Der Nächste, bitte!

Eine Filmkritik von Andreas Günther

Die Schöne und der Trottel

Aus falschem Ehrgeiz tun Menschen einander bisweilen furchtbare Dinge an. Eine herrliche romantische Komödie wird daraus selten. Es sei denn, man lässt wie Diane Kruger (Inglourious Basterds) und Dany Boon (Willkommen bei den Sch´tis) in Pascal Chaumeils Der Nächste, bitte! eine herzlose Farce punktgenau ins zauberhafte Gegenteil umschlagen.
„Sehen Sie nicht, dass ich Kopfhörer aufhabe? Ich will nicht mit Ihnen reden“, bescheidet die affektierte Pariser Zahnärztin Isabelle (Diane Kruger) dem einfältigen Reisejournalisten Jean-Ives (Dany Boon), der sie auf dem Flug nach Kopenhagen anflirtet. Doch als am Zielort der Student für die geplante Scheinehe nicht bereitsteht, fliegt sie mit Jean-Ives weiter nach Kenia. Noch in der dicken Jacke für das winterliche Dänemark wirft sie sich hinter jeder Ecke Nairobis in Jean-Yves Arme und durchwandert mit ihm wilde Steppen.

Ihn heiraten und sich sofort wieder trennen, lautet die Absicht der zielstrebigen und attraktiven Blondine. Damit wäre jene erste Ehe abgehakt, die in ihrer Familie traditionell unglücklich zu verlaufen pflegt. Umso herrlicher verspricht der Bund fürs Leben mit ihrem Kollegen Pierre (Robert Plagnol) zu werden. Doch Jean-Ives will sie nicht gehen lassen, und Isabelle wird rabiat.

Temporeich und burlesk geht es in Der Nächste, bitte! zwischen der Schönen und dem Trottel zu, fast so brillant wie einst in der typisch amerikanischen Farce und verrückten Screwball-Comedy. Nachdem Regisseur Pascal Chaumeil in Der Auftragslover männliches Balzverhalten sehr französisch parodierte, darf Isabelle im ebenso turbulenten neuen Werk ihr männliches Opfer malträtieren wie die Heldinnen von Howard Hawks´ Leoparden küsst man nicht oder Preston Sturges´ Die Falschspielerin. Dabei weckt Chameuils geschickte Andeutung zärtlicher Zwischenspiele Hoffnung aufs große Glück.

Während Dany Boon seine Traumtänzer-Rolle aus Willkommen bei den Sch´tis neu auflegt, findet Komödien-Debütantin Kruger Sicherheit in den Fußstapfen der großen Vorbilder. Obwohl weniger energiegeladen und weniger überzeugend motiviert, rückt sie doch mit ähnlicher Aggressivität wie Katherine Hepburn, Barbara Stanwyck oder Carole Lombard der männlichen Spezies zu Leibe. Auch wenn einige Einfälle der Drehbuchautoren sehr daneben liegen: Die klassisch-dialektische Dramaturgie, die die „Jägerin“ Isabelle in die Gejagte und wieder zurück verwandelt, erzeugt über die ganze Dauer des Films frische Situationskomik. Eine Rahmenhandlung stellt zudem den Wahrheitsgehalt des Gezeigten bis zum Schluss spannend in Frage.

Denn können solche Menschen sich wirklich „kriegen“? Einmal bearbeitet Isabelle in ihrem Zahnarztstuhl Jean-Ives so heftig mit Betäubungsspritzen, dass er als genau der debile Typ aus der Praxis wankt, als den sie ihn sieht. Die Entwürdigung fällt zwar auf die Verursacherin zurück. Aber auch als Isabelle dies begreift, darf das wunderbar überdrehte Lustspiel Der Nächste, bitte! der Liebe noch mit viel Phantasie nachhelfen.

Der Nächste, bitte!

Aus falschem Ehrgeiz tun Menschen einander bisweilen furchtbare Dinge an. Eine herrliche romantische Komödie wird daraus selten. Es sei denn, man lässt wie Diane Kruger („Inglourious Basterds“) und Dany Boon („Willkommen bei den Sch´tis“) in Pascal Chaumeils „Der Nächste, bitte!“ eine herzlose Farce punktgenau ins zauberhafte Gegenteil umschlagen.
  • Trailer
  • Bilder

Meinungen