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Einander ein Leben lang lieben, scheinbar auf ewig zusammen sein: Wovon viele Menschen –und sicherlich nicht nur Singles – manchmal träumen, davon können die vier Paare im ersten Dokumentarfilm der Samdereli-Schwestern so einiges erzählen. Und erzählen … Und erzählen …

Die Nacht der Nächte (2017)

Eine Filmkritik von Simon Hauck

Der Film ist nicht allein zum Schlafen da

„Die Nacht ist nicht allein zum Schlafen da“, sang Gustaf Gründgens einst besonders schwungvoll in Hans Steinhoffs historischem UFA-Revuefilm „Tanz auf dem Vulkan“ (1938). „Die Nacht ist da, daß was gescheh’“, heißt es da kokett weiter! Und für wirklich jedes Paar gibt es im realen Leben immer ein erstes Mal und damit ebenso ein allererstes, hoch intimes und sicherlich unvergessliches Zusammensein: „Die Nacht der Nächte“ eben, wie nun auch der gleichnamige erste Dokumentarfilm von Yasemin und Nesrin Samdereli heißt.

Beide Filmemacherinnen hatten bereits 2002 mit dem Fernsehfilm Alles getürkt ein erstes Mal lautstark als neue Regie- und Drehbuch-Stimmen auf sich aufmerksam gemacht, ehe ihnen neun Jahre später mit ihrem spritzigen Kinodebüt Almanya – Willkommen in Deutschland ein veritabler Millionenerfolg im Kino gelungen ist. Seitdem warten nicht wenige in der deutschen Kino- und Fernsehbranche auf ein neues filmisches Lebenszeichen aus der kreativen Ideenschmiede von Yasemin und Nesrin Samdereli. 

Für Die Nacht der Nächte haben sich die beiden Regisseurinnen jetzt nach eigener Aussage ganz gezielt mit einem Herzensthema auseinandersetzt: Der (scheinbar) ewigen Liebe zwischen zwei Menschen. Immerhin stolze 50 Jahre sind drei der vier portraitierten Paare in ihrem Film schon zusammen, eine beinahe irreale Zahl, in Zeiten enorm erfolgreicher Dating-Apps, unzähliger Sex- und Pornoportale oder weiterhin ungemein hohen Scheidungsraten in vielen Ländern der Welt. Was kettet sie also liebes- und beziehungstechnisch nach so langer Zeit immer noch derart eng aneinander? Wie und warum sind sie überhaupt vor fünf Jahrzehnten aufeinandergestoßen und – trotz manch arger Herausforderung im gemeinsamen Leben – am Ende stets zusammengeblieben? 

Was im ersten Gedankengang nach einem klassischen Dokumentarfilmsetting im Stile einer möglichen Langzeitbeobachtung klingt, wird in der mauen Regie der Samdereli-Geschwister leider von vornherein auf ein größtmögliches Publikum hin getrimmt – inklusive ziemlich befremdlicher Animationen mit Knetfiguren aus der Hand von Izabela Plucinska, die dem eh schon holprigen Narrationsfluss prinzipiell gar nichts Wesentliches hinzuzufügen haben und als ästhetisch-dramaturgische Gestaltungsmittel in Die Nacht der Nächte schlichtweg überflüssig sind. 

Für Schwung, Interesse und Empathie sollten nun mal von vornherein primär die O-Töne der portraitierten Paare sorgen, erst recht bei einem derart gewichtigen Großwetterthema, was allerdings in diesem wenig elanvollen Beziehungskosmos von Anfang an schwierig bleibt. Das beginnt bereits bei der wenig gelungenen Montage Mechthild Barths – leider wurden hier viele Interviewpassagen deutlich zu kurz geschnitten – und setzt sich in der blassen Bildgestaltung fort, was prinzipiell schon überrascht, wenn man als dokumentarisches Regie-Team einen eigentlich grunderfahrenen Kameramann wie Marcus Winterbauer an seiner Seite hat. 

Anders etwa als in Full Metal Village oder Beltracchi – Die Kunst der Fälschung, die er beide kunstvoll fotografiert hatte, sorgen an dieser Stelle Winterbauers wenig variantenreiche, kaum überraschende Einstellungen in Die Nacht der Nächte nicht unbedingt zwingend dafür, dass man als Zuschauer gut 90 Minuten lang extrem gebannt an den Lippen von Kamala und Nagarajayya, Shigeko und Isao, Hildegard und Heinz sowie Norman und Bill hängen bleibt, was schlichtweg ärgerlich ist. 

Schließlich hätten diese durchaus ansprechenden, ziemlich heterogen zusammengestellten Beziehungspaare aus Indien, Japan, Deutschland und den USA unter einer anderen Regiehand sicherlich mehr dokumentarische Leuchtkraft entfalten können. Denn zu berichten haben sie grundsätzlich allerhand: Jedes Paar für sich – und mitunter auch ordentlich gewürzt mit reichlich Komik („Und wir brauchten auch nichts vorher zu lernen: Das klappte von alleine“), mancher Tragik („Ich musste viel aushalten“) und sogar etwas beißender Ruhrpott-Ironie speziell bei dem deutschen Pärchen: „Die erste Nacht tat ja auch schrecklich weh …. Fand ich auch nicht so gut. Aber am 4. Februar ist unser Sohn geboren. Also schneller ging es wirklich nicht!“ 

Was am Ende dieses merkwürdig leblosen, kaum berührenden Beziehungsmarathon-Films hängenbleibt, sind weniger die manchmal wirklich eindrücklichen Liebesgeschichten jener acht betagten Damen und Herren, sondern in toto die wenig ausgeschöpften Möglichkeiten der Regie. Denn dieser Film ist nicht allein zum Schlafen da: Das hört man zwischendurch immer mal wieder, nur man sieht es leider nicht.

Die Nacht der Nächte (2017)

Heiraten aus Liebe — was heute als Selbstverständlichkeit erscheint, war noch vor wenigen Generationen selten bis gar nicht vorzufinden. Oftmals heirateten sich Menschen, die einander vorher nicht kannten. Die Regisseurinnen Yasemin und Nesrin Samdereli untersuchen in ihrem Dokumentarfilm Die Nacht der Nächte, wie es sich für die Betroffenen angefühlt hat, einen Fremden oder eine Fremde zu heiraten.

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Meinungen

Chrissy · 16.04.2018

Sehr lustiger Film mit herrlicher Situationskomik. Nichts wirkt gestellt, alles kommt echt rüber.. Hat mir sehr gut gefallen. Meine Freundin und ich haben Tränen gelacht.

Thomas_A · 10.04.2018

Mir hat der Film sehr gut gefallen, sehr berührend, die Menschen kamen sehr tief rüber, die Animationen fand ich herrlich, sehr gut getroffen. Werde ihn mir mit meiner Frau noch einmal anschauen

Will · 02.04.2018

Großartig! Lustig und rührend. Ein Film über die Liebe und das Zusammensein mit Höhen und Tiefen.