte, war ich aber erstmal skeptisch, da so etwas schnell in die Hose gehen kann. Gestern war ich dann im Kino und kann glücklich sagen/schreiben: Das Projekt ist geglückt, der Papa überzeugt auch auf der großen Leinwand.
Autor Ralf Husmann hat ein wirklich tolles und kreatives Drehbuch verfasst und durch den Kniff mit dem Betriebsausflug kann man die 120 Minuten des Films auch gut ausfüllen. Dabei wird ein ordentliches Tempo vorgelegt, so dass nie Langweile aufkommt. Das Husmann auch nach 5 Staffeln immer noch so viele Sprüche für Stromberg einfallen, ist schon echt bewundernswert.
Das Ensemble des Films ist ja aus der Serie bereits bekannt und alle legen eine tolle Spielfreude an den Tag. Allen voran natürlich Christoph Maria-Herbst als ******, der einfach nur rockt. Wie man Stromberg hier teilweise inszeniert bzw. wie er sich innerhalb der Filmhandlung inszeniert, ist echt zum Brüllen. Der ganze Kinosaal war durchgehend am Lachen, DAS nenne ich mal eine Komödie.
Es gibt viele kreative Einfälle, Running Gags und auch wieder ein paar emotionalere Momente. Zudem haben fast alle Charaktere aus der Serie hier auch nochmal einen kleineren oder größeren Auftritt. Für Stromberg-Fans wirklich einfach ein Muss! Aber auch für Leute, die Stromberg nicht kennen, können sich den Film ruhig ansehen, auch wenn dann manche Anspielungen auf Geschehnisse innerhalb der Serie flöten gehen.

Fazit: Da bleibt kein Auge trocken. Bin echt mega glücklich, dass der Film so klasse geworden ist. Umso trauriger jedoch, dass der Film den Schlusspunkt der Serie markiert.

RS · 20.02.2014

In der Preview am 18..02.2014 hatte ich die Gelegenheit dieses Schmankel zusehen. Das Stromberg eine absolute Bezugsperson zur Hassliehe der letzten 10 Jahre ist, unbestritten.
Man muss mit den Protagonisten um Stromberg leiden können,j jeder legt seine Seele in diesem Film offen.
Herrlich der Angriff auf die Versicherung, sowohl deren verlogenen Werbespots als auch unzweideutigen.Firmen-Events, die wir ja kennen. Es ist ein guter bis sehr guter Film, unbedingte sehenswert. Wetten das..... Das wir Stromberg auf der Leinwand nochmals begegnen werden- dazu bildet der politische Alltag geradezu geniale Steilvorlagen. Stromberg als Bundeskanzler, warum nicht?