Ein Teil von mir

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Ein Flirt mit Folgen

Nein, wie ein notorischer Herzensbrecher und gewiefter Verführer sieht Jonas (Ludwig Trepte) nun wirklich nicht aus. Der 16-jähirge Schüler ist interessiert am Unterricht, verantwortungsbewusst und wirkt im Kreis seiner Freunde immer ein wenig wie ein Fremdkörper. Er lebt mit seiner Mutter zusammen – sein Vater hat sich irgendwann aus dem Staub gemacht – und sorgt mit seinem Nebenjob als Spülhilfe in einem Hotel dafür, dass die beiden gut über die Runden kommen. Dass Jonas aber noch eine andere Seite hat, das bekommt man dann mit, als plötzlich Vicky (Karoline Teska) vor ihm auf dem Schulhof steht, ihm einen Brief in die Hand drückt und wieder verschwindet. Jonas ist verduzt und wagt es erst, den Brief zuhause zu öffnen. Und was er darin liest, macht ihn völlig fassungslos: Vicky, die er vor einiger Zeit auf einer Party kennengelernt hat, bekommt ein Kind – und zwar von ihm.
Vicky ist gewillt, dieses Kind zu bekommen – und zwar unabhängig davon, ob Jonas sich dazu bekennt oder nicht. Und doch hofft sie zugleich, es möge über das Kind gelingen, dass die beiden die daraus resultierende Verantwortung gemeinsam tragen. Doch Jonas verdrängt lieber. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf.

Dann ist Clara, seine kleine Tochter, plötzlich da. Und Vicky lässt nicht locker, begegnet ihm immer wieder. Sie stellt keine Forderungen, aber konfrontiert ihn mit den Tatsachen. Es folgt eine schwierige, eine sehr zaghafte Annäherung der beiden, bis Jonas endlich begreift, was da wirklich in seinem Leben geschehen ist. Doch erst als seine Mutter von der Vaterschaft ihres Sohnes erfährt und beherzt eingreift, wenden sich die verfahrenen Verhältnisse wirklich…

An Ende bekennt sich Jonas endlich zu seiner Tochter und macht seinen Freunden klar, warum er sich in der letzten Zeit von ihnen zurückgezogen hat. Für wenige Minuten hat er noch einmal ihre volle Aufmerksamkeit, als er zum ersten Mal voller Stolz seine Tochter vorzeigt. Dann aber wendet sich die Aufmerksamkeit der Clique schnell wieder einem Jungen zu, der sein neues Motorrad vorführt. Und nun wird klar: Von hier ab trennen sich die Wege der einstigen Freunde.

Denn mit einem Kind, für das man die Verantwortung trägt, verändert sich alles. Man sieht es ihm förmlich an, Jonas weiß das auch. Und mehr noch: Er hat sich damit arrangiert, hat seine Pflicht angekommen. Dass er daraus manchmal auch eine Kür machen kann, darin liegt der manchmal vielleicht etwas zu gefällige Optimismus dieses Films, der am Anfang ein enormes Tempo vorlegt, so dass man sich nach rund einer halben Stunde fragt, was nun eigentlich noch kommen soll. Nach den schnellen Entwicklungen des ersten Drittels verlangsamt der Film seinen Rhythmus spürbar und lässt sich viel Zeit für die Schwierigkeiten der beiden Jugendlichen, die per Zufall ins Erwachsenendasein katapultiert wurden.

Es sind vor allem die beiden herausragenden Hauptdarsteller Ludwig Trepte und Karoline Teska, die den Charme von Ein Teil von mir ausmachen. Vor allem Trepte dabei zu beobachten, wie er langsam Kontakt mit seiner Tochter aufnimmt und dann in der nächsten Szene wieder vollkommen fassungslos über die gewaltige Veränderung ist, das ist wirklich gut anzusehen und sehr glaubwürdig inszeniert und gespielt.

Auch die Details innerhalb der Familienkonstellationen fügen sich auf ungewöhnliche, aber doch stimmige und wohlüberlegte Weise zusammen: Dass Vicky vor allem deshalb solch eine starke Persönlichkeit ist, liegt an ihrer recht flippigen Mutter (Julia Richter), die einfach kein Glück bei den Männern hat, die immer wieder auf den Falschen reinfällt und doch nicht ohne Männer leben kann. Vicky ist da anders, zur Not und wenn es nicht passt, wird sie ihre Tochter auch allein großziehen. Wie anders ist da das Verhältnis von Jonas und seiner Mutter: Obwohl sich der Junge durchaus verantwortungsbewusst zeigt, verlässt seine Mutter sogar den Nachtdienst als Krankenschwester, wenn Not am Mann bzw. am Baby ist.

Am Ende fügen sich die Schwierigkeiten dann bestens ineinander und zeigen deutlich: Ein Teil von mir ist keine problembeladene Story über Kinder aus prekären Verhältnissen, die ständig am Rande der sozialen Verelendung schweben. Und doch: Es kann jeden Jugendlichen treffen. Es wäre wünschenswert, wenn sich in der Realität alles so gut finden würde wie in diesem Film.

Ein Teil von mir

Nein, wie ein notorischer Herzensbrecher und gewiefter Verführer sieht Jonas (Ludwig Trepte) nun wirklich nicht aus. Der 16-jähirge Schüler ist interessiert am Unterricht, verantwortungsbewusst und wirkt im Kreis seiner Freunde immer ein wenig wie ein Fremdkörper. Er lebt mit seiner Mutter zusammen – sein Vater hat sich irgendwann aus dem Staub gemacht – und sorgt mit seinem Nebenjob als Spülhilfe in einem Hotel dafür, dass die beiden gut über die Runden kommen.
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